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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Er löste die Hand von ihrer Taille, doch mit der anderen hielt er sie fest. So blieb ihr keine Wahl, als einen weiteren Tanz mit ihm auszuführen. Winzige Schweißperlen traten auf ihre Stirn, aber zum Glück erklang die Musik für einen Tanz aus komplizierten Figuren mit gehörigem Abstand zwischen den Tanzenden. Sie senkte den Blick erneut auf ihre Füße.
    »Ich habe Euch noch nicht gedankt.«
    Verwirrt hob sie den Kopf und musterte ihn unverhohlen.
    »Ihr habt Umbra vor den Lanzen meiner Männer gerettet«, fügte er erklärend hinzu.
    Er wusste es! Levarda mahnte sich, auf der Hut zu sein. Hatte Sie damals seine Anwesenheit gefühlt? Sie fragte sich, was er mit dieser Offenbarung erreichen wollte.
    »Möchtet Ihr meinen Dank nicht annehmen?«
    »Natürlich, Lord Otis«, Levarda wählte ihre Worte mit Bedacht. »Ich hoffe, Ihr verzeiht mir mein ungebührliches Benehmen an jenem Tag.«
    »Ihr handeltet instinktiv, da gibt es nichts zu verzeihen.«
    »Habt Ihr Euch eben darüber so eingehend mit Lord Blourred ausgetauscht? Oder ging es um die Tatsache, dass ich mein Pferd freiließ?« Sie wollte wissen, wo sie stand.
    Ein Grübchen erschien auf seiner Wange. »Ihr beobachtet mich«, stellte er unverhohlen amüsiert fest.
    Levarda spürte, wie eine feine Röte ihr Gesicht überzog, und senkte die Augen, zornig über sich selbst.
    Lord Otis schwieg, aber sein Spott blieb fühlbar. Als die Musik endete, führte er sie endlich zurück zu ihrem Platz und verbeugte sich vor ihr. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, sodass er besser in ihr Antlitz sehen konnte, verabschiedete er sich.
    »Keines von beiden«, sagte er leise.
    Verwirrt sah sie ihm nach.

Aufbruch
    D ie Festlichkeiten waren vorüber. Die nächsten Tage verbrachte die Garde mit Vorbereitungen für die Rückreise.
    Am vierten Festabend hatte ihr Onkel Levarda noch einmal zu sich gerufen. Der freundliche Ausdruck in Lord Blourreds Gesicht stand im Gegensatz zu der ernsten, strengen Miene von Lord Otis, der neben ihm Levarda längere Zeit musterte. Levarda trug ein Kleid im Braunton des Elements Erde.
    »Ich möchte Euch eine Frage stellen, Lady Levarda«, richtete der Abgesandte des hohen Lords endlich das Wort an sie, »ehe ich meine endgültige Entscheidung darüber treffe, ob Ihr Eure Cousine begleiten dürft.«
    Höflich neigte sie den Kopf zur Seite als Ausdruck für ihr Einverständnis.
    »Ist Euch bewusst, dass Ihr Euer Leben verliert, wenn Lady Smira dem hohen Lord nicht innerhalb eines Jahres einen Thronfolger schenkt?«
    Bevor sie antworten konnte, ergriff er ihre Hand. Prickelnd prallte seine Energie an ihrem Schutzschild ab. Er legte ihr den rechten Zeigefinger sachte auf die Lippen, als wollte er verhindern, dass sie direkt antwortete.
    Darauf war sie nicht vorbereitet. Seine Energie drang ungehindert in ihren Kopf, zauberte dort Bilder, die ihr den Atem nahmen. Ein hübsche junge Frau, die vor ihr auf dem Boden kniete, sich an die Beine desjenigen klammerte, durch dessen Augen Levarda die Szene sah. Tränen liefen der Frau die Wange herab, sie schrie, weinte, kämpfte. Das Bild wechselte, und diesmal sah sie die junge Frau auf einem Podium knien. Der Henker hob sein Schwert.
    Levardas Amulett reagierte und unterbrach den Zufluss seiner Energie. Jemand hatte ihr einen Stuhl untergeschoben. Lord Otis hielt immer noch ihre Hand, ein kaltes, unbarmherziges Lächeln auf seinen Zügen. Sie sah den missbilligenden Blick von Lady Tibana, den besorgten ihres Onkels. Langsam zog sie ihre Hand aus seiner und richtete sich auf.
    »Ja, Lord Otis, und ich werde dieses Schicksal schweigend und ohne um mein Leben zu betteln akzeptieren, denn ich tue es aus freiem Willen.«
    Er neigte den Kopf. »So sei es.«
    Levarda brauchte ihre restliche Kraft, um sich ohne zu zittern umzudrehen.
    »Lady Levarda?«
    Sie hielt inne.
    »Mein Ohr wird immer offen für Euch sein, während wir uns hier auf der Burg Eures Onkels befinden. So lange könnt Ihr es Euch anders überlegen, danach ist Euer Schicksal besiegelt.«
    Sie nickte nur. Sie hatte verstanden.
     
    Lady Smira verbrachte die Tage mit ihren Eltern, während die Dienerinnen ihre Sachen packten. Levarda besaß nicht viel. Ihre Kleidung passte in eine Truhe. Ihre Tasche war gefüllt mit den Kräutern, die sie in den letzten drei Monaten gesammelt hatte.
    Dank der großzügigen, unbeabsichtigten Gabe von Lord Otis, als sie Sita die Freiheit geschenkt hatte, waren alle ihre Steine angefüllt mit Energie. Die Art eines

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