Licht und Dunkelheit
schmerzt mich. Außerdem möchtet Ihr gewiss nicht, dass Agilus Euer einziges Kind bleibt. Hier bin ich von Nutzen für Euch und das Volk von Forran.«
Sie hielt inne, entschied sich dann, weiterzusprechen: »Ich habe angenommen, da Lady Eluis nicht verheiratet ist, dass es in Eurer Macht steht, auch mir ein ähnliches Leben zu ermöglichen.«
Das Gesicht des hohen Lords erstarrte zu einer steinernen Maske. »Lady Eluis hat dieses Leben nicht freiwillig für sich gewählt», sprach er eindringlich, »eine Heirat hätte ein starkes Bündnis für dieses Land darstellen können, doch leider verstarben ihre Anwärter.«
Levarda hielt die Luft an. Hatte sie damit ihre Chance vertan?
Der Lord fuhr fort: »Ihr könnt beruhigt sein. Mir liegt kein Antrag für Euch vor. Ich versprach meiner Gemahlin, dass ich keine Verbindung für Euch arrangieren werde.» Ein warmer Blick traf sie. »Glaubt nicht, ich wüsste nicht, wie viele Menschen aus Forran Euch seit dem letzten Winter ihr Leben verdanken. Ich denke, ich darf mich glücklich schätzen, dass ich Euch als Geschenk mit meiner Gemahlin bekam.«
Erleichtert atmete sie aus. »Danke, hoher Lord, mehr verlange ich nicht.«
»Verlangen?« Seine Stimme veränderte die Tonlage.
»Verzeiht, ich wählte die falschen Worte.«
»Lady Levarda, ich war bisher Eurem Verhalten gegenüber sehr tolerant. Euch ist hoffentlich klar, welche Ehre Euch zuteilwird, indem Ihr hier an meinem Hofe lebt. Sollte jemand mir einen Antrag um eine Verbindung mit Euch stellen, die nach meiner Ansicht von Vorteil ist, so erwarte ich von Euch absoluten Gehorsam.«
Bevor sich ihr Zorn in Form von Energie Luft machen konnte, spürte sie sachte die Berührung von Lord Otis‘ Händen auf ihren Schultern. Gleichzeitig leitete er geschickt ihre Feuerenergie in seinen eigenen Körper und sandte ein Bild von fließendem Wasser, das sie einhüllte, in ihren Kopf.
Levarda hatte nicht geahnt, dass er in der Lage war, so tief in sie einzudringen. Der Schock dieser Erkenntnis brachte sie einen Moment aus dem Gleichgewicht.
»Lady Levarda, ich bin nicht auf der Suche nach einem Ehemann für Euch. Es kommt in Anbetracht unserer verwandtschaftlichen Verhältnisse ohnehin nur eine begrenzte Anzahl von Kandidaten in Frage. Zerbrecht Euch über diese Dinge nicht Euren hübschen Kopf. Ihr könnt Euch getrost auf mein Urteil verlassen.«
Der Gedanke an Lord Otis‘ Antrag überlagerte sich mit dem Bild von Prinz Tarkan. Sie wagte nicht, die Frage laut zu stellen, ob Letzterer dem hohen Lord als geeigneter Kandidat erschien. Besser diese Idee nicht in seinen Kopf zu pflanzen. Ihr musste etwas anderes einfallen. Sie bemühte sich, ihre angstvollen Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Der Griff auf ihren Schultern verstärkte sich schmerzhaft.
»Ihr könnt gehen, Lady Levarda«, beendete der hohe Lord die Audienz.
Sie stand auf, versuchte ihre eigene von Lord Otis‘ Energie zu trennen und einen Schutzschild zu errichten.
Ohne ihre Schultern loszulassen, schob er sie aus dem Raum.
Timbor öffnete die Tür von außen, als hätte er ein Zeichen erhalten. Ein Blick in das Gesicht seines Befehlshabers genügte ihm. Hastig schloss er die Tür hinter ihnen und ging auf Distanz. Lord Otis drückte Levarda mit dem Rücken gegen die Wand.
»Wie kommt Ihr auf diesen Gedanken?«, fragte er scharf.
Bevor sie antworten konnte, fühlte sie einen enormen Druck auf ihren Kopf einwirken. Vor Schmerzen schloss sie die Augen. Kurz blitzte das Bild von Lady Serafina in ihren Gedanken auf. Ihr Amulett reagierte, leuchtete auf und schleuderte Lord Otis von ihr weg.
»Wagt es nie wieder, ohne meine Erlaubnis in meine Gedanken einzudringen.«
Levarda brachte ihren Zorn unter Kontrolle, drehte sich um und ging den Weg zurück in die Frauengemächer, ohne die Männer eines weiteren Blickes zu würdigen.
In ihrem Zimmer kniete sie sich hin. Sie wusste nicht, was ihr mehr Angst machte. Der Gedanke, Prinz Tarkan könnte ihr einen Antrag machen, den der hohe Lord annahm, oder die Art und Weise, wie Lord Otis in ihr Leben, ihre Gedanken, nein, in ihre Seele eindrang? Das glich nicht dem unangenehmen Gefühl, das ihr die Energie von Prinz Tarkan verursacht hatte, sondern fühlte sich eher wie ein Teil von ihr selbst an, eine erschreckende Erkenntnis, die sie völlig aus dem Gleichgewicht brachte.
War das der Grund, weshalb er immer wusste, was sie machte? Besaß er diese Macht erst, seit sie gemeinsam den hohen Lord heilten oder
Weitere Kostenlose Bücher