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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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riesige Fabrikhalle anmutete. Die Decke des Raumes befand sich geschätzte dreißig Yards über ihren Köpfen. Wie lang diese Halle war, vermochte Jil nicht zu beurteilen, denn im spärlichen Licht versagten ihre Augen. Die Wände waren grob in den Stein gemeißelt, zahlreiche rostige Rohre verliefen kreuz und quer durch die gesamte Anlage. Es roch nach Feuer und Metall, die Luft war stickig und feucht. Was Jil jedoch am meisten faszinierte, waren die riesigen viereckigen Steinsäulen, die sich vom Boden bis zur Decke zogen und etwa fünf bis zehn Yards im Durchmesser maßen. Jil zählte fünf dieser Gebilde. In regelmäßigen Abständen hatte der Künstler, oder wer auch immer dafür verantwortlich war, Fenster in den Stein dieser Türme geschlagen. An der Außenseite der Säulen verliefen Schienen, wie Jil sie von den Straßenbahnen kannte, senkrecht von oben nach unten. Daran klebte förmlich etwas, das Jil entfernt an eine Straßenbahn erinnerte, jedoch weder in Form und Farbe mit einer zu vergleichen war. Es war so groß wie eines der neuartigen Automobile, aber ringsum komplett geschlossen. Es bestand wie fast alles in dieser Höhle aus Metall und war mit Zahnrädern bestückt.
    Erst als Jil es schaffte, ihren Blick davon loszureißen, bemerkte sie, dass außer Cryson und ihr noch andere Menschen in der Halle unterwegs waren. Sie würdigten dem ungleichen Paar keines Blickes.
    Jil zuckte unmerklich zusammen, als ein lautes Zischen ertönte, eine Dampfwolke aufstieg und sich eines der Schienenfahrzeuge in Bewegung setzte. Es raste mit hoher Geschwindigkeit auf den Erdboden zu und bremste dann abrupt ab. Cryson zerrte Jil an der Hand hinter sich her und steuerte direkt auf das blecherne Gerät zu.
    Plötzlich spürte Jil ihr Herz bis zum Hals schlagen. Es war, als wäre sie aus einem schlechten Traum erwacht, denn mit einem Mal wurde ihr wieder bewusst, dass Cryson sie gegen ihren Willen hierher gebracht hatte.
    Eine Tür öffnete sich mit einem blechernen Geräusch.
    »Das ist ein Fahrstuhl. Davor hast du doch etwa keine Angst?« Cryson klang amüsiert, was in Jil wiederum eine unbändige Wut entfesselte. Sie befand sich in einer Welt jenseits ihres Vorstellungsvermögens, man hatte sie gewaltsam hierher gebracht und ihr den wahren Grund dafür vorenthalten. War es nicht nur allzu menschlich, Angst zu spüren? Die Wut und der Hass auf Cryson verdrängte dieses Gefühl kurzzeitig. Jil riss ihre Hand los und wandte sich ab.
    »Ich kann das alles nicht mehr lustig finden. Bitte bring mich nach Hause. Du hattest deinen Spaß.«
    Cryson hielt sie an der Schulter zurück. Jil hatte nicht erwartet, dass er sie gehen ließ, aber sie hatte noch den Funken einer Hoffnung, dass er vielleicht doch noch zu Verstand käme.
    Jil fuhr herum und schlug mit ihrer ganzen Kraft gegen seine Schulter. Er wankte nicht einmal. »Cryson, ich meine es ernst. Lass mich endlich in Ruhe, du Scheusal.«
    Im Augenwinkel beobachtete Jil, dass eine fremde Person an ihnen vorbei huschte. Es war nicht viel mehr als die Wahrnehmung eines Luftzuges. »Cryson, wen hast du jetzt wieder mitgebracht?«, fragte eine männliche Stimme. Ein kurzes Lachen ertönte. »Lässt du dich von einer Menschenfrau vorführen?«
    Cryson ignorierte seine Worte, packte Jil an den Oberarmen und schüttelte sie. Seine Augen funkelten gelblich. Jil spuckte ihm ins Gesicht. Einen kurzen Moment lang ließ der Druck auf ihre Arme nach. Sie wollte ausholen, um ihm gegen das Schienbein zu treten, aber Cryson umfasste ihre Taille und warf sie sich in einer übermenschlich schnellen Bewegung über die Schulter.
    »Stell dich nicht so kindisch an«, knurrte er. »Überall hast du es besser als bei dir zuhause. Du wirst es bald merken.«
    Mit diesen Worten betrat er den Fahrstuhl, dessen Tür sich sogleich hinter ihnen schloss. Dunkelheit umfing sie. Jil spürte, wie sich das ungewöhnliche Schienenfahrzeug in Bewegung setzte. Nur einen Lidschlag später öffnete sich die Tür erneut, ebenso eine Öffnung im Gestein der Säule, die zuvor nicht sichtbar gewesen war. Cryson betrat den dahinter liegenden Raum. Es war nur ein einziges Zimmer dessen Ausmaße dem Umfang der Säule entsprachen. Cryson warf Jil auf ein Bett. Das Innere des Raumes hatte nichts mit der primitiv wirkenden Fassade des Turmes gemein. Die Wände waren mit Seidentapeten ausgekleidet, auf dem Boden lagen Tierfelle. Das riesige Bett, auf dem Jil nun lag, war weich und mit einem Himmel aus roter Seide

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