Licht und Dunkelheit
wie gutaussehend er ist? Sein schmales Kinn, die Ausgewogenheit seiner Züge und die wunderschönen hellbraunen Augen?«
Dass Lady Smira die Höflichkeitsanrede verwendete, zeigte Levarda, dass der Trank seine Wirkung nicht verfehlt hatte.
»Ihr meint den hohen Lord?«
»Ja, er sieht noch so jung aus, nicht wahr?«
»Es stimmt, das ist mir auch aufgefallen.«
»Als er mir dort oben auf der Treppe zulächelte, war es um mich geschehen.«
Levardas Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. Lady Smira schien mit ihren Gefühlen recht wankelmütig zu sein.
»Und ich dachte, es ginge ihm genauso. Seine Lippen waren so weich, als sie meinen Handrücken berührten. Der Blick aus seinen hellen Augen. Und dann nahm er meine Hand und hat sie den ganzen Tag nicht mehr losgelassen.«
Sie schwieg, schien in Erinnerungen versunken.
»Als er mit mir tanzte, kam es mir vor, als schwebten wir über dem Boden. Sein Arm um meine Taille ...«
Sie seufzte. »Ist Euch aufgefallen, dass alle Tänze hier am Hof Paartänze sind?«
»Nein, ich gestehe, ich habe nicht darauf geachtet.«
»Ich habe Euch nach der Zeremonie überhaupt nicht mehr gesehen, wo habt Ihr Euch herumgetrieben? Ich dachte, Ihr würdet an meiner Seite sitzen, doch diese Lady Eluis hat anscheinend die Sitzordnung durcheinandergebracht.«
Levarda schickte einen stummen Dank an Lady Eluis. Der Gedanke, die Feier über zwischen der Braut und Lord Otis zu sitzen, die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich gerichtet – vor Grauen lief ihr ein Schauer über den Rücken.
»Jedenfalls warf er mir einen Blick zu, der mich zum Glühen brachte, und dann flüsterte er mir ins Ohr, dass ich mich zurückziehen solle.«
Levarda spürte das Glühen unter ihren Händen, das von Lady Smira ausging, als sie sich erinnerte. Aber was konnte schiefgelaufen sein, wenn sich beide so begehrten?
»Er kam nicht allein.«
Levardas Hand verharrte auf Lady Smiras Rücken.
»Lord Otis begleitete ihn. Er stand neben der Tür, als der hohe Lord sich meinem Bett näherte. Entschuldigend erklärte er, dass eine seiner früheren Gemahlinnen versucht habe, ihn zu töten. Seitdem müsse einer der Offiziere immer im Zimmer bleiben, ich solle einfach nicht hinsehen.« Mit einem Stöhnen presste sie die Hände vor ihr Gesicht.
In Levarda ließ die Vorstellung dieser Demütigung Zorn aufflammen.
Lady Smira sammelte sich. »Nur zu Anfang nahm ich ihn wahr. Er verharrte so still, als wäre er ein Geist. Aber der hohe Lord –«, sie brach ab und die Tränen kehrten zurück. »Er verhielt sich so anders. Die Leidenschaft in seinen Augen war einfach erloschen. Er war so distanziert, richtig kühl, sein Blick so konzentriert. Er küsste mich kurz, vollzog den Akt und verließ mich.« Sie schluchzte verzweifelt. »Ich dachte, er würde mich lieben, mich streicheln, mir Zärtlichkeit schenken und mir Liebeserklärungen ins Ohr flüstern. Nichts! Das Ganze dauerte nicht mal fünf Minuten!«, rief sie schrill.
Levarda atmete auf. Erleichtert, dass es nur um solche Dinge ging, streichelte sie Lady Smira über den Rücken.
»Ich dachte, er hätte sich in mich verliebt. Weshalb schenkte mir Lethos dieses Aussehen, wenn mich mein Mann nicht liebt?«
»Ist es das, was Ihr wollt?«
»Ja! Er soll mich begehren, sich nach mir verzehren! Ich möchte, dass er seine Finger nicht von mir lassen kann«, erklärte sie so leidenschaftlich, dass Levarda sich darüber amüsierte.
»Das, Lady Smira, liegt in Eurer Hand. Da kann ich Euch nicht helfen. Aber dass Euer Gemahl sich im Bett Zeit für Euch nimmt ...«, sie blinzelte ihrer Cousine verführerisch zu. Das Glühen der Leidenschaft verlieh ihr einen Glanz, der selbst an Levarda nicht spurlos vorüberging. »Ich bin mir sicher, dass Ihr das hinbekommt.«
Lady Smira richtete sich im Bett auf und musterte Levardas Gesicht. »Meint Ihr es ernst? Ihr könnt mir dabei helfen?«
Levarda lachte und nickte. Sie legte sich hin und Lady Smira legte sich ihr gegenüber.
»In meinem Land sagt man, dass jede Frau die Fähigkeit in sich trägt, einen Mann, den sie begehrt, für sich zu gewinnen. Ein Mann kann sich mit vielen Frauen fortpflanzen, aber eine Frau muss sich sorgfältig den Vater ihrer Kinder auswählen.«
Lady Smiras Stirn legte sich in Falten, so angestrengt dachte sie nach. »Das hat Mama so ähnlich formuliert. Aber wie? Was kann ich tun?«
»Morgen erzähle ich Euch mehr darüber. Schlaft jetzt.«
»Bleibt Ihr hier bei mir?«
»Aber
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