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Licht vom anderen Ufer

Licht vom anderen Ufer

Titel: Licht vom anderen Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Ernst
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weiterhin ein erträgliches Zusammenleben geben sollte.
    Die Sonne hatte sich wieder hinter einer Wolkenbank versteckt. Ein lauer Wind strich über die braunen Wiesen mit den Herbstzeitlosen. Über der Riss stieg ein feiner Nebel auf. Als sie weitergingen, sagte der Rauscher zuversichtlicher:
    »Wir müssen zusehen, dass wir eine Magd auftreiben, dann kannst du im Haus bleiben und der Matthias kann sich noch Zeit lassen mit seiner Hochzeit.«
    Das war eine gute Absicht, aber es war niemand aufzutreiben. Die guten Mägde hatten ihren dauerhaften Platz und mit einer schlechten war nichts geholfen. So musste also Anna die Herde von der Niederalm vierzehn Tage früher als sonst nach Hause bringen.
    Als sie die Hütte abschloss, rannen ihr die Tränen über die Wangen. Sie musste an Oliver denken und an die Tage, die sie mit ihm hier verlebt hatte. Tage, die nie mehr zurückkamen und zu denen nur die Erinnerung eine goldene Brücke baute.

Dem Bauer vom Goldenen Grund ging es wie manch anderem Witwer. Erst jetzt, wo er allein war, begriff er ganz, was er verloren hatte. In den dreißig Jahren des Zusammenlebens mit seiner Barbara war ihm nie der Gedanke gekommen, dass er ohne sie einmal so einsam sein könnte. Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie sehr er dieser immer so schweigsamen Frau verbunden gewesen war.
    Wohin sollte er jetzt flüchten?
    In die Arbeit, empfiehlt man einem, der so fragt. Aber der Rauscher war sowieso schon bis über den weißen Schädel hin mit Arbeit eingedeckt, weil man keinen Knecht auftreiben konnte. Erst ein paar Wochen vor Weihnachten kam Blasius aus der Gefangenschaft heim und nahm seinen Dienst im Grundhof wieder auf, den er vor nahezu sieben Jahren verlassen hatte. Was jetzt noch fehlte, war eine Magd. Beim besten Willen aber war nirgends eine ausfindig zu machen, die sich in den Goldenen Grund verdingen wollte, obwohl der Hof weithin dafür bekannt war, dass dort ein Dienstbote behandelt wurde wie das eigene Kind.
    Diesen Mangel bekam niemand härter zu spüren als die Anna. Sie war nun Bäuerin und Magd zugleich, wusste oft nicht, wie sie mit der vielen Arbeit im Haus fertig werden sollte, kam nie vor zehn Uhr abends ins Bett und stand um vier Uhr früh auf. Als sie sich einmal gar nicht mehr helfen konnte, gab sie die Wäsche in Emmas Waschanstalt.
    Hier ließ Matthias zum ersten Mal die Katze aus dem Sack und wollte sich zu dem aufspielen, was er noch nicht war.
    »So weit muss es kommen, dass man die Wäsche zum Waschen gibt!«, trumpfte er auf.
    Anna schaute ihn lange mit schmalen Augen an. »Hast du dich darum zu kümmern?«
    »Bei der Mutter hätte es so was nicht gegeben.«
    »Zu Mutters Zeiten haben wir auch immer zwei Mägde gehabt.«
    »Kann ich was dafür, wenn keine aufzutreiben ist? Musst halt du um eine Stunde früher aufstehn. Das sag ich dir, wenn ich einmal Bauer bin hier, dann hören solche Sachen auf.«
    »Noch bist du nicht der Bauer und so lange du es nicht bist, lass ich mir von dir gar nichts dreinreden. Und danach muss ich mir erst überlegen, ob ich noch im Haus bleibe.«
    Einen Augenblick stutzte Matthias. Das wäre ein Strich durch seine Rechnung, die er längst aufgestellt hatte. So eine billige und zugleich verlässliche Arbeitskraft bekam er nie wieder. Aber nur damit es nicht aussah, als habe die Schwester ihn nun in ihrer überlegenen Art ausgespielt, sagte er mit höhnender Freundlichkeit:
    »Du bleibst mir schon als Klotz am Bein. Wer soll
    dich auch noch heiraten, nachdem sich schon der Thomas, der gutmütige Kerl, zurückgezogen hat? Ja, ja, das war auch was, worüber man reden könnte, denn Ehre hast du keine gebracht über den Goldenen Grund, aber Schande genug. Was ist denn jetzt mit deinem Amerikaner? Hast du vielleicht gar gemeint, dass der noch was von sich hören lässt? Lachen wird er heut, und seinen Kameraden erzählen, was für ein dummes Luder er gefunden hat, das ihn im warmen Bett versteckt hat.«
    Anna zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Aber noch ehe sie Zeit fand, dem Bruder im Zorn ins Gesicht zu schreien, dass sie es bitter bereue, jemals für ihn und um seine baldige Heimkehr gebeten zu haben, war Matthias hinausgegangen.
    »Das werde ich mir merken«, schluckte sie und verbarg das Gesicht aufschluchzend mit den Händen.
    Matthias aber schlenderte, gemütlich vor sich hinpfeifend, in den Stall hinüber, wo er den Vater damit beschäftigt wusste, ein paar neue Bohlen aus Föhrenholz in den Stand der Haflingerstute einzupassen. Soeben

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