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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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ihr brennend durch die Kehle. Sie reichte das Glas zurück und lehnte sich nach hinten.
    »Besser?«, fragte der Herr, dessen Namen sie sich nicht gemerkt hatte.
    »Ja.«
    »Was hat Euch so in Aufruhr versetzt?«
    »Prinz Tarkan.«
    »In der Tat ein Mann, der eine junge Frau aus der Bahn werfen kann. Ihr solltet vorsichtig sein. Er ist nicht ungefährlich.«
    »Warum ziehe ich solche Männer an?«, fragte Levarda sich selbst laut.
    Der alte Herr lachte. »Ihr seid eine ungewöhnliche Frau, selbstbewusst, nicht auf der Jagd nach dem anderen Geschlecht. Aus jeder Pore Eures Wesens strahlen Freiheitsdrang und Unbezähmbarkeit. Schwache Männer lassen sich davon abschrecken. Durchschnittliche bewundern Euch, wissen aber, dass Ihr für sie unerreichbar seid. Für starke Männer seid Ihr eine Herausforderung. Sie wollen Euch besitzen!«
    Levarda sah ihn zweifelnd an. »Was kann ich tun, damit das nicht mehr passiert? Den Kopf neigen, andere Sachen tragen, demütig schauen? Was noch? Bitte sagt es mir.«
    »Wieso wollt Ihr jemand anderes sein als Ihr selbst?«
    »Das will ich nicht«, flüsterte sie. »Ich möchte nur in Ruhe gelassen werden.«
    »Heiratet, dann ist das Thema erledigt.«
    Levarda stöhnte.
    »Und genau das wollt Ihr nicht, denn es würde Euch die Unabhängigkeit kosten, die Ihr in diesem Rahmen hier genießt«, fügte er mit einem Blinzeln hinzu.
    »Woher seid Ihr nur so klug und könnt meine Gedanken lesen?«
    »Ich beobachte Menschen gern – so wie Ihr. Aber jetzt habe ich eine Frage an Euch: Wird sie jemals meinem Werben nachgeben?«
    Sie sah ihn an. »Gebt mir Eure Hand.«
    Er legte seine Hand in ihre, sie schloss die Augen, suchte nach einem Bild, das nicht seiner Vergangenheit angehörte, nicht seiner Gegenwart und nicht seiner Phantasie. Sie lächelte, öffnete die Augen.
    »Ja, eines Tages«, und in Gedanken fügte sie hinzu: nur nicht in diesem Leben.
    Er zwinkerte ihr zu. »Danke für diese nette Lüge.«
     
    Wäre der Stuhl ein Sessel gewesen, Levarda hätte ohne Hemmungen darin geschlafen. Schweigend schützte der alte Herr ihre Ruhe.
    Er sah auf, tätschelte ihre Hand. »Ich fürchte, Ihr seid für heute noch nicht fertig.«
    Sie drehte sich um. Von der Tür her kamen Wilbor und Oriander auf sie zu.
    »Würdet Ihr uns bitte folgen, Lady Levarda?«
    »Habe ich eine Wahl?«
    Beide lächelten höflich.
    Sie stand auf und stellte mit Erstaunen fest, dass sich außer ihr und ihrem Begleiter nur noch vier weitere Personen in ihrer Ecke aufhielten. Verärgert, dass sie nicht rechtzeitig die Flucht ergriffen hatte, seufzte sie tief. Der ältere Herr nahm ihre Hand und führte sie bis knapp vor seine Lippen. Er nickte ihr aufmunternd zu.
    Levarda schloss sich den beiden Offizieren an. Auch im Festsaal standen nur noch vereinzelte Gruppen herum. Prinz Tarkan war nicht zu sehen, genauso wenig der hohe Lord oder Lord Otis. Hoffnung stieg in ihr auf, dass die Offiziere ihre Begleitung in die Frauengemächer darstellten. Ungewöhnlich, aber durchaus denkbar nach dem ungebührlichen Benehmen des Prinzen. Ihre Hoffnung schwand, als sie in das Reich des hohen Lords abbogen.
    Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal, das es heute nicht gut mir ihr meinte. Sie hielten vor einer Tür an. Oriander klopfte und sie hörte das ‚Herein‘, einer ihr nur allzu vertrauten Stimme. Sie ging hinein, während die beiden Männer die Tür offen ließen und sich draußen postierten.
    Lord Otis hatte sich seiner Uniform entledigt, der Kragen seines Hemdes stand offen. Er saß im Sessel vor einem Kamin. Ein unangenehmes Prickeln lief ihr über die Rücken, als sie an das letzte Mal dachte, als sie mit ihm in einem Sessel vor dem Kamin gesessen hatte. Sie setzte sich ihm gegenüber.
    »Warum quält Ihr mich so? Was habe ich Euch getan?«, ergriff sie die Initiative.
    In seinem Gesicht sah sie eine Spur von schlechtem Gewissen.
    »Es tut mir leid, Lady Levarda. Ich verspreche, es wird nicht lange dauern. Das meiste, worüber Ihr gesprochen habt, weiß ich bereits. Aber Ihr müsst wissen, dass Prinz Tarkan nicht ungefährlich ist. Möchtet Ihr etwas trinken?«
    Sie verzog ihr Gesicht. »Nein, danke. Ich erinnere mich lebhaft an das letzte Mal, als Ihr mir etwas zu trinken anbotet.«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht, das genauso müde wirkte, wie sie sich selbst fühlte. Es stimmte sie immerhin versöhnlicher. Sie entschied, dass sie schneller in ihr Gemach käme, wenn sie ihm die wichtigen Dinge

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