Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
Vom Netzwerk:
rasten, gleichzeitig kochte sie innerlich vor Entrüstung.
    »Jetzt behaupte bloß noch, ihr lebt wie die Vampire. Jetzt macht alles einen Sinn. Ihr lebt unter der Erde, ihr meidet das Sonnenlicht, und Blut trinkt ihr auch noch.« Vor Aufregung klang ihre Stimme heller als gewöhnlich. Jil wusste nicht, ob sie amüsiert oder verärgert sein sollte. Ein Wechselbad der Emotionen durchflutete sie.
    »Vampire? Willst du mich verarschen?« Plötzlich wich jede Freundlichkeit aus Lirans Gesicht. »Ich glaube kaum, dass du würdig bist, diese wichtige Aufgabe für uns zu erfüllen. Auserwählte hin oder her. Du bist ein dummes Kind, das sich über unser Elend auch noch lustig macht. Wir trinken kein Blut, und das Sonnenlicht meiden wir nur deshalb, weil es uns zerstört, seit man das Sedhiassa aus seinem Spektrum entfernt hat. Das war nicht immer so. Die Tiere versorgen uns derweil mit Lebenskraft, aber dazu brauche ich sicherlich kein Blut zu trinken, du dumme Göre.«
    Jil zwang sich, Ruhe zu bewahren. Sie atmete tief ein und ließ den Blick über die Tiere schweifen, die hier unter der Erde ihr kümmerliches Dasein fristeten. Weshalb hatte Cryson ihr das niemals erzählt? Sicherlich schämte er sich für diesen Zustand.
    »Ich habe das nicht gewusst«, sagte Jil gleichermaßen betroffen wie entrüstet.
    Liran stieß ein Knurren aus, nickte aber anerkennend mit dem Kopf.
    »Benutzt ihr als… als Nahrungsquelle etwa auch Menschen?«, fragte Jil. Der Gedanke durchbohrte sie wie ein Pfeil. Sie wollte die Antwort gar nicht wissen, aber die Frage war bereits heraus.
    »Ja. Viele machen sich sogar einen Spaß daraus. Und dein lieber Cryson ist auch kein Kostverächter.« Liran hob belehrend den Zeigefinger.
    »Aber… merken das die Opfer denn gar nicht?« Ein weiteres Gefühl mischte sich in Jils emotionales Potpourri – Ekel und Entsetzen.
    »Nein. Sie erinnern sich tags darauf nicht einmal mehr daran. Wir haben glücklicherweise unsere Methoden, ihnen anschließend den Kopf zu waschen.« Er lächelte verschlagen.
    Jil brachte ein Nicken zustande. Mit einem Mal wurde ihr schlecht. »Ich gehe jetzt zurück«, presste sie hervor und wandte sich ab. Ohne sich noch einmal umzudrehen, tauchte sie wieder in die Dunkelheit des Ganges ein. Die Sedharym bedienten sich also an der inneren Kraft anderer Lebewesen. War es das, was Cryson in die Arme der anderen Frau getrieben hatte? Und hatte er dasselbe auch bei ihr versucht? Jil erinnerte sich an das Gefühl der Kälte, das sie bei ihrem ersten Kuss erfüllt hatte. Sie ärgerte sich über Crysons Rücksichtslosigkeit, aber gleichzeitig empfand sie Mitleid. Jäh schossen ihr auch die Erinnerungen an Firio wieder in den Kopf. War er etwa auch Opfer dieser Gehirnwäsche geworden? Er hatte sich nicht mehr daran erinnern können, wo er in dieser schicksalhaften Nacht gewesen war, als Jil Cryson das erste Mal begegnet war… Und wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte Cryson damals nicht den Eindruck erweckt, als wisse er irgendetwas über Firios Verbleib? Vielleicht war es kein bloßer Zufall gewesen, dass er sich mitten in der Nacht am Hafen aufgehalten hatte. Jil war unschlüssig, ob sie wütend oder mitfühlend sein sollte.
    Wenn Cryson Recht behielt und Jil wirklich eine Nachfahrin dieses bösen Magiers war, dann verfügte sie allein über die Mittel, diesem Spiel endlich ein Ende zu setzen. Dann wären die Sedharym nicht mehr länger auf Fremdenergie angewiesen und diese widerliche Art der Nahrungsaufnahme hätte ein Ende. Und sie könnten sich endlich Häuser bauen, die nicht in völliger Dunkelheit unter der Erde lagen. Stärker denn je verspürte Jil den Willen in sich aufkeimen, dieses Sedhiassa zu finden und es über die magische Barriere zu bringen. Sie war eine Taschendiebin, außerdem verstand sie sich aufs Einbrechen – es konnte doch nicht so schwierig sein, dieses dumme Artefakt zu beschaffen. Wenn es dazu beitrug, dass die Sedharym endlich wieder ein friedliches Leben führen konnten und die Menschen und Tiere wieder in Ruhe ließen, war es die Mühe wert.
    Als Jil in der Ferne die Lichter des Stadtzentrums von Sedhia erblickte, atmete sie erleichtert auf. Sie war froh, die Dunkelheit des Unterreichs hinter sich lassen zu können. Immer noch gelähmt vor Entsetzen stapfte sie die Straßen entlang. Sie stellte sich vor, wie sie feierlich das Artefakt hierher brachte, in einer goldenen Kutsche. Man jubelte ihr zu und feierte sie wie eine Königin. Die Sedharym würden

Weitere Kostenlose Bücher