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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Höflichkeiten. »Ich weiß nicht, was du für deine Hilfe verlangst, aber ich habe kein Geld. Und ich werde meine Hose nicht noch einmal für dich ausziehen, falls du das dachtest.«
    Der Mann lächelte verlegen. »Nein, das darfst du nicht falsch verstehen. Ich verlange überhaupt nichts von dir. Ich möchte bloß, dass du sicher nach Hause kommst.« Er trat einen Schritt auf sie zu. »Du scheinst ein kesses Mädel zu sein, solche Frauen imponieren mir.« Sein Blick glitt über ihre löchrige Hose. »Zu schade, dass du dich nicht deiner natürlichen Schönheit entsprechend kleidest.«
    Jil schnaubte. »Meine Familie ist arm. Ich kann mir weder teure Kleidung noch Parfum leisten. Ich bin kein Umgang für dich. Und ich kann schnell laufen, ich werde schon allein nach Hause kommen. Mach dir keine Sorgen.«
    Sein Gesicht verzog sich zu einem schelmischen Lächeln. »Kannst du nicht einfach ein Kompliment annehmen? Ist es denn so schwer für dich? Ich wollte nur höflich sein. Mir scheint, dir ist es unangenehm, wenn jemand freundlich zu dir ist. Du musst wahrlich kein schönes Leben führen.«
    Jil verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte ihn mit einem anklagenden Blick. »Wenn du höflich wärest, hättest du mir deinen Namen genannt.«
    »Ich entschuldige mich vielmals. Mein Name ist Cryson.« Er deutete eine Verbeugung an. »Und wie heißt du?«
    »Jil.«
    »Ein einfacher, aber kräftiger Name. Freut mich, dich kennenzulernen, Jil.«
    Jil fehlten zum ersten Mal in ihrem Leben die passenden Worte. Alles, was sie zustande brachte, war ein Nicken.
    »Nun, hübsches Mädchen Jil, wenn du tatsächlich keinen Geleitschutz haben willst, dann lass mich dir wenigstens etwas schenken.« Er steckte seine Hand in die Innentasche seines teuren Mantels und zog einen kleinen Gegenstand heraus. Er blitzte im Mondlicht und war beinahe so groß wie Jils Hand. Wie gebannt starrte sie auf dieses Ding, das aussah, als hätte jemand mehrere Metallröhrchen aneinander geklebt. Er drückte ihr das Teil in die Hand. Es war schwer.
    »Was ist das und was soll ich damit?«, fragte Jil. Es war ihr unangenehm, etwas geschenkt zu bekommen.
    »Das ist ein Musikinstrument. Eine Flöte.« Er nahm Jils Hand und schloss sie um das Instrument, dann führte er sie sachte an Jils Mund heran. Nach einigen Versuchen schaffte sie es, durch Blasen in das eine Ende des Instruments einen sauberen Ton zu erzeugen.
    »Es ist wunderschön, aber das kann ich nicht annehmen.«
    »Doch, das kannst du. Verliere die Flöte nicht. Sie ist wertvoll. Wenn du wieder einmal Hilfe benötigst, kannst du darauf spielen.« Er zwinkerte ihr zu.
    Jil stieß ein keuchendes Lachen aus. »Und dann kommt der Geist aus der Lampe, um mir zu helfen?«
    Cryson verdrehte die Augen. »Natürlich nicht. Nimm das Geschenk bitte an. Einer hübschen Frau macht man doch Geschenke.«
    Jil spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Es war ein Gefühl, das sie nicht kannte. Sie steckte die Flöte in ihre Hosentasche.
    »Dann bedanke ich mich dafür.« Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Bist du von der Polizei?«
    Cryson runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn darauf? Hast du etwas zu verbergen?«
    Jil schüttelte den Kopf. »Zumindest jetzt gerade nicht.« Cryson nickte wissend. »Nun geh schnell heim, kleine Jil.« Er wandte sich ab und winkte ihr über die Schulter hinweg noch einmal zu. Den ganzen Heimweg lang dachte Jil unentwegt darüber nach, was ein wohlhabender Mann in der Nacht am Hafen zu suchen hatte. Ein gutaussehender wohlhabender Mann noch dazu. Zudem konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass er sie noch immer verfolgte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, aber es war kein Schauer der Angst, sondern ein Schauer der freudigen Verlegenheit.

Kapitel 2
     
    Waren das etwa dunkle Schatten, die da so unverblümt ihre Augen umspielten? Und hat es sie schon immer gegeben?
    »Meine Güte, ich sehe schrecklich aus.« Jil schlug mit der flachen Hand auf die Wasseroberfläche und zerstörte ihr Spiegelbild. Dann tauchte sie beide Arme bis zu den Ellenbogen in den gefüllten Eimer und benetzte ihren gesamten Kopf mit Wasser. Es war eiskalt. Sie würde dringend mehr schlafen müssen, wenn sie nicht wollte, dass ihr Körper bald seinen Dienst versagte. Wieder einmal hatte sie der Gockel von nebenan aus den Federn gescheucht, aber die Schuld an ihrem Zustand gab Jil diesmal einzig und allein sich selbst.
    Sie nahm das Tütchen mit dem Haarwaschpulver, das sie aus

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