Licht und Dunkelheit
Euch verheiraten.«
Sein Blick schien in ihrem Gesicht nach etwas zu suchen. Sie schwieg und er fuhr fort: »Niemand von uns möchte Krieg. Die Wunden in diesem Land sind lange nicht verheilt und die Tränen der Trauer fließen weiter. Die Möglichkeit, das Bündnis mit einem neuen Band des Blutes zu stärken, ist –«, er brach ab, suchte nach einem passenden Wort, das er nicht fand.
Seine Augen wanderten unruhig durch das Zimmer, ruhten kurz auf dem Gemälde vom See Luna, richteten sich auf sie. »Ihr wisst, dass ich das nicht zulassen kann«, flüsterte er.
Levarda erstarrte. »Ihr wollt keinen Frieden?« Entsetzen flammte durch ihren Körper.
Er lachte hart auf, seine Miene versteinerte.
»So denkt Ihr über mich? Dass ich mich an dem Tod anderer Menschen labe?« Seine Stimme war laut und heftig geworden, Flammen erhellten seine Aura.
Er schwieg, sammelte sich.
»Ihr habt keine Ahnung, wozu Prinz Tarkan fähig ist. Er hat die Zeit der Ruhe nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ich kann spüren, wie seine Kraft bei jedem seiner Besuche zunimmt. Ihr an seiner Seite – das würde das Ende der Welt bedeuten, so wie wir sie kennen.«
Abrupt sprang Levarda aus dem Bett.
»Und Ihr, Lord Otis, habt nicht die geringste Ahnung, wozu ich fähig bin!«
Langsam stand er auf.
»Doch, Lady Levarda, ich weiß es, seit ich Euch das erste Mal sah. Genau aus diesem Grunde habe ich Euch immer die Wahl gelassen, Euch frei zu entscheiden. – Wählt.«
Sie schlang die Arme um ihren Körper und begann unruhig im Zimmer umherzustreifen. Sie hatte sich die Nacht über den Kopf zerbrochen, wie sie dieser Mausefalle entkommen konnte. Auf keinen Fall würde sie Prinz Tarkan ehelichen. Sie musste hier an der Seite von Lady Smira bleiben, dafür Sorge tragen, dass diese dem hohen Lord einen Sohn gebar. Außerdem gab es im Land Forran unzählige Menschen, die ihrer Hilfe bedurften. Mit einem Ruck blieb sie stehen.
»Ich werde auf keinen Fall Prinz Tarkan heiraten«, stellte sie fest.
Mit einem Kopfnicken akzeptierte Lord Otis ihre Entscheidung. Erneut nahm sie ihre Wanderung auf. Die Flucht. Sie konnte ohne Weiteres die Festung verlassen und in die Wälder flüchten. Dort war immer ihr Zuhause gewesen. Sie hatte keine Ahnung, ob der hohe Lord sie verfolgen lassen und wen er damit beauftragen würde. Die Männer, mit denen sie gereist war, wussten, dass sie im Wald überleben konnte.
Allein der Gedanke, draußen zu sein, die frische Luft, die Sonne, den Regen auf ihrer Haut zu spüren, all den Intrigen am Hof zu entgehen – verführerisch. Aber was würde dann aus Lady Smira? Und vor allem, wie sollte sie Agilus weiterhin schützen?
Sie blieb stehen, sah Lord Otis an.
»Würdet Ihr mich verfolgen?«
»Ich kann nicht zulassen, dass er Euch findet.«
»Also bleibt mir nur der Tod? Nennt Ihr das eine Entscheidung?«, brauste sie auf.
Seine Hand blieb neben dem Griff seines Schwertes. Traurig sah er sie an.
Worauf wartete er? Ihr Blick fiel auf seine festliche Kleidung. Ein Bild schob sich in ihr Gedächtnis von dem Tag, als er vor ihr niedergekniet war.
»Euch heiraten?«
Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht.
Nachdenklich runzelte sie die Stirn. »Ihr habt bedacht, dass ich das Bett nicht mit Euch teilen kann?«
Er schwieg.
Der Gedanke nahm in ihrem Kopf Gestalt an.
»Kann ich hier in meinen Räumlichkeiten bleiben?«
»Ja.«
»Agilus?«
»Solange er klein ist und Eures Schutzes bedarf.«
»Denkt Ihr, der hohe Lord würde Euren Antrag für mich annehmen?«
»Das hat er bereits getan.«
»Ihr habt gesagt, es sei meine Entscheidung.«
Ein mattes Grinsen huschte über sein Gesicht.
»Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich rechne damit, dass Prinz Tarkans Botschafter innerhalb der nächsten zwei Tage eintreffen wird. Liegt sein Antrag dem hohen Lord vor, habt Ihr keine Wahl mehr.«
»Und der hohe Lord hat keine Vorbehalte, eine verwandtschaftliche Beziehung mit Euch einzugehen?«
»Ich habe ihm keine Wahl gelassen.«
Sie überlegte, was er damit meinte, doch es wollte ihr nichts einfallen.
Wieder wanderte sie im Zimmer auf und ab, während sie sich alles durch den Kopf gehen ließ – ein Zweckbündnis, kaum etwas anderes als die Kompromisse, die sie in den letzten Monaten immer wieder eingegangen waren. Ein Weg, der es ihr ermöglichte, weiterhin auf der Festung des hohen Lords zu leben. Seine körperlichen Bedürfnisse konnte er mit einer Zofe befriedigen, wobei sie darauf achten würde, dass diese es
Weitere Kostenlose Bücher