Licht und Dunkelheit
aus freiem Willen tat. Wenn er Nachkommen wünschte, stünde sie ihm nicht im Weg. Sie liebte Kinder. Ihre Gedanken wanderten zu ihren tiefen Gefühlen, die sie für Levitus und Agilus hegte. Sie blieb vor ihm stehen, versuchte seine Gedanken zu lesen.
»Ein Zweckbündnis?«
»Wenn Ihr es so nennen wollt.«
»Einverstanden, ich nehme Euren Antrag an«, stieß sie hastig aus, bevor sie es sich anderes überlegen konnte.
»Ist das Eure Entscheidung?«
Levarda zögerte. Übersah sie etwas?
»Ja.«
»Dann zieht Euch ein passendes Kleid an. Die Zeremonie findet in einer Stunde statt.«
Sie spürte, wie ihr Hals schlagartig trocken wurde.
»Noch heute?«
»Ich habe Euch gesagt, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt.«
»Wie habt Ihr dem hohen Lord die Eile erklärt?«
Ein boshaftes Grinsen trat auf sein Gesicht. »Euer Auftritt gestern Abend war recht hilfreich.« Er ging zur Tür.
»Lord Otis! – Hättet Ihr mich getötet?«
Er sah ihr lange und intensiv in die Augen, bis sie ihren Blick senkte.
»Diese Frage müsst Ihr Euch selbst beantworten.«
Die Tür flog auf und Adrijana kam herein – strahlend. Erst, als sie Levardas Gesicht sah, hielt sie inne. Schweigend einigten sie sich auf ein grünes Kleid aus Mintra, nachdem Levarda das von Lord Otis geschenkte vehement abgelehnt hatte.
Ohne eine Miene zu verziehen, ließ sie die Prozedur über sich ergehen, hübsch gemacht zu werden. Für sie bedeutete all das nichts. Ein Versprechen vor Lethos, wie es die Zeremonie der Forraner vorsah, besaß keine Bindung für sie. Ein Ehegelöbnis in Mintra bestand aus der Segnung der Ehe zwischen Lishar und Lethos, der weiblichen und männlichen Seite des Lebens, die zusammen erst alles vollkommen machten.
»Erinnert Ihr Euch noch an die Nacht, als Ihr mich zu Lord Otis schicktet, in der Annahme, dass er mich in sein Bett holen würde?«, unterbrach Adrijana leise ihre Gedanken.
»Er hat mich weggeschickt.«
»Das kann nicht sein.«
Schließlich hatte er ihr seine Gabe in der Nacht überreicht, und Agilus war der lebende Beweis dafür. In ihrem Spiegelbild sah Adrijana ihren Zweifel.
»Er meinte, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen. Er würde einen Weg finden, Euch Euren Wunsch zu erfüllen. Worte, die ich nicht verstand.«
Levarda spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Dieser Mann kontrollierte und manipulierte sie seit ihrer ersten Begegnung. Doch welche Alternative blieb ihr als Frau in einem Land wie Forran, um das Schicksal der Menschen zu beeinflussen?
»Er liebt Euch«, erklärte Adrijana trotzig.
Levarda sah sie traurig im Spiegel an. »Nein, ich bin nur nützlich für ihn.« Mit einem grimmigen Lächeln fügte sie hinzu: »Und er ist nützlich für mich.«
Lemar erwartete sie draußen vor der Sirkadel. Sie sah erstaunt, dass zwei seiner Soldaten den gesattelten Hengst von Lord Otis und auch Sita bereithielten.
Lemar lächelte, als er Levardas Gesicht sah.
»Es ist besser, wenn Ihr für ein paar Tage aus dem Weg seid, bis sich der Sturm gelegt hat.«
»Ihr meint, wenn dem hohen Lord ein Licht darüber aufgeht, was hinter der plötzlich aufflammenden Leidenschaft seines obersten Befehlshabers steckt?«
»Das sind bösartige Worte aus Eurem Mund, die Euch nicht stehen.«
»Es ist die Wahrheit.«
»Er versicherte mir und vor allem Sendad, es sei Eure Entscheidung gewesen. Habt Ihr es Euch anders überlegt, Lady Levarda?«
»Gewinnt Ihr Gold oder verliert Ihr es, wenn ich mich anders entscheide?«
In seinen Augen blitzte es auf.
Sie legte ihre Hand auf seinen dargebotenen Arm. »Schreiten wir zu Tat, Lemar.«
Als sich die Tür der Sirkadel öffnete, zögerte sie. In der Atmosphäre spürte sie heute etwas anderes als bei den bisherigen Zeremonien in diesen Räumlichkeiten: eine Präsenz, eine Energie, die sie noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Erst an der Reaktion des hohen Lords bemerkte sie, dass sie stehen geblieben war.
Er straffte sich und bedachte sie mit einem herrischen Blick. Auch Sendad und Egris musterten sie besorgt.
Lemar murmelte ihr ins Ohr: »Ihr könnt immer noch flüchten, Euch auf Sita schwingen und fliehen. Ich habe Proviant in Eure Satteltaschen gepackt.«
Sie musste wider Willen lächeln. Leicht drückte sie seinen Arm und schritt weiter.
»Also verliert Ihr gerade?«
»Noch seid Ihr nicht verheiratet.«
Sie erreichten Lord Otis, der ihr seinen Arm bot und kaum, dass sie ihre Hand hineingelegt hatte, seine zweite Hand auf ihre bettete, dabei sanft ihr
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