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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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die Blumen aus der Erde wachsen lassen. Sie trug Leben in sich, ein Wunder, mit nichts zu vergleichen, ein Kind der Liebe.
    Trauer überschattete ihr Gesicht. Mitleid kam in ihr hoch. Er war ein ungeliebtes Kind, von der Mutter zurückgelassen, schlimmer noch – seine Mutter hatte ihn gehasst, hätte ihn am liebsten mit ihren eigenen Händen getötet. Wie konnte ein solcher Mensch Liebe empfinden oder Liebe geben?
    »Jetzt weiß ich, was du vor mir verbirgst.«
    Ihr Herz setzte aus.
    Er legte sich auf sie, brachte seine Augen dicht vor die ihren. »Du empfindest etwas für mich, ich kann es deutlich spüren.« Ein zufriedener Ausdruck huschte über sein Gesicht, als er in sie eindrang.
    Levarda wandte den Kopf ab, presste die Lippen zusammen und schloss die Augen. Zu ihrer Erleichterung brauchte er nicht lange. Er rollte sich von ihr herunter.
    Vorsichtig ließ sie die angehaltene Luft aus ihrem Körper entweichen. Er hatte sich auf die Seite gelegt. Sein regelmäßiger Atem verriet ihr, dass er schlief.
    Levardas Leib zitterte vor unterdrücktem Ekel und Abscheu. Sie hasste sich selbst für das, was sie zugelassen hatte. Am liebsten wäre sie aufgesprungen, in den See getaucht und hätte sich reingewaschen von der Verschmutzung. Aber ihre Scham würde sie niemals loslassen. Sie hatte Otis betrogen mit ihrem Körper und mit ihrem Mitgefühl. Sie rollte sich eng zusammen, legte ihre Hand schützend auf ihren Unterleib und schlief ein.
     
    Sie erwachte von dem Klappern der Schwerter, den Rufen der Männer und der Erregung eines bevorstehenden Kampfes. Die Zeit des Wartens war vorüber.
    Sie konnte Prinz Tarkan im Zelt nicht sehen.
    Sie wusch sich und zog sich hastig an, tat alles, ohne nachzudenken. Ihr Denken hatte sie in der Nacht ausgeschaltet. Nur noch ein Gedanke beherrschte sie: leben, um Leben zu schenken.
    Unschlüssig blieb sie im Zelt stehen. Sie hatte keine Ahnung, ob sie es verlassen durfte oder nicht. Der Lärm draußen nahm zu. Pferde wieherten schrill.
    Zögernd ging Levarda auf den Zeltausgang zu und schlug die Plane zurück. Männer sattelten ihre Tiere, prüften den Sitz ihrer Rüstungen. Schwerter sirrten durch die Luft, getestet auf ihre Balance in der Hand. Sie kannte das von dem Training der Garde. In der Luft konnte sie die Energie der Erregung knistern hören. Obwohl es sich für ihre Augen nicht offenbarte, herrschte in dem Treiben eine Struktur.
    Scharf zog sie den Atem ein. Kälte kroch durch ihren Körper. Das hier war keine Übung, dies bedeutete den Aufbruch in den Krieg. Sie hatte den weiten Weg von Mintra auf sich genommen, um Forran den Frieden zu bringen und hatte das Gegenteil erreicht. Sie sank auf die Knie, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.
    Stille breitete sich um sie herum aus. Levarda hob den Kopf. Prinz Tarkan stand mit seinem Schimmel vor ihr.
    »Steh auf!«
    »Bitte, hört auf damit.«
    Er stieg von seinem Pferd ab, packte sie am Kragen und zerrte sie hoch. »Ich habe gesagt, du sollst aufstehen!«
    Levarda legte ihre Stirn auf seinen Handrücken. »Bitte sagt mir, was ich tun kann, damit dieser Wahnsinn ein Ende hat. Ich gebe Euch, was immer Ihr von mir verlangt.«
    Verblüfft starrte er sie an, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Er packte sie im Nacken, drehte sich zu seinen Männern um.
    »Habt ihr gehört, Männer? Das Weib möchte, dass wir die Forraner verschonen.«
    Die Männer johlten, klopften auf ihre Schilde oder streckten die Schwerter in die Luft – eine geifernde, sabbernde, nach Blut dürstende Masse.
    Angst kroch durch Levardas Adern und mit ihr verdichtete sich die Dunkelheit in ihr.
    »Sie will mir geben, was immer ich von ihr verlange.«
    Diesmal brüllten die Männer vor Vergnügen. Er bog ihren Kopf zurück und presste seine Lippen kurz auf ihre. »Wir Eldemarer sind Krieger, wir holen uns das, wonach es uns verlangt«, sagte er dann, »merk dir das.«
    Seine Männer brachen in wilden Jubel aus. Er ließ Levarda los und sprang auf sein Pferd. Die Soldaten folgten seinem Beispiel. Mit einer Hinterhandwendung jagte er in vollem Galopp die Reihen entlang, drehte erneut und steuerte direkt auf Levarda zu.
    Sie blieb stehen, unfähig sich zu bewegen.
    Er beugte sich herab, packte sie und zog sie auf sein Pferd. Sie war seine erste Beute.
     
    Hinter den Soldaten lag das Gebirge Gestork. Sie hatten einen Wald durchquert, der sich vor den Eldemarern öffnete. Eine Ebene erstreckte sich vor ihren Augen, auf der kurzes, hartes Gras wuchs. Dahinter

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