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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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gab, musste sie zugeben, dass sie den Luxus genoss. Wenn sie nachts auf ihrer weichen Matratze lag, dachte sie manchmal an Dana und ihren Vater. In diesen Momenten schämte sie sich. Sollte sie nicht froh darüber sein, dieses Leben hinter sich gelassen zu haben?
    Es klopfte. Jil antwortete nicht, trotzdem wurde die Tür geöffnet. Ohne sich umzudrehen wusste Jil, dass es Cryson war. Der Geruch seiner Haut war unverwechselbar. Cryson besuchte sie in unregelmäßigen Abständen und leistete ihr für eine Weile Gesellschaft, wich ihren bohrenden Fragen jedoch stets aus. Jil hatte mittlerweile resigniert.
    »Was möchtest du?«, fragte Jil mit kalter Stimme.
    »Mich erkundigen, wie es dir geht.« Seine angenehme Stimme jagte ihr immerzu einen Schauer über den Rücken.
    »Wie ich sehe, hast du ein Bad genommen?«, fragte er.
    Jil antwortete nicht, sie wandte ihm nicht einmal den Kopf zu.
    »Ich möchte, dass es dir gut geht«, fuhr er fort. Jil hörte, wie er sich auf das Bett fallen ließ.
    »Dann lass mich gehen«, fauchte sie. Langsam drehte sie sich im Stuhl um. Cryson saß auf der Bettkante, seine breiten Schultern umspielte ein eng anliegendes Hemd aus teurem Stoff. Die langen dunklen Haare fielen ihm offen auf den Rücken. »Das kann ich nicht. Aber so lange du dich in Sedhia aufhältst, soll es dir an nichts mangeln.«
    »Mir mangelt es aber an etwas.« Jil spürte, wie ihr das Blut vor Wut und Verzweiflung in den Kopf stieg. »Ich lebe hier in einem goldenen Käfig. Seit Tagen habe ich die Sonne nicht mehr gesehen. Mir ist langweilig und ich verlange nach Antworten.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und presste die Lippen aufeinander, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
    »Ich liebe es, wenn du dich so aufregst.«
    Jil atmete nun bewusst langsam. Sie musste sich beherrschen, nicht aufzuspringen und ihm an die Gurgel zu gehen, zumal sie sich damit ohnehin nur lächerlich gemacht hätte. Cryson war stark, stärker als jeder Mensch, dem sie bislang begegnet war.
    Er seufzte. »Ich kann dir einen Kompromiss anbieten. Zieh dich an und dann unternehmen wir etwas.«
    Jil runzelte die Stirn. »Nun, da bin ich aber gespannt.«
    Sie warf Cryson einen auffordernden Blick zu. Als er nicht reagierte, fügte sie hinzu: »Möchtest du mir beim Anziehen zusehen, oder was?«
    Er stieß ein kurzes Lachen aus. »Falls du es schon vergessen haben solltest: Ich habe dich bereits nackt gesehen. Aber ich werde wegsehen, wenn es dein Wunsch ist.« Er wandte sich ab und senkte den Kopf.
    Jil seufzte und ließ den Bademantel von ihren Schultern gleiten. Dann ging sie zum Kleiderschrank und nahm einen einfachen blauen Rock und eine weiße Bluse heraus. Der Schrank war voll gestopft mit teuren Kleidern aus edlen Stoffen, aber Jil wählte die unscheinbarsten Sachen aus, die sie finden konnte. Sie musste sich selbst eingestehen, dass all die feinen Kleidungsstücke sehr wohl einen sonderbaren Reiz auf sie ausübten, aber vor Cryson wollte sie das nicht zugeben.
    Sie schlüpfte in einfache weiße Unterwäsche und zog sich den Rock und die Bluse darüber. Sie wusste, dass Cryson sie aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, störte sich jedoch nicht daran. Schlimmer konnte ihre Situation nicht mehr werden.
    »Zufrieden?« Jil drehte sich einmal um ihre eigene Achse, während Cryson sie musterte.
    »Es sieht dir ähnlich, die einfachen Dinge zu wählen«, sagte er. »Eine bescheidene, starke Frau. Was könnte ein Mann sich mehr wünschen?«
    Sie streckte ihm die Zunge heraus. Sie wollte nicht nett zu ihm sein, aber es fiel ihr zunehmend schwerer, sich selbst zu belügen. Cryson faszinierte sie. Seine unbefangene und humorvolle Art sowie sein zumeist tadelloses Benehmen übten einen unwiderstehlichen Reiz auf sie aus.
    »Deine Haare sind noch nass«, sagte er nach einem prüfenden Blick. »Aber es ist warm in Sedhia, du wirst dich nicht erkälten. Lass uns gehen.« Er erhob sich vom Bett und öffnete die Tür. Gemeinsam betraten sie den Fahrstuhl und fuhren hinab ins Erdgeschoss. Jil war diesen Weg zusammen mit Endra schon oft gegangen, wenn sie auf die Toilette musste oder sich waschen wollte. Sie fürchtete sich nicht mehr vor diesem Meisterwerk der Technik.
    Cryson nahm ihre Hand und führte sie durch die große Halle, die das Zentrum Sedhias bildete. Immernoch erstaunten Jil all die Wunder, die es hier zu entdecken gab. Die Bewohner dieser Stadt benutzten eigentümliche Fortbewegungsmittel, die an ein Automobil erinnerten, jedoch

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