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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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hoffnungsvoll, weil sie dachte, er würde Bens Rückkehr ankündigen, aber Marcus teilte ihr lediglich mit, daß er allein nach London zurückgekehrt und Ben in Queenstown geblieben war.
     
     
    Das Ryan Memorial Museum ist faszinierend, und wenn ich gekonnt hätte, wäre ich auch geblieben. Es umfaßt alle Kunstarten, es hat ein kleines Theater, einen Konzertsaal und eine Sammlung von russi schem Schmuck, die man gesehen haben muß, um sie für möglich zu halten. Queenstown selbst ist reizend, lauter rote Backsteinhäuser im georgianischen Stil, von grünem Rasen umgeben und hinter blühen den Büschen verborgen... Sie sehen alle aus, als stünden sie hier seit mindestens zweihundert Jahren, aber ich habe tatsächlich eins im Bau gesehen, der Fertigrasen wurde sodenweise ausgelegt, die Büsche voll ausgewachsen gepflanzt. Ein warmes, mildes Klima schafft eben un geahnte Möglichkeiten.
    Redlands (der Wohnsitz der Ryans) ist ein großes weißes Haus mit einer säulenbestandenen Veranda, wo Ben im Liegestuhl sitzt und sich von einem farbigen Butler namens Henry Mint Juleps servieren läßt. Henry kommt täglich in einem lila Chevrolet zur Arbeit und hofft in nicht allzu ferner Zukunft Rechtsanwalt zu werden. Er ist ein intel ligenter junger Mann und dürfte sein Ziel wohl erreichen. Mehrere Tennisplätze sind auch vorhanden, eine Koppel voll temperamentvoller Pferde und der unvermeidliche Swimmingpool. Wie Du Dir denken kannst, reitet Ben nicht und spielt auch nicht Tennis, sondern schwimmt stundenlang auf einer Luftmatratze im Pool herum. Ne benher ist er damit beschäftigt, die Ausstellung durch ein bißchen Lokalkolorit zu ergänzen. Ich bedaure, daß er so lange von Dir wegbleibt, meine aber, daß er diese Erholung sehr nötig hat. Er hat die letzten Jahre hart gearbeitet, und ein wenig Entspannung wird ihm nicht schaden. Wenn Du Dich einsam fühlst - unsere Einladung gilt nach wie vor. Wir würden uns wirklich freuen, Dich bei uns zu ha ben.
    Alles Liebe - immer Dein
    Marcus
     
     
    Das Anstreichen war erledigt, der Fußboden des Ateliers ge schrubbt. Bens Zeichnungen waren in numerierten Mappen ver staut. Seine Stifte und Pinsel waren sortiert und diverse Tuben eingetrockneter Ölfarbe, einmal benutzt und dann vergessen, heimlich in den Abfalleimer geworfen worden.
    Es gab nichts mehr zu tun.
    Er war zwei Wochen fort, als die Postkarte von Christopher kam. Emma stand in der Küche, kochte Kaffee und preßte Orangen aus, noch im Morgenrock, die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, als der Briefträger, ein frecher junger Mann mit offenem Hemdkragen, den Kopf zur Tür hereinsteckte und sagte: „Na, wie geht's uns heute morgen, meine Süße?“
    „Bestens, danke“, sagte Emma, die sich mit seinen Vertraulich keiten mittlerweile abgefunden hatte.
    Er warf ihr einen Packen Briefe zu. „Alle für Ihren alten Herrn. Aber... hier ist eine Postkarte für Sie.“ Er betrachtete das Bild, be vor Emma sie ihm entriß. „Diese Dinger sind so ordinär; ich versteh nicht, warum die Leute so was kaufen.“
    „Das glaub ich Ihnen gern“, sagte Emma barsch. Sie warf kaum einen Blick auf die füllige Frau im Bikini, bevor sie die Karte umdrehte, um zu sehen, von wem sie kam. Sie war in Brookford abge stempelt.
     
     
    Emma, Liebling, wann kommst Du mich besuchen? Ich kann nicht zu Dir kommen, weil wir bis über die Ohren in den Proben für Dead an Time stecken. Ruf mich in Brookford an, Tel. 678, am besten gegen zehn Uhr morgens, bevor wir mit der Arbeit anfangen. Der Regisseur ist ein netter Kerl, der Inspizient ein Ekel, alle Mädchen haben Pickel und sind nicht so hübsch wie Du.
    In Liebe, Liebe, Liebe,
    Christo
     
     
    Die nächste Telefonzelle war anderthalb Kilometer entfernt, deshalb ging Emma die Straße hinunter zu der windschiefen Lebens mittelhandlung, wo sie Zigaretten, Konserven und Seifenflocken kaufte, und benutzte dort das Telefon.
    Es war ein altmodischer Apparat, der aus zwei separaten Teilen bestand, mit einer Gabel, an der man rütteln mußte, um die Vermittlung zu bekommen. Sie setzte sich auf einen Bierkasten und wartete, während das Gespräch durchgestellt wurde. Eine grauweiße Katze, dick wie ein Polsterkissen, schlich heran und legte sich erschöpft auf Emmas Knie.
    Endlich meldete sich eine mürrische Frauenstimme. „Theater Brookford.“
    „Kann ich Christopher Ferris sprechen?“
    „Ich weiß nicht, ob er schon da ist.“ „Könnten Sie mal nachsehen?“
    „Oh, ich denke schon. Wer ist

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