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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Wunder, dass sich die Frauen in Forran so unselbstständig benahmen. Jede Sitte, jede Regel, selbst das Reisen in der freien Natur, weg von allen Zwängen am Hofe, gaben ihnen das Gefühl, nicht allein zurechtzukommen und auf männliche Unterstützung angewiesen zu sein.
    Nach einer kurzen Stärkung in dem kleinen Zelt, das für diesen Zweck aufgebaut worden war, stiegen sie zurück in die Kutsche. Während die anderen Frauen – allen voran Lady Smira – den Schutz der Kutsche suchten, zögerte Levarda den Moment des Einstiegs so lange wie möglich hinaus. Allein der Gedanke an die nächsten Stunden in dem engen Verschlag verursachte ihr Übelkeit.
    Ein Räuspern ließ sie innehalten und sich umdrehen. Sendad stand bei ihr. Sie visierte den Adler auf seiner Uniform an.
    »Verzeiht Lady Levarda«, seine Finger bewegten sich unruhig. »Lord Otis lässt fragen, ob Ihr vielleicht eine andere Art des Reisens bevorzugt.«
    Überrascht hob sie den Kopf und starrte Sendad direkt in die Augen, unsicher, wie sie seine Worte verstehen sollte. Dem Offizier schoss die Röte ins Gesicht. Verlegen wich er ihrem Blick aus, während er nach einer passenden Formulierung suchte. Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn. Levarda musste lächeln und senkte hastig die Augen. Sie wollte es sich nicht mit ihm verderben.
    »Was meint Ihr damit?«, fragte sie äußerlich gleichmütig, aber ihre Stimme zitterte vor Aufregung.
    Eine längere Pause trat ein. Sendad sammelte all seinen Mut für die nächsten Worte.
    »Reiten auf einem Pferd?«, brachte er vorsichtig über die Lippen.
    Levarda verkniff sich einen freudigen Aufschrei. Stattdessen formulierte sie höflich: »Es ist zuvorkommend und nachsichtig von Lord Otis, mir dieses Angebot zu machen.«
    »Ihr nehmt es an?«
    »Sehr gerne nehme ich dieses großzügige Angebot an.«
    Noch immer zögerte Sendad. »Tragt Ihr die richtige Kleidung dafür?«, brach es dann stotternd aus ihm heraus, während er sie musterte.
    »Ja, ich bin passend gekleidet«, antwortete sie lächelnd, dann stockte ihr der Atem. Hinter Sendads Füßen tauchte ein Paar graziler Hufe auf.
    »Sita!« Levarda lief auf ihre Stute zu und fiel ihr um den Hals. Die seltsamen Blicke der Männer bemerkte sie so wenig wie die kritischen von Lady Smira und den Dienerinnen. Ohne Zweifel stand ihre Stute leibhaftig vor ihr, samt Zaumzeug und – ihr stockte der Atem – ihrem Bogen und Köcher ordentlich am Sattel befestigt in ihrer Halterung.
    Während Sendad besorgt seinen Blick zwischen ihr und der Stute hin und her wandern ließ, setzte Levarda bereits ihren Fuß in den Steigbügel. Sie saß auf dem Pferd, ehe Lady Smira etwas sagen konnte. Sendad war sichtlich erleichtert, dass er Levarda nicht auf das Tier zu helfen brauchte, und schwang sich auf seines.
    Der Tross setzte sich in Bewegung.
    «Reitet neben mir«, klang sein kurzer Befehl, dann besann er sich des Tons und runzelte die Stirn. »Verzeiht, Lady, aber so lautet der Befehl von Lord Otis.«
    Sie winkte ab. Wenn das die einzige Einschränkung war, nahm sie diese gerne in Kauf. Tänzelnd ließ sich Sita von ihr neben Sendads Wallach treiben.
    »Seid Ihr sicher, dass das Tier nicht zu temperamentvoll für Euch ist?«
    Sie sah Sendads besorgten Blick und lachte nur, um ihn zu beruhigen. Bald gewöhnte Sendad sich an ihre Anwesenheit und versank neben ihr in sein Schweigen, was auch Levarda angenehm war.
    Sie ritten vor der Kutsche. Vor ihnen befanden sich sechs Reihen mit je zwei Reitern, die Lord Otis an der Spitze anführte. Hinter ihnen schlossen sich weitere zehn Reihen an. Zuletzt folgte mit ein wenig Abstand Egris, zwischen dessen Männern die zwei Wagen mit Lady Smiras Sachen, weiteren Dienerinnen und dem Proviant fuhren. Ein langer Tross zog durch das Land.
    Es fiel Sita schwer, sich hinter den anderen Pferden einzureihen. Sie war nicht daran gewöhnt, in einer Formation zu gehen. Levarda hatte alle Hände voll zu tun, und Sendad warf ihr immer wieder besorgte Blicke zu. Je länger sie neben ihm ritt, desto klarer erkannte Levarda seine Fähigkeiten. Er sah jede außergewöhnliche Bewegung, nahm jedes Geräusch wahr, das sich von den üblichen unterschied. Alle seine Sinne waren angespannt. Ein geborener Kundschafter, dachte sie und fragte sich, warum er nicht an der Spitze ritt.
     
    Die Antwort bekam sie am nächsten Tag. Sendad verschwand, und Levardas Platz war an diesem Tag an Egris‘ Seite.
    So ritt sie nun jeden Tag bei einem anderen Offizier und an

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