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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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mit einem Kettenantrieb ausgestattet waren. Auch die Form dieser Fahrzeuge war sonderbar. Sie waren eiförmig, komplett aus Metallplatten gefertigt und durch einen gigantischen Dampfmotor angetrieben.
    »Das ist ein Latri«, sagte Cryson, als er Jils verwunderte Blicke bemerkte.
    »Weshalb gibt es diese Stadt? Weshalb sieht es hier so anders aus als in Haven?«, platzte es aus Jil heraus. Cryson führte sie in einen Gang hinein, in dem es fast völlig dunkel war. Jil zögerte und wollte ihre Hand losreißen, aber Cryson war unnachgiebig.
    »Hab keine Angst, ich verlaufe mich nicht«, sagte er und zwinkerte ihr zu. Widerwillig folgte Jil ihm in den Gang.
    »Um zu deiner Frage zurückzukehren«, fuhr Cryson fort, »Sedhia hat sich vollkommen unabhängig von anderen Städten entwickelt. Wir haben uns die Menschen nie zum Vorbild gemacht.« Er kicherte. »Nun, abgesehen vom elektrischen Strom. Das war zur Abwechslung eine wirklich gute Erfindung der Menschen.«
    Jil gab ein verärgertes Zischen von sich. »Der Menschen? Was zum Henker bist du? Cryson, ich habe keine Lust mehr, mir ständig deine Andeutungen anzuhören. Sag mir, was hier los ist.«
    Obwohl es nun vollkommen dunkel war, führte Cryson sie noch immer zielstrebig um mehrere Biegungen herum. Jil fragte sich, ob er die Straßen auswendig kannte oder ob er imstande war, im Dunkeln zu sehen. Es war warm in den Gängen und die Luft stand. Ihre Worte hallten von den Wänden wider.
    »Jil, ich gehöre einer anderen Rasse an«, sagte Cryson in ernstem Ton. »Wir nennen uns Sedharym. Wir führen ein geheimes Leben. Wir haben es uns nicht ausgesucht, fernab vom Tageslicht unser Dasein zu fristen.«
    »Weißt du eigentlich, wie irre du jetzt gerade klingst?« Jils Stimme überschlug sich.
    Cryson antwortete nicht. Am Ende des Ganges erblickte Jil einen schwachen Lichtschein. Cryson führte sie geradewegs darauf zu. Sie erreichten einen weiteren Raum, doch dieser hatte nichts mit der großen Halle im Zentrum der Stadt gemein. Ein kaum wahrnehmbares Glühen schien von den Wänden auszugehen, die von silbrig glänzenden Adern durchzogen waren. In der Mitte des Raumes floss ein schmaler Bach, dessen Wasser glitzerte wie tausend Sterne in der Nacht.
    »Ist es nicht wirklich schön hier?«, fragte Cryson. »Das sind die Minen. Hier gewinnen wir das Iodon, ein wertvolles Metall, das uns zu unserem Wohlstand verholfen hat.«
    Cryson setzte sich auf einen Gesteinsbrocken am Rande des kleinen Baches und wies Jil mit einer Handbewegung an, sich neben ihn zu setzen. Sie waren allein. Eine Weile lang schwiegen sie, lediglich das Geräusch ihrer Atemzüge und der leise plätschernde Bach durchbrachen die Stille.
    »Ich spüre, wie verwirrt und verängstigt du bist«, sagte Cryson. Seine Stimme war nicht viel mehr als ein Flüstern.
    »Ich bin nicht verängstigt.«
    »Doch, das glaube ich schon. Du hast Probleme damit, deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu akzeptieren.«
    »Wie soll ich denn hier irgendetwas akzeptieren?«, keifte Jil. Ihre Worte hallten mehrfach von den Wänden wider. »Du hältst mich gegen meinen Willen hier fest.«
    Cryson machte eine Pause, als müsste er nach passenden Worten ringen. »Glaube mir, ich habe mir tagelang Gedanken darüber gemacht, wie ich dir eine Antwort auf deine Fragen geben kann, ohne dich zu verschrecken. Du bist unsere einzige Hoffnung.« Er warf ihr einen flehenden Blick zu, der Jil bis ins Mark fuhr. Sie spürte, wie ihre Hände feucht wurden.
    »Mein Volk leidet. Es ist krank«, fuhr Cryson in sanftem Ton fort. Jil lag bereits ein bissiger Kommentar auf der Zunge, doch sie schluckte ihn herunter.
    »Als ich dich damals am Hafen aus den Fängen dieses Mannes gerettet habe, da habe ich auf deiner nackten Haut etwas gesehen, das ich seit Jahrhunerten als verloren geglaubt hatte«, sagte er.
    Jil konnte ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken. »Du machst nicht den Eindruck, als hättest du lange keine nackte Frau mehr gesehen.«
    Cryson warf Jil einen verärgerten Blick zu. Augenblicklich fühlte sie sich schlecht.
    »Über deinem rechten Hüftknochen ist ein Mal, das mich wieder hoffen lässt«, fuhr er fort. »Ein vierzackiger Stern, der von einem Halbkreis umgeben ist.«
    Unwillkürlich griff sich Jil an die besagte Stelle. Sie hatte diesen Leberfleck bereits seit ihrer Geburt.
    »Einige Familien der Sedharym tragen solche Male. Es sind die Magiekundigen unter uns«, sagte Cryson. »Zumindest waren sie das einst. Die Magie ist

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