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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Ufer hinauf und versuchte, so schnell wie möglich die Felsen zu erklimmen und die Straße zu erreichen. Ihre Nacktheit kümmerte sie nicht weiter, abgesehen von dem kühlen Wind, der ihr auf der nassen Haut eine Gänsehaut bescherte. Sie wollte von diesem Ort verschwinden, alles andere war ihr egal. Notfalls würde sie auch nackt nach Hause laufen, auch wenn sie ihrem Vater dann endgültig den Beweis für seine Anschuldigung lieferte, sie würde sich prostituieren.
    Jil hätte sich denken müssen, dass der Kerl sie niemals kampflos würde gehen lassen. Schon spürte sie eine Hand an ihrem Knöchel. Mit dem freien Fuß trat Jil um sich, traf jedoch nur Luft. Mit roher Gewalt zerrte der Mann an ihrem Fuß, bis Jil den steilen Hang hinunter glitt. Steine schlugen ihr mehrmals gegen Knie und Ellenbogen, die Haut an ihren Händen schürfte ab. Der Mann griff um ihre Taille, er roch nach Schnaps und Schweiß. Jil stieß einen Schrei aus. Dies war nicht der Moment für falsche Eitelkeiten. Sie wand sich in seinem Arm, trat ihm vor die Beine und krallte sich in seine Haare, doch der Kerl gab nicht auf. Jil rechnete mit dem Schlimmsten. Weshalb nur war sie so unvorsichtig gewesen? Dieser Fehler hätte ihr niemals unterlaufen dürfen.
    »Lass mich los, du Penner!«
    Seine rechte Hand packte und knetete ihre Brust. Ein Ekelgefühl überwältigte Jil, bis ihr übel wurde. Sie wollte nur noch nach Hause.
    Jil hatte die Augen bereits in Erwartung des Unumgänglichen geschlossen, als der Kerl sie plötzlich losließ und ein ersticktes Keuchen ausstieß. Jil taumelte zur Seite und prallte gegen einen Felsen. Im Mondlicht beobachtete sie, dass sich eine weitere Person genähert hatte und damit beschäftigt war, dem ungehobelten Rüpel mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Der Getroffene schrie auf, fuhr sich mit der Hand ins Gesicht und kroch dann den Hang hinauf. Binnen weniger Sekunden war er verschwunden. Jil hörte seine sich entfernenden Schritte auf der Straße. Der Mann, der ihn verjagt hatte, war groß, beinahe ein Riese. Jil schätzte, dass er mehr als zwei Yards maß. Seine Schultern waren breit, seine langen dunklen Haare waren zu einem Zopf gebunden. Vorsichtig näherte er sich Jil und streckte ihr eine seiner massigen Hände entgegen. Zögernd ließ sie sich auf die Beine helfen. Sie war noch immer nackt, aber niemals zuvor hatte sie sich so erleichtert gefühlt. Sie hob den Blick. Der Mann, der mit einem milden Lächeln im Gesicht vor ihr stand, räusperte verlegen.
    »Ich habe dich schreien gehört.« Seine Stimme glich einem tiefen Schnurren. »Es tut mir leid, das ist sicher keine schöne Situation, um sich kennenzulernen.«
    »Ist schon gut. Danke.« Jil nahm ihre Kleidung vom Boden auf und schlüpfte zuerst in ihre Hose. Wenigstens war ihre Haut mittlerweile trocken. Sie spürte die Blicke des Fremden auf ihrem Körper. Er untersuchte sie mit den Augen, schien jede Narbe und jede Unebenheit in sich aufzusaugen und sich ins Gehirn zu brennen. Es war fast vollkommen dunkel, trotzdem hatte Jil das Gefühl, dass er sie ganz genau beobachtete. Hastig zog sie ihr Hemd über und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht.
    »Was hast du denn allein um diese Zeit am Hafen verloren? Das ist keine sichere Gegend für eine junge Frau«, sagte er.
    Jil musterte den Mann. Er war gut gekleidet und verströmte einen Geruch nach teurem Parfum. Sie wusste nicht weshalb, aber sie fühlte sich von diesem Koloss keineswegs bedroht. Er strahlte Ruhe und Selbstsicherheit aus.
    »Ich bin im Meer geschwommen. Es war eine dumme Idee.«
    »Allerdings. Aber weshalb mitten in der Nacht?«
    Jil rechtfertigte sich von Natur aus nicht gerne, aber sie glaubte, dass sie ihrem Retter eine Antwort schuldig war.
    »Ich habe auf einen Freund von mir gewartet, aber er ist nicht gekommen. Er wohnt dort oben in der alten Scheune.«
    Jil sah in den Augen des Mannes kurz etwas aufblitzen, das sie nicht zu deuten imstande war. Es war, als läge Wissen in seinem Blick.
    »Er wird bestimmt wiederkommen. Mach dir keine Sorgen.«
    »Ich gehe jetzt besser nach Hause.« Jil verspürte nicht den Drang, sich weiter mit ihm zu unterhalten.
    »Ich könnte dich heimbringen«, sagte er, als Jil sich bereits zum Gehen abwandte. Sie drehte sich noch einmal um.
    »Woher soll ich wissen, ob du nicht die gleichen Absichten hegst wie der Kerl, den du verjagt hast?« Da der fremde Mann ihr von sich aus sofort das du angeboten hatte, sah sie keinen Grund für

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