Licht und Dunkelheit
Spannung in der Haltung ihres Mannes.
Prinz Tarkan trat dicht an sie heran, betrachtete Agilus aufmerksam.
Levarda konnte nicht anders, als ihren Schutzschild noch intensiver um sich und Agilus zu weben. Diese Person machte ihr Angst, auch wenn sie das der Überreizung ihrer Nerven durch das gestrige Erlebnis zuschrieb. Sendad wich ihr nicht von der Seite. Seine Nähe beruhigte sie.
»Wunderschön, Lady Smira. Ihr habt einem prächtigen Sohn das Leben geschenkt. – Ich freue mich, Euch wiederzusehen, Lady Levarda«, sprach er sie direkt an. »Ich habe viel an Euch gedacht, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind.«
»Seitdem ist viel Zeit vergangen«, antwortete Sendad anstelle von Levarda, die nicht wusste, ob sie überhaupt zu einem Ton fähig gewesen wäre. Sie konnte spüren, wie schwer es Otis fiel, still an der Seite des hohen Lords zu verharren.
»Sendad, mein guter alter Freund«, bemerkte Prinz Tarkan ironisch. »Wie ich sehe, seid Ihr wieder an der Seite von Lady Levarda.«
Er lenkte seine Aufmerksamkeit erneut auf sie und Agilus. Sie konnte spüren, wie seine Energie nach einer Lücke in ihrem Schutzschild tastete. Er trat noch dichter an sie heran.
»Ich finde, das ist nahe genug«, quetschte Otis zwischen den Zähnen hervor.
Der hohe Lord warf ihm einen tadelnden Blick zu.
»Wir wollen doch zu unserem Gast nicht unhöflich sein. Ihr könnt meinen Sohn gern auf den Arm nehmen, Prinz Tarkan, wenn Ihr es wünscht. Ich schenke Euch mein volles Vertrauen.«
Levarda drückte Agilus enger an ihre Brust, das Baby hob die Hand und ergriff die Haarsträhne, die Levarda an der Wange herabhing. Aus der kunstvollen Hochsteckfrisur mit kleinen eingeflochtenen Perlen hatte Ruth ein paar Strähnen herausgezogen, die Levardas Gesicht umschmeichelten. Da sie keine Hand frei hatte, konnte sie sich nicht aus dem Griff des Babys befreien.
Prinz Tarkan packte die kleine Faust, öffnete vorsichtig die Finger des Thronfolgers.
Die Hände der Offiziere und die von Prinz Tarkans Männern lagen allesamt auf den Griffen ihrer Schwerter.
Das Baby ließ von Levardas Haar ab und Prinz Tarkan wickelte die Strähne um seinen Finger, um sie so vor einem erneuten Zupacken des Kindes zu sichern.
Levarda senkte Agilus‘ Körper in ihrem Arm, damit er nicht mehr nach ihren Haaren greifen konnte.
»Lasst meine Haarsträhne los, Prinz Tarkan«, befahl sie ihm kühl. Mit Höflichkeit käme sie bei ihm nicht weit.
Er grinste, wickelte ihr Haar ab und streifte dabei wie unabsichtlich ihre Wange mit seinen Fingern, wobei sie auf ihrer Haut eine brennende Spur hinterließen.
Böse funkelte Levarda ihn an. In seinem Gesicht sah sie das gleiche anzügliche Grinsen, das sie kurz zuvor im Gang bei ihrem Mann gesehen hatte. Mit dem Unterschied, dass er so dicht bei ihr stand, dass sie seine Erregung fühlen konnte.
Sendads Worte unterbrachen den Bann zwischen ihnen.
»Prinz Tarkan«, sprach er den Prinzen direkt an. »Als ich sagte, es sei viel Zeit vergangen, seit Ihr Lady Levarda das letzte Mal gesehen habt, meinte ich das vor allem in dem Sinne, was diese Zeit mit sich gebracht hat. – Sie ist jetzt eine verheiratete Frau.«
»Ich weiß, Sendad, und es ist sehr bedauerlich, da ich selbst die Absicht hatte, Lady Levarda zu ehelichen.«
Er wandte sich zum hohen Lord. »Das hätte unser Bündnis gestärkt.« Sein Blick wanderte zu Otis. »Allerdings gebe ich zu, es hat mich überrascht, dass Ihr sie geheiratet habt, Lord Otis. Ich dachte, Euer Interesse hätte bisher eher ihrem Tod gegolten.«
Für Levarda wurde die Spannung zwischen den Männern unerträglich. Sie kniff Agilus und er reagierte prompt mit lautem Geschrei. Sie hob ihn an ihre Schulter und küsste schuldbewusst sein Köpfchen.
Otis warf ihr einen erleichterten Blick zu, während Prinz Tarkan sie amüsiert betrachtete.
»Lady Levarda«, mischte sich Lady Smira ein, »es ist besser, wenn Ihr Agilus in seine Räume zurückbringt. Er braucht seinen Schlaf«.
In Begleitung von Sendad und Lemar trat sie erleichtert den Rückzug an.
»Ihr scheint eine außerordentliche Anziehungskraft auf Prinz Tarkan zu besitzen«, bemerkte Lemar.
»Es ist besser, du hältst deinen Mund, Lemar«, knurrte Sendad.
»Warum? Das könnte ein Vorteil sein, wenn wir ihm das nächste Mal in einem Gefecht gegenüberstehen. Sie stellt sich einfach vor ihn, er vergisst vor lauter Gier seine Verteidigung und sie streckt ihn mit dem Schwert nieder.«
»Lemar! Das ist nicht
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