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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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gar nicht kannte. Verwirrt und verängstigt von diesem ungewohnten Gefühl blieb sie diesmal auf seiner Höhe.
    Der Rundgang auf den Mauern einschließlich der Außenmauer der Festung mit ihrem Ausblick stellte sich als atemberaubend heraus. Vor allem von der Westseite, wo sich die Festung zur Stadt und dem Fluss hin öffnete, war Levarda überwältigt. Noch nie hatte sie eine Stadt dieser Größe gesehen.
    Sie konnte die Energie und das Pulsieren des Lebens bis hinauf zu den Mauern spüren wie eine Vibration, die durch die Luft zog.
    Während ihres schweigsamen Gangs am Ende ihrer Vorstellungsrunde verrauchte offenbar Lord Otis‘ Wut. Das Wetter war klar und ließ einen weiten Blick zu.
    »Dort hinten ...«, er zeigte mit der Hand auf die Bergkette am Horizont, »... liegt meine Burg Ikatuk.«
    »Der Ausblick von hier ist wunderschön«, rutschte es Levarda heraus. Sogleich ärgerte sie sich über ihre Worte, da sie weiterhin hatte schweigen wollen, dann aber kam ihr eine andere Idee, wie sie ihn beschämen konnte.
    »Ja, die Stadt ist ebenfalls bemerkenswert und aufregend, doch davon werdet Ihr nichts zu Gesicht bekommen«, stellte er seinerseits boshaft klar. »Wir sind durch. Gerolim, bring Lady Levarda zurück in die Frauengemächer.«
    Gerolim kam von seinem Posten zu ihnen herüber.
    Levarda sah Lord Otis an. »Danke für den Rundgang, Lord Otis, und danke für das außergewöhnliche Kleid. Danke auch für das Buch und besonders für meine bequeme Sitzgelegenheit am Fenster.«
    Sie knickste, senkte kurz den Kopf, wie es sich für eine Frau gegenüber einem Lord ziemte. Beim Umdrehen lächelte sie zufrieden, während sie dem Gesichtsausdruck von Lord Otis mit offenem Mund einen festen Platz in ihrem Gedächtnis zuwies.
     
    Adrijana hatte ihr eine reichhaltige Mahlzeit organisiert, über die sich Levarda hungrig hermachte.
    Dann nahm sie ihre Tasche mit Pflanzen, die zum Teil von ihrer Wanderung mit Sendad zum See stammten und zum Teil aus dem Garten von Burg Ikatuk, und machte sich auf den Weg.
    Lady Smira wartete bereits auf sie.
    »Wo wart Ihr denn so lange? Ihr habt mir versprochen, Ihr würdet beim Frühstück dabei sein.«
    »Es gab ein kleines Problem mit Lord Otis.«
    »Ja, davon hörte ich. Ihr wart heute durchaus Gesprächsstoff bei Tisch. Aber weshalb dauerte es so lange?«
    »Er meinte, er müsse mich jedem einzelnen Soldaten vorstellen, damit ich mich in den Frauengemächern bewegen kann.«
    »Stimmt es, dass Ihr Euer Zimmer im Turm des Todes habt?«
    »Was für ein treffender Name! Ja, aber es gefällt mir.«
    »Und auch, dass Ihr nachts eingesperrt werdet?«, fragte sie ungläubig.
    »Offensichtlich, ja.«
    Levarda räusperte sich. »Aber nun lasst uns lieber an vergnüglichere Dinge denken.« Levarda breitete die Blumen in Gruppen auf dem Boden aus. Kaum aus ihrem Behältnis befreit, entfalteten die Blüten einen Duft, der ihr selbst einen erregenden Schauer über den Körper schickte. Lady Smira ging es offensichtlich nicht anders. Sie kicherte. Levarda rief sich zur Ordnung.
    »So«, begann sie, »Ihr nehmt jetzt jede einzelne Blume, schließt Eure Augen und riecht daran. Danach entscheidet Ihr, ob wir sie einbinden sollen oder nicht«, erklärte sie lächelnd.
    Einen Großteil des Tages verbrachten sie damit, Blumen herauszusuchen und zu vier Sträußen zusammenzubinden. Levarda befestigte einen Strauß an jedem Pfosten des Bettes, gab den Pflanzen von ihrer Energie, damit sie die Nacht über ihren Duft verströmten. Dabei erzählte sie Lady Smira alles, was sie von Lady Eluis und den anderen Frauen auf dem Fest erfahren hatte.
    Ihre Cousine plauderte ihrerseits von Lord Hectors Frau, die eine recht griesgrämige Dame sein musste. Außerdem habe sie den Abend über mit allen Herrschaften am Tisch tanzen müssen. Einige von Ihnen stellten sich äußerst ungeschickt an, weshalb ihre Zehen schmerzten.
    Levarda sah sich Lady Smiras Füße an. Sie nahm sie in ihre Hände, heilte die Blasen und blauen Flecke, erzählte Lady Smira, was eine Frau alles tun könne, damit ein Mann sie begehrenswert fände. Dabei stützte sie sich auf die Erzählungen ihrer Schwestern und Freundinnen. Sie hatte nie den Drang verspürt, einen Mann für sich zu gewinnen oder gar das Lager mit einem geteilt. Dennoch fand sie die Beschäftigung mit dem Thema diesmal sogar amüsant, denn insgeheim hatte sie das Gefühl, dass dies Lord Otis‘ Interessen zuwiderlief.
    Ihre Gedanken gingen zurück zur Theorie der

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