Lichtbringer - Lichtbringer
eben eingefallen, dass dieser Priester der Sonne schon vor mehr als einem Jahrtausend dasselbe gesagt hat wie du jetzt.«
Führte der Weg, den sie einschlagen wollte, wirklich zu dem Ziel, das dieser fanatische Priester vor Augen gehabt hatte ? Zur Auslöschung der Finstervölker? Frafa blickte unruhig auf ihre schmalen hellen Finger und fragte sich, ob ihre Verwandlung einen Schritt zu weit gegangen war; ob sie wohl Dinge dachte, deren Folgen sie gar nicht absehen konnte.
Nein. Nur die abergläubischen Fanatiker setzen die Götter mit ihren Anhängern gleich. Was auch immer Leuchmadan ist - wir Finstervölker teilen nicht mehr sein Schicksal. Wir haben unseren Geist, unsere Kultur längst von den alten Göttern befreit. Wenn diese Götter wirklich leben, ist es an der Zeit, dass wir auch unsere Welt von ihnen befreien.
»Dann nehme ich das einfach als weiteren Hinweis, dass ich auf der richtigen Spur bin«, erklärte sie entschlossen.
»Leute«, warf Biste der Wichtel gelangweilt ein. »Niemand redet heut noch über Leuchmadan. Elfen und Alben, zurück in die Wirklichkeit bitte! Lasst uns über ernsthafte Verschwörungen reden.«
»Das kleine Volk hat nicht unrecht.« Barsemias schaute Frafa an. »Überleg einmal: Der berühmte Theologe Caezo hat schon in alten Tagen Mutmaßungen über das Wesen des Leuchmadan angestellt. Wenn bis heute niemand eine Antwort darauf gefunden hat, wie können wir es dann erhoffen?«
»Ganz einfach«, sagte Frafa. »Weil wir hier sind. Das ist unser Vorteil gegenüber all denen, die in den letzten Jahrhunderten die Antwort auf diese Frage gesucht haben. Wir sind nicht länger auf theologische Spekulationen über das Wesen Leuchmadans angewiesen. Wir fliegen über eben den Himmel, von dem Leuchmadan herabkam. Wir können die Wahrheit sehen!«
Ihre Begleiter starrten sie verwirrt an. Biste schielte auf seine Handkonsole, Segga und Waldron hoben den Kopf und schauten blinzelnd in die Höhe.
»Es ist nur eine Legende«, stellte Wisbur fest. »Und sie besagt, dass Leuchmadan vor Äonen vom Himmel fiel. Selbst wenn das stimmt, bedeutet das, er ist jetzt nicht mehr hier!«
Frafa beugte sich zu Barsemias hin. Sie nahm seine Hände, sah ihm in die Augen. »Du siehst die ätherischen Ebenen«, sagte sie. »All die fein gefalteten Dimensionen unserer Welt.«
Barsemias nickte unsicher.
»Weißt du noch«, fuhr Frafa fort, »was ich über meine Entdeckungen in Leuchmadans Hort erzählt habe? Wie ich darangekommen bin? Die Auren von lebendigen Stoffen hinterlassen einen Abdruck im Äther, der die Zeiten überdauert. Wenn man nur feinfühlig genug ist, dann kann man sehen, was sich an einem Ort in vergangenen Zeiten zugetragen hat.«
»Wer dort gewesen ist ... vielleicht«, verbesserte Barsemias sie.
»Man sieht die Abbilder allen Lebens«, stellte Frafa richtig. »Wer, wenn nicht du, sollte in der Lage sein, noch die feinsten Muster im Äther zu erkennen?«
»Soll ich etwa Leuchmadan in der Vergangenheit verfolgen?« Barsemias löste seine Hände aus Frafas Griff. »Das ist unmöglich! Wir müssten Jahrtausende zurück, und jeder Abdruck, den Leuchmadan hinterlassen hat, muss seither von unzähligen anderen Geschöpfen überlagert worden sein. Wenn er überhaupt ein lebendes Wesen mit einer Aura war. Wenn es nichts weiter war als ein Stein, der vom Himmel fiel, dann hat er gar keine Abdrücke im Äther zurückgelassen.«
Frafa stand auf und reckte die Hände zum perlmuttfarbenen Firmament empor. Es wurde schon wieder blasser, während der Elfenwald auf die Nachtseite der Welt tauchte. »Schau, wo wir sind!«, rief sie. »Da draußen, nur einen Schritt von deinem Wald entfernt, beginnt die leblose Leere. Seit Anbeginn der Welt hat niemals eine Aura hier einen Abdruck im Äther hinterlassen, nicht bevor ihr euren Wald hierhergebracht habt.«
Sie beugte sich wieder zu dem Elf hinab. »Leben schafft eine Verbindung zur ätherischen Ebene, doch reine Magie tut das auch. Und was immer Leuchmadan war, wenn es ihn gab, wenn er tatsächlich vom Himmel gefallen ist: Niemand kann glauben, dass er keine Magie an sich hatte! In einem Äther, der so unberührt ist wie an diesem Ort, muss Leuchmadans Sturz eine Linie gebrannt haben, die sich durch die ganze Leere zieht. Schau dorthin, such die Spuren von Magie, und du wirst dem Weg folgen können, den Leuchmadan genommen hat.«
»Wenn wir es tun«, sagte Barsemias. »Was dann?«
Frafa sah ihn verständnislos an.
»Was tun wir mit dem Wissen, das
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