Licht und Dunkelheit
einem erstaunten Ausdruck auf Levarda.
Als sie hineinstürmen wollte, hielt sie der Offizier zurück.
»Eine falsche Bewegung, ein falsches Wort, ein falscher Gedanke, und Ihr seid schneller wieder in Eurem Zimmer, als Ihr es Euch vorstellen könnt.«
Sie nickte nur, viel zu aufgeregt, um irgendetwas zu antworten. Als sie die Tür zum Wohnraum aufmachten, schrie Celina überrascht auf.
»Lady Levarda, Ihr seid hier! Oh, Lord Otis, was für eine Freude Ihr mir macht!« Celina lief ihr entgegen und umarmte sie. »Ein schöneres Geschenk hättet Ihr mir nicht machen können.«
Levarda lachte und drückte sie zurück. »Celina, geht es Euch denn gut?«, fragte sie besorgt.
Celina blinzelte vergnügt. »Sieht man das nicht?«
In der Tat leuchtete sie von innen heraus wie die Sonne selbst. Egris trat zu seiner Frau und legte seinen Arm um sie.
»Celina, lass Lady Levarda und Lord Otis erst mal ablegen.«
Hastig machte sie einen Knicks. »Verzeiht, Lord Otis, ich bin unhöflich.«
Als sie gemeinsam in den Wohnraum eintraten, warfen ihnen die versammelten Offiziere und deren Frauen verstohlen neugierige Blicke zu. Ungerührt gesellte sich Lord Otis zu den Männern, während die Gastgeberin Levarda mit zu den Frauen nahm, die es sich um den Kamin gemütlich gemacht hatten. Dort stand auch die Wiege mit dem Baby.
Levarda musste sich zusammenreißen, denn eigentlich zog es sie direkt dorthin. Sie begrüßte zuerst höflich jede einzelne der anwesenden Damen. Danach stellte ihr Celina ihre Eltern und die von Egris vor. Endlich traten sie gemeinsam an die Wiege und Levardas Herz öffnete sich vor Freude. Celina lachte, als sie Levarda strahlen sah.
»Wollt Ihr ihn nehmen?«
»Darf ich?«
»Aber natürlich!«
»Celina, Ihr solltet das nicht zulassen«, ereiferte sich Orianders Frau, »diese jungen Mädchen haben doch keine Ahnung, wie sie so ein kleines Ding halten sollen. Sie sind immer so ungeschickt.«
Levarda hob das Baby aus seiner Wiege, hatte es unter den Achseln gepackt, stützte mit dem Daumen seine Brust, mit den Fingern sein kleines Köpfchen, das es selbst nicht halten konnte.
»Na, mein kleiner Mann, wie gefällt dir diese Welt?«
Der kleine Mann zog ein Schnütchen, als überlegte er, ob er lieber weinen solle.
»Seht Ihr, das meine ich«, schrillte die Stimme der Frau durch die Wohnung und zog aller Aufmerksamkeit auf Levarda und das Kind. Diese bettete den kleinen Mann an ihre Brust, stützte das Köpfchen mit der Hand und küsste zärtlich seine weichen, flaumigen Haare. Sie ignorierte die anderen Personen im Raum vollständig. Nur einen Blick nahm sie mit aller Intensität wahr – den von Lord Otis. In der Hoffnung, dass ihre Handlung nicht seinen Unwillen hervorrief, kuschelte sie ihre Wange an das Baby und musterte ihn verstohlen.
Die steile Falte zwischen seinen Augen war verschwunden. Er sah nicht sie an, sondern betrachtete das Kind in ihrem Arm. Erleichtert atmete sie auf.
»Wollt Ihr nicht wissen, wie er heißt?«, fragte Celina.
»Hmm, er riecht so wunderbar«, wisperte Levarda und steckte ihre Nase noch ein Stück tiefer in sein Haar.
Die Mutter streichelte mit zwei Fingern die Wange ihres Sohnes.
»Wie heißt er?«, fragte sie schließlich.
»Levitus«, antwortete Celina mit einem verschmitzten Lächeln.
»Und ich dachte, Ihr würdet ihn nach seinem Großvater nennen!«, schnaubte Celinas Schwiegermutter. »Der Name ist wirklich seltsam, muss ich schon sagen.«
Celina warf Egris einen Blick zu, der ihr lächelnd mit seinem Glas zuprostete.
»Uns gefällt er. Er ist uns spontan eingefallen, als er geboren wurde«, erklärte Egris seiner Mutter freundlich, aber keinen Widerspruch duldend.
Celina zwinkerte Levarda zu.
Den restlichen Abend ließ Levarda den kleinen Levi, wie sie ihn liebevoll nannte, nicht mehr aus den Armen, was seine Mutter nicht im Geringsten störte. Erst als Levi Hunger bekam, reichte sie ihn ihr, und gemeinsam verließen sie das Zimmer. Lord Otis hielt sie auf und wollte sie begleiten, aber als ihm Celina unmissverständlich erklärte, dass er dabei nicht erwünscht war, und versprach, Levarda sofort zurückzubringen, gab er widerwillig nach.
Zuvor suchte sein Blick Levardas Augen. Er brauchte nichts zu sagen, sie verstand ihn ohne Worte und wusste, wie auch immer er es anstellte, er würde sie überwachen.
Sie zogen sich in Celinas private Räume zurück. Levarda musste tausend Fragen zum Thema Babys beantworten, zumindest kam es ihr so vor.
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