Licht und Dunkelheit
Stimme. Sie sah die Panik im Gesicht der Frau.
»Ihr habt mir Schmerzen gemacht.«
»Ich habe dir geholfen. Das Zeug, das du getrunken hast, verursachte die Schmerzen.«
Die Frau starrte auf die zerbrochene Phiole. Dann packte sie sich ins Gesicht. Die Warze war verschwunden. Sie grinste breit, ein fiebriger Glanz trat in ihre Augen. »Es hat geholfen.«
Verärgert runzelte Levarda die Stirn. »Es hat dich fast umgebracht. Gib mir deine Hand, damit ich dir helfen kann.«
Eine Tür wurde aufgerissen. Lärm drang in das Innere des Lagers. »Birte, erheb gefälligst deinen faulen Hintern, die Gäste wollen bedient werden. Brauchst du erst wieder eine Abreibung, bevor du spurst?«
»Halt dein Maul, ich komme ja.« Die Frau rappelte sich auf und wollte an ihr vorbei.
Levarda hielt sie fest. »Sei vernünftig und lass mich dir helfen.«
Die Frau schüttelte sie los. »Fasst mich nicht an oder ich rufe meinen Mann, der weiß, wie man eine Frau dazu bringt, dass sie spurt.« Sie hob ihren Ärmel hoch und Levarda sah ein Brandmal.
»Auch dabei kann ich Dir helfen«, erwiderte sie gelassener, als sie sich fühlte.
Die Frau brach in irres Gelächter aus. »Verschwindet, ich kann mir selber helfen.«
Levarda blieb nichts anderes übrig, als auf die Gasse hinauszutreten. Sie konnte einem Menschen nicht helfen, der sich ihrer erwehrte, das war eine unumstößliche Regel in der Heilkunst. Noch nie war sie deshalb in Schwierigkeiten geraten, aber heute haderte sie damit. Das, was sie in dem Körper der Frau gefühlt hatte, machte ihr Angst.
Der Händler war der Schlüssel. Sie würde ihn zur Rede stellen. Entschlossen lenkte sie ihre Schritte zurück zum Markplatz, suchte den Stand des Händlers. Die Menschenmenge hatte sich aufgelöst.
»Da seid Ihr ja.« Mit blassem Gesicht tauchte Celina mit ihrem Diener vor ihr auf. »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
»Ja, verzeiht Celina, ich muss noch etwas klären.«
»Oh nein, Lady Levarda.« Entschlossen trat ihr die zierliche Celina in den Weg. »Ich bin zweimal in Schwierigkeiten geraten, weil ich mich nicht an die Anweisungen von Lord Otis hielt. Ich riskiere es kein drittes Mal.«
Levarda sah die Entschlossenheit in ihrem Gesicht. »Ihr bekommt keine Schwierigkeiten. Otis ist mein Mann und er gewährt mir meine Freiheiten.«
»Aber wäre er damit einverstanden, dass Ihr Euch in den Gassen des Hafenviertels herumtreibt? Jede Lady weiß, dass sie sich nur in dem oberen Teil des Marktes aufhalten darf, und auch das nur in Begleitung eines Dieners. Ihr hingegen geht schnurstracks auf den Pöbel zu ...«, sie sah mit verkniffenem Blick um sich, den Teil des Marktes einschließend, in dem sie sich befanden. »... und verschwindet in den Gassen zum Hafen, dort, wo sich eine Lady niemals aufhält, wenn sie nicht lebensmüde ist. Verzeiht mir mein offenes Wort, aber Ihr kommt vom Lande. Ihr müsst erst lernen, Euch in einer Stadt zu bewegen.«
Levarda schluckte ihre Antwort herunter. Es hatte keinen Sinn, mit ihr zu streiten. Sie hatte Egris‘ Frau noch nie so wütend erlebt. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, begleitete sie Celina und den Diener in den oberen Teil des Marktes und zurück in Egris‘ Haus.
Sie sprachen nicht mehr über den Vorfall, aber Celina verhielt sich ihr gegenüber kühler als sonst. Am späten Nachmittag verabschiedete sich Levarda. Sie schlug die Richtung zur Festung ein, überlegte es sich dann kurzentschlossen anders. Sie war keine wehrlose Lady und sie hatte keine Ahnung, ob der Händler immer diesen Markt mit seinem Stand aufsuchte.
Sie musste der Sache auf den Grund gehen. Je länger sie bei Celina über all das nachgedacht hatte, umso wichtiger erschien es ihr. In der Festung würde niemand sie vermissen. Otis ging davon aus, dass sie bei Celina war, und Celina ging davon aus, dass sie in die Festung gegangen war.
Otis würde sich heute sicherlich erst spät bei ihr zeigen, da Prinz Tarkan für den kommenden Tag erwartet wurde, was seiner Laune ohnehin abträglich war. Sie wäre zurück, bevor irgendjemand etwas bemerkte.
Als Levarda den Marktplatz erreichte, war der obere Bereich leer. Nur auf dem unteren boten noch vereinzelt Händler ihre Ware feil. Sie ging zu dem, neben dessen Stand der Heilkundige gewesen war.
»Verzeiht, mein Herr, könnt Ihr mir sagen, wohin der Heilkundige verschwunden ist?«
»Er ist zurück zum Hafen, dort steht sein Boot. Wenn Ihr ihn erreichen wollt, müsst Ihr Euch beeilen.«
Sie zögerte kurz, spürte
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