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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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vollgehängt.
    Gleich hinter der Tür saß, eine Decke auf den Knien, eine Frau mit einem Filzhut. Neben ihr stand ein Holztisch mit Katalogen und einer Schale für das Geld, an der anderen Seite stand der Ölofen, an dem sie sich die Hände, deren Knöchel lila gefärbt waren, zu wärmen versuchte.
    „Oh, schließen Sie die Tür, bitte schließen Sie die Tür“, flehte sie, als Robert mit einem Windstoß hereingefegt kam. Er lehnte sich gegen die Tür, schloß sie und fingerte ein paar Münzen aus der Hosentasche. „So ein eisiger Tag“, fuhr sie fort, „und das soll nun Som mer sein. Sie sind mein erster Besucher heute nachmittag. Sie sind doch ein Besucher? Ihr Gesicht hab ich hier noch nie gesehen.“
    „Nein, ich war noch nie hier.“
    „Wir haben eine hochinteressante Sammlung hier - Sie nehmen natürlich einen Katalog. Noch einmal fünfundzwanzig Pence, bitte. Aber Sie werden mir gewiß zustimmen, die Investition lohnt sich.“
    „Danke“, sagte Robert matt.
    Er nahm den Katalog, den dasselbe Hand-Auge-Motiv zierte wie das Plakat draußen, schlug ihn auf und ließ seinen Blick über die Liste der Künstler gleiten.
    „Suchen Sie... äh... einen bestimmten Künstler?“ Der Frau am Tisch gelang es, zaghaft zu klingen, aber sie hatte ein neugieriges Leuchten in den Augen.
    „Nein... eigentlich nicht.“
    „Nur allgemein interessiert, nehme ich an. Wohnen Sie in Porth kerris?“
    „Ja.“ Bloß keine längere Unterhaltung. „Vorübergehend.“
    Er ließ sich Zeit, schlenderte durch den langgestreckten Raum, heuchelte Interesse für jedes Bild. Er hatte den Namen gefunden, Pat Farnaby. Nummer 24. Die Reise, von Pat Farnaby. Er blieb lange vor Nummer 23 stehen, dann ging er weiter.
    Die Farbe sprang ihn förmlich an. Er hatte das Gefühl, auf einem Berggipfel zu stehen und hinunterzuschauen, ein Gefühl wie ein Schwindelanfall. Und gleichzeitig ein erhebendes Gefühl, als wäre er über den Wolken, gefangen, schwebend zwischen dem Blau und dem Weiß.
    Du mußt hin, hatte Marcus gesagt. Ich möchte, daß du dir selbst ein Urteil bildest. Du kannst nicht den Rest deines Lebens bloß die Bücher führen. Außerdem würde ich gerne deine Reaktion sehen.
    Und dies war sie nun. Diese reine, erhabene Empfindung purer Farbe.
    Bald darauf kehrte er zu der aufdringlichen Frau zurück. Er war sich bewußt, daß sie ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Jetzt sah sie ihn mit glänzenden Augen an wie ein gieriges Rotkehlchen, das auf einen Brotkrümel wartet.
    „Haben Sie nur ein Exponat von Pat Farnaby?“
    „Leider ja. Es war alles, was wir ihm abschwatzen konnten.“
    „Er wohnt hier in der Gegend, nicht?“
    „O ja. Draußen in Gollan.“
    „Gollan ?“
    „Ungefähr zehn Kilometer von hier, an der Straße, die durch die Heide führt. Auf einem Bauernhof.“
    „Sie meinen, er ist Bauer?“
    „O nein.“ Sie lachte. Ausgelassen, dachte Robert, als befolge sie die Regieanweisungen in einem altmodischen Theaterstück. „Er wohnt auf dem Heuboden über der Scheune.“ Sie nahm ein Stück Papier und schrieb eine Adresse auf. „Wenn Sie ihn besuchen wollen, werden Sie ihn sicher hier antreffen.“
    Er nahm den Zettel an sich. „Haben Sie vielen Dank.“ Er steuerte auf die Tür zu.
    „Aber wollen Sie sich den Rest der Ausstellung nicht ansehen?“
    „Vielleicht ein andermal.“
    „Sie ist wirklich sehr interessant.“ Sie hörte sich an, als würde es ihr das Herz brechen, wenn er sich nicht noch ein paar Bilder ansähe.
    „Ja, sicher. Aber ein andermal.“ In diesem Moment fiel ihm Emma Litton ein. Die Tür am Türknauf, drehte er sich um. „Sagen Sie, Ben Littons Haus... ist es hier in der Nähe? Das Haus, meine ich, nicht das Atelier?“
    „O ja, es ist gleich um die Ecke. Etwa hundert Meter die Straße hinunter. Es hat ein blaues Tor. Sie können es nicht verfehlen. Aber Sie wissen, daß Mr. Litton nicht zu Hause ist?“
    „Ja, das weiß ich.“
    „Er ist in Amerika.“
    „Ja, das weiß ich auch.“
     
    Es regnete noch immer in Strömen. Robert stieg wieder ins Auto, ließ den Motor an und lenkte den Wagen vorsichtig eine Straße hinunter, die so schmal war wie ein Graben. Vor dem blauen Tor stieg er aus, ging durch das Tor und eine Treppe hinunter, die zu einem gepflasterten Hof führte, wo Kübel mit überfluteten Pflanzen stan den und eine Holzbank sich langsam in der Feuchtigkeit auflöste. Das Haus selbst war langgestreckt und niedrig, einstöckig, aber die schiefen Dächer und ungleichen

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