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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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unterschiedlichen Positionen im Tross, und manchmal wünschte auch Lady Smira ihre Gesellschaft. Mit der Aussicht, bald wieder auf ihrem Pferd zu sitzen, fiel ihr die Unterhaltung mit den Frauen leicht.
    Nach und nach wurde Levarda besser mit den Männern bekannt. Lemar, der mit den sechs Ersatzpferden hinter dem Proviantwagen ritt, lernte sie als Meister der zweideutigen Rede kennen. In seiner Gegenwart musste sie ihre Worte achtsam wählen. Er kam schnell mit ihr ins Gespräch.
    »Ihr solltet einen Schluck Wasser trinken, Lady Levarda, es ist heute heiß.«
    »Mir ist nicht heiß.«
    »Tatsächlich nicht? Und ich dachte immer, jeder Frau würde heiß, wenn sie an meiner Seite in der Sonne reitet. Eure Wangen färben sich schon rot.«
    »Das liegt aber an Euren Worten, nicht an der Sonne!«
    »Ich denke, wir sollten dennoch die Plätze tauschen.«
    Lemar wendete sein Pferd und platzierte es so, dass er mit seinem Körper ihr Gesicht vor der Sonne schützte.
    »Eure Lippen sind trocken, ihr solltet sie befeuchten.«
    Genervt nahm Levarda den Wasserschlauch von ihrem Sattelknauf und trank ein paar Schlucke.
    »Zufrieden?«
    Er grinste sie an. »Ja. Seht Ihr, es ist leicht, mich zufriedenzustellen.«
    Mit Egris führte sie tiefsinnigere Gespräche. Er interessierte sich für ihre Beweggründe, Lady Smira zu begleiten.
    »Am Hof des hohen Lords werdet Ihr keine Gelegenheit mehr haben, zu reiten.«
    »Ich weiß.«
    »Werdet Ihr es vermissen?«
    »Ja, sehr.« Ihre Hand kraulte gedankenverloren Sitas Mähnenkamm.
    »Weshalb habt Ihr Euch entschieden, mit Eurer Cousine zu gehen?«
    »Weil mich meine Tante darum bat.«
    »Seid ihr immer so pflichtbewusst?«
    »Ja.«
    Nachdenklich runzelte Egris die Stirn. »Sind denn alle Frauen so pflichtbewusst?«
    »Die Frauen im Land Forran werden selten um ihre Meinung gefragt, nicht wahr? Was bleibt ihnen anderes übrig, als zu gehorchen?« In ihrem Fall entsprach das nicht der Wahrheit.
    »Aber wenn ich nach Eurer Meinung fragte, würdet Ihr mir ehrlich antworten?«
    »Ja.«
    »Würden alle Frauen ehrlich antworten?«
    Verwirrt sah sie ihn an. »Ich denke, es käme auf ihren Charakter an. Aber wenn Ihr mir sagt, um wen es geht ... Vielleicht kann ich Euch helfen?«
    Nach und nach verstand sie seine Frage. Er betete seine Frau an, fürchtete aber, dass diese seine Liebe nicht erwiderte. Überrascht von seinem Bedürfnis, wissen zu wollen, ob seine Gemahlin dasselbe für ihn empfand, wählte sie ihre Worte mit Bedacht und viel Raum für eigene Gedanken.
    Timbor wiederum war völlig anders. Er ritt mit seinen Männern am Ende des Trosses. In seiner kühnen und unbekümmerten Art fragte er sie, womit er bei den Hofdamen Aufmerksamkeit erregen konnte, was einer Frau gefiel und was nicht. Zum ersten Mal sah sich Levarda genötigt, einem anderen die Regeln von Anstand und Höflichkeit erklären zu müssen.
     
    Am frühen Abend eines jeden Tages schlugen die Männer das Lager auf. Für die Frauen gab es ein großes Zelt. Dort servierten die Dienerinnen das Essen für Lady Smira und Levarda. Ein zweites großes Zelt diente Lord Otis als Unterkunft. Dort speisten auch seine Offiziere mit ihm. Den Offizieren stand ein kleineres Zelt für die Nacht zur Verfügung.
    Es erstaunte Levarda, wie wenig Lady Smira von den vielen Männern um sie herum wahrnahm, weil so sorgfältig auf ihre Abschirmung geachtet wurde. Kaum erging es ihr selbst anders. Obwohl sie jeden Tag mit ihnen ritt, bekam sie außer zu den Offizieren keinen Kontakt zu den Soldaten. Sie kannte weder deren Namen noch ihre Pferde.
    Es war ein seltsames Gefühl, so dicht mit Menschen beieinander zu sein und dabei so weit von ihnen entfernt, als trennten sie Mauern wie in der Burg.
     
    In der zehnten Nacht ihrer Reise erwachte Levarda vom Mond. Voll stand er am Himmel und erleuchtete das Zelt. Sie liebte den Mond, der in so geheimnisvoller Weise das Wasser beeinflusste. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Leise stand sie auf und lauschte in die Nacht. Im Lager war es ruhig. Obwohl sie bisher nie Wachen wahrgenommen hatte, wusste sie, dass das Frauenzelt bewacht wurde. Ebenso das Lager.
    Sie suchte mit ihren Sinnen die Gegend um das Zelt ab. Ihr Zelt stand in der Mitte, rundherum gruppiert die Zelte von Lord Otis und seinen Offizieren. Jenseits von diesen folgten die Wagen, und um diese herum waren die Soldaten verteilt.
    Levarda suchte sich einen Weg, der sie am weitesten von dem Zelt wegführte, in dem Sendad mit den feinen Sinnen

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