Lichtbringer - Lichtbringer
Wisbur gedämpft durch die Hand auf seinem Mund. Er entwand sich Barsemias' Griff und stürzte zum Fenster. Dort hüpfte er auf und ab, um über die Fensterbank hinweg auf die Straße blicken zu können. Vor dem Haus standen ein paar Menschen beisammen und flüsterten. Ansonsten war es ruhig geworden.
Wisbur rannte im Zimmer umher, schaute in den Schrank und unter das Waschbecken. »Ein Stuhl«, rief er. »Etwas zum Draufstellen. Muss rausschauen.«
Barsemias hielt den Gnom an der Schulter fest.
»Hör mir zu«, sagte er. »Du musst dich beruhigen. Ich habe dich aus dem Schlaf geholt, in den die Albe dich versetzt hat, aber ich bin nicht gut in diesen Dingen.«
»Sie hat uns eingeschläfert und zurückgelassen«, sagte der Gnom. »Sie ist allein fortgegangen - wie konnte sie nur! Wir sind Knochenmesser, Knochenmesser sind wir, und wir sollten sie begleiten, und sie hat uns einfach zurückgelassen und jetzt - was ist eigentlich passiert?«
»Ich weiß es nicht genau. Es gab einen Tumult auf der Straße, kurz nachdem die Albe gegangen ist. Als ich zum Fenster kam, lag sie schon da, und diese vierschrötigen Gesellen kamen auf sie zu. Der eine hatte ein riesiges Gewehr ...«
Barsemias erzählte hastig, was er beobachtet hatte.
»Diese Leute mit dem Gewehr...« Wisbur kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr. »Was du da beschreibst, sieht mir nicht nach Frettchen aus ...«
»Nein, natürlich nicht.« Barsemias war verwirrt. »Habe ich von Frettchen geredet? So ein Blödsinn. Es waren natürlich Menschen. Wie zum Abgrund kommst du auf Frettchen?«
»Na, Frettchen«, erwiderte Wisbur. »Greifer, Tentakel, Meister Stielauge ... Polizisten eben. Und das gerade waren keine. Kopfgeldjäger, vermute ich.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Barsemias. »Warum hat niemand nach uns geschaut?«
»Frafa hat es doch gesagt. Keiner sucht uns.« Wisbur atmete mehrmals tief durch und schien ruhiger zu werden. »Wir sollten trotzdem verschwinden. Irgendwann wird jemand Fragen stellen und auf uns aufmerksam werden. Wir müssen die beiden Knaben da wohl wecken. Auch wenn wir das vermutlich bald bereuen werden.«
Barsemias nickte. Er kümmerte sich um die übrigen Gnome. Wisbur sprang auf das zweite Bett.
»Kopfgeldjäger übergeben ihre Beute gern lebend«, sagte er nachdenklich. »Das gibt meist eine höhere Prämie und weniger Ärger. Sie werden Frafa bei der Polizei abliefern und darauf warten, bis ihre Ansprüche geklärt sind. Das kann ein paar Tage dauern.«
Langsam kamen die beiden anderen zu sich. Waldron gähnte.
»Frafa kann bestimmt entkommen«, sagte Barsemias. »Eine Zauberin von ihrem Ruf...«
»Der Ruf wird ihr nicht viel helfen«, stellte Wisbur fest. »Im Gegenteil. Natürlich kommen die Frettchen mit Zauberern klar. Sonst wär die Union voll von kriminellen Sprücheklopfern. Was sie vermutlich auch ist ... Bei unserer Albe dürften sie allerdings besonders gut darauf achten, dass sie genug von dem Zeug bekommt, mit dem man die Magie lähmt. Vermutlich haben die Kopfgeldjäger ihr schon eine Ladung verpasst.«
Wisbur spielte mit seiner Blaspistole.
»Was'n los?«, lallte Segga. »Kann mein' Füß nicht bewegen ... Oh, kann ja doch. Isse Albe weg? Bringse um ...«
Wisbur wartete, bis Barsemias seine beiden Gefährten wach bekommen hatte. Dann wiederholte er kurz, was er wusste, und forderte Barsemias auf, ihn zu verbessern oder zu ergänzen, wenn er etwas übersehen hatte.
»Was auch immer uns zusammengeführt hat«, stellte Barsemias am Ende fest. »Ich würde sagen, damit ist es vorbei.«
»Überhaupt nicht«, widersprach Wisbur. Er stützte den Lauf seiner Pistole gegen das Bett. »Wir suchen uns eine sichere Basis. Dann finden wir einen Weg, die Albe aus dem Gefängnis zu holen.«
Waldron meldete sich zu Wort: »Warum sollten wir sie rausholen? Sie hat deutlich gesagt, dass sie fertig ist mit uns. Ich bin auch fertig mit ihr. Soll das großkotzige Spitzohr ruhig selbst aus dem Knast spazieren, wir schulden ihr nichts.«
»Nein«, sagte Wisbur. Er stieß die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und unterstrich sie mit einer Geste seiner Waffe. »Wir schulden ihr nichts. Wir tun das nicht für sie, nicht einmal, um ihr etwas zu beweisen. Wir tun das, weil wir Knochenmesser sind, egal was sie glaubt. Wir sind richtige Knochenmesser mit einem Auftrag. Und darum bringen wir diese Albe zum Elfenwald, selbst wenn wir dafür die ganze Polizeitruppe in diesem Provinznest niederschießen
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