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Licht vom anderen Ufer

Licht vom anderen Ufer

Titel: Licht vom anderen Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Ernst
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Schnitzel. Aber man redet ja nur. Ich sag dir das bloß, nicht dass du meinst, du kriegst vielleicht bei meiner Cilli nichts Gescheites.«
    »Auf alle Fälle werd ich mir meinen Austrag schon so sichern, dass mir nichts abgehen kann.«
    Der Risser antwortete darauf nichts, dachte sich nur: Mitnehmen kannst ja doch nichts, wenn du einmal den Löffel wegwirfst.
    Dann kamen sie auf Blockstein zu und betraten die geräumige Gaststube bei den »Vier Aposteln«, die gerammelt voll war. Nicht nur diesen, sondern jeden Sonntag, denn der Apostelwirt hatte immer ein markenfreies Gericht zu bieten, wenn es auch nur Kuttelfleck und Kartoffeln waren. Wer Marken hatte, konnte auch Weißwürste haben. Der Risser hatte Marken und bestellte für den Rauscher auch gleich drei Weißwürste mit.
    Das Ergebnis dieses sonntäglichen Ganges nach Dornbichl war, dass der junge Matthias Rauscher vom Goldenen Grund die Cäcilie Risser von Dornbichl heiratete. Der Trauer wegen konnte es freilich keine Hochzeit in altherkömmlichem Sinne geben. Aber was dem Rauscher, der ja von diesem Tag an als der »alte Rauscher« zu gelten hatte, das erste Stirnrunzeln aufzwang, war, dass die Braut nicht in der überlieferten Tracht getraut sein wollte, sondern in einem weißen Kleid aus Seide mit sparsam aufgestecktem Schleier.
    Die Leute von Blockstein fanden es schön und bewunderten die weiße Braut, die den Mut aufgebracht hatte, mit der alten Überlieferung zu brechen. Neben Anna Rauscher, die zu diesem Anlass die schwere Festtagstracht trug, sah die Cilli wie ein weißes Osterlamm aus, das ein wenig verschüchtert zu der herrlich gewachsenen Schwägerin aufsah, die an diesem Tag zum ersten Mal ein silbernes Kettchen mit einem in Gold gefassten, merkwürdigen Stein trug. Oder war es gar kein Stein, sondern nur ein simpler Eisensplitter von blaugrauer Färbung?
    Nach diesem seltsamen Schmuckstück griff Anna im Laufe des Tages mehrmals, als wolle sie sich versichern, dass es noch da sei, oder aber, als suche sie unbewusst daran einen Halt vor der dunklen Ahnung, die ihr kam, wenn sie die Cilli betrachtete.
    Von ähnlichen Gedanken wurde auch der Rauscher bewegt, der sich, seit sie in der vorigen Woche beim Notar gewesen waren, wie um Jahre gealtert fühlte. Ihm gelang es nicht recht, sich von diesen Gedanken zu lösen. Darum trank er mehr, als ihm gut tat. Trank den Wein, den die Rissers mitgebracht hatten in stiller Wehmut in sich hinein, weil er denken musste, dass es diesen Tag noch nicht gegeben hätte, wenn seine Barbara noch lebte.
    Die junge Rauscherin saß mit einem selig-unschuldsvollem Lächeln da und legte die Hand auf seinen Arm.
    »Trink nicht so viel, Schwiegervater.«
    Er sah sie verblüfft an. »Vergönnst du mir das Tröpferl Wein nicht? Das geht ja schon nett an.«
    Das Lächeln in Cillis Gesicht veränderte sich um keine Nuance. Nur auf der Stirn bildete sich eine ganz dünne Falte.
    »Wie kannst du nur so was glauben. Ich will doch nur, dass es deiner Gesundheit nicht schadet.«
    »Das bissl Wein schadet mir nicht.«
    »Dann ist es gut und es freut mich, wenn er dir schmeckt. Von jetzt ab sollst jeden Tag dein Schöpperl oder zwei haben. Ich schau schon auf dich und es wird dir gar nichts abgehen.«
    Meine Barbara wird mir immer abgehen, dachte der Rauscher. Andererseits blieb die so offen dargebotene Freundlichkeit nicht ganz ohne Wirkung auf ihn. Es konnte aber auch der schwere Wein daran schuld sein, dass er seine Hand auf die Hand der Schwiegertochter legte, die darin verschwand wie ein schmales Gebilde auf Elfenbein.
    »Es wird schon alles recht werden, Cilli«, sagte er.
    Und es wurde alles recht. Die junge Bäuerin verstand es vortrefflich, sich auf alles einzustellen, fragte viel, wie sie dieses und jenes machen solle, und ordnete doch alles, teils mit scheuem Wagemut, teils mit zäher Verbissenheit nach ihrem Sinn, der von Matthias gelenkt wurde.
    Am Anfang war es dem Rauscher gar nicht recht, dass für ihn immer extra Schmankerl gekocht wurden. Aber dann gewöhnte sich sein Gaumen daran und immer öfter fand er den Weg in die Küche zur Cilli und schnupperte mit hochgestellter Nase. »Was krieg ich denn heut Gutes?«
    Die Cilli lachte. Sie lachte eigentlich immer und darum wurde Anna immer misstrauischer. Die Burgl hatte ihr einmal gesagt, vor Menschen, die immerzu lachen können, muss man sich hüten.
    »Heut hab ich ein gedünstetes Kalbsherz für dich, Vater«, konnte die Cilli sagen.
    Wo sie nur die Schmankerl alle her

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