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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Zusammen wickelten sie Levitus, nachdem er seinen Hunger gestillt hatte. Erst dann kehrten sie zu den anderen zurück.
    Das Essen war aufgetragen worden. Zwischen Egris und Lord Otis waren zwei Plätze frei geblieben. Es blieb Levarda nichts anderes übrig, als sich neben ihren Kerkermeister zu setzen. Sie behielt Levitus in ihren Armen, nachdem sie sich versichert hatte, dass Celina nichts dagegen hatte. Die anderen Frauen beobachteten sie pikiert.
    »Ein Baby sollte nicht ständig in den Armen herumgetragen werden. Es braucht seine Ruhe«, erklärte Wilbors Frau.
    »Er sieht nicht aus, als ob es ihm missfallen würde und – mit Verlaub – ich kann es ihm nicht verdenken«, erwiderte Lord Otis mit einem Seitenblick auf Levarda.
    Sie verbarg ihr Gesicht hinter Levitus, damit man nicht die Röte auf ihren Wangen sah. Wie ungewohnt es sich anfühlte, Rückendeckung von Lord Otis zu erhalten! Leise sprach sie Levi ins Ohr, erzählte ihm, was es alles zu essen gab, und dass er sicher bald ein Stück Brot kosten wolle.
    Levitus beobachtete sie mit wachen Augen, gluckste, streckte seine Finger nach Levardas Haaren aus, grapschte eine Strähne und zog daran.
    »Au!«
    Lord Otis griff beherzt, aber vorsichtig ein, befreite die Strähne aus den kräftigen kleinen Fingern des Säuglings und steckte sie Levarda in die Frisur zurück.
    »Egris«, kommentierte er dazu, »ich glaube, Ihr müsst Eurem Sohn noch Manieren beibringen, was den Umgang mit Ladys betrifft.«
    Alle lachten.
    Man wandte sich dem Essen zu. Lord Otis unterhielt sich mit Egris‘ Vater, der ihn bat, über die Lage im Land zu berichten. Der Name von Prinz Tarkan fiel einige Male, allerdings schenkte Levarda diesem Gespräch keine Aufmerksamkeit. Sie schnitt Levi Grimassen, die dieser zu imitieren versuchte. Dabei vergaß sie, zu essen.
    Celina bat Lord Otis, das Essen für Levarda zu zerteilen und darauf zu achten, dass sie etwas zu sich nahm. Er kam der Aufforderung nach und schnitt das Fleisch in kleine Stücke, die sie mit der Gabel aufpicken und essen konnte. Völlig versunken in ihrem Spiel mit Levitus, schob sie ab und an ein wenig in den Mund. Als sie merkte, dass das Baby müde wurde, summte sie leise ein mintranisches Schlaflied, und sofort schloss er die Augen und schlief in ihren Armen ein.
    »Ihr verfügt über außergewöhnliche mütterliche Instinkte, Lady Levarda«, merkte Egris‘ Mutter an.
    »Ja, ich liebe Kinder. Ich habe acht jüngere Geschwister, um die ich mich als Älteste oft kümmern musste. Damals fand ich es lästig, heute vermisse ich sie.«
    »Acht!«, rief Wilbors Frau entsetzt.
    »Ich weiß, das hört sich viel an, aber meine Mutter liebt Kinder und mein Vater hatte nichts dagegen.«
    »Ihr seid mit der neuen hohen Gemahlin in unser Land gekommen?«, fragte Celinas Mutter.
    »Ja.«
    »Hat deren Mutter, Lady Tibana, nicht ebenfalls sieben Kindern das Leben geschenkt?
    »Sechs Söhnen und einer Tochter«, bestätigte Levarda, obwohl sie sicher war, dass dies alle wussten.
    »Die Familie scheint überaus fruchtbar zu sein«, stellte Egris‘ Mutter fest.
    »Es ist spät. Lady Levarda und ich müssen aufbrechen«, mischte sich Lord Otis in die Diskussion über Fruchtbarkeit, die unweigerlich irgendwann zum hohen Lord führen musste.
    »Aber Levarda hat noch nicht zu Ende gegessen«, protestierte Celina.
    »Dafür müsste ich sie wohl auch noch füttern«, erwiderte Lord Otis trocken.
    Einige der Damen kicherten über die Bemerkung. Levarda stand artig auf, obwohl es ihr schwerfiel, so schnell von Levi Abschied zu nehmen. Vorsichtig legte sie das Baby in seine Wiege, und es öffnete kurz erschrocken die Augen, aber als sie leise ein Lied summte, drückte es seine kleine Faust in den Mund und schlief weiter. Ein letztes Mal strich ihm Levarda über den Kopf.
    Erstaunlich geduldig wartete Lord Otis, bis sie fertig war. Egris und Celina begleiteten ihre Gäste zur Tür. Celina drückte Levarda fest an sich, und auch Egris zog sie zu ihrer Überraschung an seine Brust. Das brachte die steile Falte auf dem Antlitz von Lord Otis zum Vorschein, die den ganzen Nachmittag nicht zu sehen gewesen war.
    Als sie in der Kutsche saßen, blickte sie aus dem Fenster. Sie fuhren nicht denselben Weg zurück, sondern nahmen einen längeren. So bekam sie den restlichen Teil des inneren Rings zu sehen. Sie spürte, wie Lord Otis sie nachdenklich betrachtete, wagte aber nicht, ihn zu fragen, was ihn beschäftigte.
    Sie erreichten die Festung. Er half ihr

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