Lichterspiele
hingerissen von Emma. Er ging voran zu dem klei neren Tisch, rückte ihr den Stuhl zurecht, gab jedem eine riesige Speisekarte, die mit Tinte in einem undefinierbaren Lila geschrieben war, und ging zwei Gläser Tio Pepe holen, während sie aussuchten, was sie essen wollten.
Robert sagte: „Meine Aktien bei Marcello dürften gestiegen sein. Ich glaube, ich habe noch nie mit einem Mädchen hier gegessen.“
„Mit wem kommen Sie sonst immer her?“
„Allein. Oder mit Marcus.“
„Wie geht's Marcus?“ Ihre Stimme war herzlich.
„Gut geht's ihm. Er wird es bestimmt bedauern, Sie verpaßt zu haben.“
„Es ist meine Schuld. Ich hätte ihm schreiben sollen, daß ich komme. Aber wie Sie vermutlich schon gemerkt haben, verstehen wir Littons uns nicht besonders gut darauf, irgendwen rechtzeitig über irgendwas zu informieren.“
„Aber Sie wußten, daß Ben wieder in Porthkerris ist.“
„Ja. Marcus hat es mir geschrieben. Und ich weiß alles über die Ausstellung, weil ich in Realites einen Artikel darüber gelesen habe.“ Sie lächelte gequält. „Die Tochter eines berühmten Vaters zu sein hat durchaus einige Vorteile. Auch wenn er nie was anderes schickt als Telegramme, kann man meistens in der einen oder anderen Zeitung lesen, was er so treibt.“
„Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“
„Oh“, sagte sie achselzuckend. „Vor zwei Jahren. Ich war in Florenz, und er hat dort auf dem Weg nach Japan kurz Station gemacht.“
„Ich wußte gar nicht, daß man über Florenz kommt, wenn man nach Japan will.“
„O ja, wenn man zufällig eine Tochter hat, die dort lebt.“ Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hand.
„Ich nehme an, Sie wußten nicht mal, daß Ben eine Tochter hat.“
„Doch, natürlich wußte ich das.“
„Aber ich wußte nichts von Ihnen. Ich meine, ich wußte nicht, daß Marcus einen Partner hat. Er war noch allein, als Ben nach Texas ging und ich in die Schweiz verfrachtet wurde.“
„Ungefähr um die Zeit bin ich bei Bernstein eingestiegen.“
„Ich... ich bin noch nie jemandem begegnet, der weniger nach einem Kunsthändler aussieht. Als Sie, meine ich.“
„Vielleicht, weil ich kein Kunsthändler bin.“
„Aber... Sie haben doch eben diesem Mann Bens Bild ver kauft.“
„Nein“, korrigierte er sie. „Ich habe bloß den Scheck entgegen genommen. Marcus hatte es ihm schon vor einer Woche verkauft, aber das hat nicht mal Mr. Cheeke gemerkt.“
„Aber Sie müssen doch was von Malerei verstehen.“
„Ja, sicher. Man kann nicht all die Jahre mit Marcus arbeiten, ohne daß etwas von seinem profunden Wissen abfärbt. Aber eigentlich bin ich Geschäftsmann, und deswegen hat Marcus mich aufgefordert, mich mit ihm zusammenzutun.“
„Aber Marcus ist der erfolgreichste Geschäftsmann, den ich kenne.“
„Genau. So erfolgreich, daß der ganze Galeriebetrieb ihm zu groß wurde, um allein damit fertig zu werden.“
Emma betrachtete ihn mit einer leichten Falte zwischen ihren markanten Brauen.
„Noch weitere Fragen?“
Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Waren Sie schon im mer ein guter Freund von Marcus?“
„In Wirklichkeit wollen Sie fragen, warum hat er mich in die Firma aufgenommen? Und die Antwort ist, Marcus ist nicht nur mein Partner, sondern auch mein Schwager. Er ist mit meiner älte ren Schwester verheiratet.“
„Helen Bernstein ist Ihre Schwester?“
„Sie kennen Helen?“
„Aber natürlich. Und den kleinen David. Wie geht es ihnen? Grüßen Sie sie von mir, ja? Ich bin früher immer bei ihnen gewesen, wenn Ben nach London kam und er mich in Porthkerris bei niemandem unterbringen konnte. Und als ich in die Schweiz ging, haben Marcus und Helen mich ins Flugzeug gesetzt, weil Ben schon nach Texas abgereist war. Werden Sie Helen erzählen, daß ich zu Hause bin und daß Sie mich zum Mittagessen eingeladen ha ben?“
„Ja, natürlich.“
„Haben sie noch die kleine Wohnung in der Brompton Road?“
„Nein. Als mein Vater starb, sind sie zu mir gezogen. Wir woh nen alle in dem alten Haus unserer Familie in Kensington.“
„Sie wohnen alle zusammen?“
„Zusammen und getrennt. Marcus, Helen und David bewohnen die ersten zwei Etagen, die alte Haushälterin meines Vaters wohnt im Souterrain, und ich hause im Dachgeschoß.“
„Sie sind nicht verheiratet?“
Er wirkte einen Moment verblüfft. „Hm, nein, bin ich nicht.“
„Ich war überzeugt, daß Sie verheiratet sind. Sie sehen ausge sprochen
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