Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
Vom Netzwerk:
womöglich viel länger? Wie hatte ihr das verborgen bleiben können?
    Stöhnend schlug sie die Hände vor das Gesicht. Sie hatte keine Ahnung, wie sie dem Schicksal einer Heirat entgehen sollte.
    »Ich bitte dich Lishar«, flüsterte sie, »halte deine schützende Hand über deine Tochter und schenke ihr nach deinem Willen Einsicht und Klarheit.«

Entscheidung
    L evarda fiel in der Nacht in einen unruhigen Schlaf. Ihr alter Albtraum suchte sie mit aller Macht heim, lebhafter, mit körperlichen Schmerzen verbunden. Das Gesicht des Mannes, der ihr das Schwert in die Rippen stieß, wechselte regelmäßig zwischen denen von Lord Otis und Prinz Tarkan. Am Morgen fühlte sie sich so erschöpft, als wäre sie zwei Tage und Nächte hindurch geritten. Sie blieb im Bett und die Amme nahm Agilus mit zu Lady Smira.
    Obwohl sie in sich genug Energie spürte, verharrte sie in ihrer Lethargie. Ihr Amulett hatte aufgehört zu leuchten. Sorgfältig achtete Levarda darauf, dass ihr Schutzschild erhalten blieb.
    Wie eine sanfte Welle schwappte das Energiemuster von Lord Otis an ihre Mauer, nie aufdringlich oder mit Gewalt. Das erste Mal, kurz vor dem Einschlafen, hatte die Wärme ihres Amuletts sie darauf aufmerksam gemacht. Seitdem wusste sie, worauf sie achten musste.
    Adrijana war am Morgen leise in ihr Zimmer gekommen, mit einem Tablett voll mit den Köstlichkeiten, unter denen sich ihre Lieblingsspeisen fanden: Obst, Getreidebrei, kandierte Nüsse und heißes Wasser für einen Kräutersud.
    Unberührt stand es auf dem Tisch, an dem sie normalerweise saß und schrieb. Sie hatte darüber nachgedacht, zu schreiben. Oft half es ihr, Klarheit in ihre Gedanken zu bekommen und so ein Problem zu lösen. Doch sie hatte Angst, dass ihr Handeln Signale an Lord Otis aussandte, die ihr nicht bewusst waren.
    »Ihr habt Euer Essen nicht angerührt.«
    Es überraschte sie nicht besonders, seine Stimme zu hören.
    »Es wird Zeit, dass Ihr aufsteht und Euch anzieht.«
    Langsam drehte sie sich in ihrem Bett in die Richtung, aus der die Stimme kam, faltete die Hände und legte ihre Wange darauf.
    Die Tür ihres Raums war geschlossen – im Gegensatz zu seiner sonstigen Gewohnheit.
    Er saß auf dem Stuhl am Schreibtisch. Sie hatte nicht bemerkt, dass er eingetreten war. Statt seiner üblichen Uniform trug er seine Galauniform, leuchtend blau und mit Gold dezent abgesetzt. Einzig das Schwert an seiner linken Seite zeugte davon, dass er sich im Dienst befand.
    Levarda fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen, konzentrierte sich, aber sie hatte keine Ahnung, wie man Gedanken las. Sein Gesicht war eine undurchdringliche Maske.
    »Seit wann?«
    Er senkte den Blick, betrachtete aufmerksam die Spitze seines Stiefels. Schließlich hob er den Kopf und sah sie an.
    »In der Nacht an dem See, wo ich Euch half, das Ritual auszuführen.«
    »Also ist das Licht in mir ein Rest von Eurer Energie und wird von ihr genährt. Es ist diese Verbindung, die ihr nutzt, um mich zu kontrollieren.«
    »Nein, so einfach ist es nicht. Es hätte seinen Reiz, wenn es so wäre. Aber nein, es lässt sich von mir genauso wenig beeinflussen wie von Euch.«
    »Aber Ihr seht es?«
    Er schwieg, seine Stirn krauste sich und es sah aus, als suche er nach Worten, die er nicht fand.
    »Sehen nicht, eher spüren, ähnlich einem Energiemuster, nicht so klar, dafür intensiver«, bemühte er sich, ihr zu antworten. In Wahrheit war das seine Art, sich bei ihr zu entschuldigen, was sie sehr wohl verstand.
    »Lady Levarda, es tut mir leid, wenn ich Euch verletzt habe, und ich verspreche Euch …«, er legte die Hand auf sein Herz, »… in welcher Form Ihr es auch immer wünscht, dass ich es nie wieder tun werde ohne Euer Einverständnis. Außer in einem Notfall«, fügte er ruhig hinzu.
    Sie sah ihn an, wie er dort auf ihrem Stuhl saß – ein Mann, der ohne zu zögern den Tod brachte, Unschuldige dem Henker zuführte und absolut loyal gegenüber dem hohen Lord Gregorius. Welchen Weg wollte er diesmal wählen?
    Sie stand an einem Scheideweg und hatte trotz ihrer Gebete an Lishar nicht die geringste Ahnung, welchen Weg sie wählen sollte. Sie war sich in ihren Entscheidungen immer so sicher gewesen, doch diesmal fühlte sie sich hilflos.
    Aufmerksam beobachtete er ihr Mienenspiel, strich sich müde mit der Hand durchs Gesicht.
    »Ich möchte, dass Ihr die Entscheidung trefft. Euch ist hoffentlich bewusst, dass bei einem Antrag von Prinz Tarkan der hohe Lord keine Wahl hat. Er muss und wird

Weitere Kostenlose Bücher