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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Vartyden befand. Der Tempel, auf dessen Dach der Weiße Obelisk errichtet wurde, lag auf der anderen Seite der Insel in einem unbewohnten Waldstück. Jil würde den Karren verlassen, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergab.
    Plötzlich bremste Emil den Wagen ab. Jil wandte den Kopf nach vorn, um zu erkennen, was ihn dazu veranlasst hatte. Einige Männer in Uniformen standen rechts und links der Allee. Sie trugen glänzende Helme auf ihren Köpfen, in der rechten Hand hielten sie je einen Speer. An ihren Gürteln hingen Pistolen. Einer der Männer streckte Emil seine Handfläche entgegen, um ihn zum Anhalten zu bewegen.
    Soldaten .
    Jil gefror das Blut in den Adern. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie an dieser Stelle der Straße auf eine Kontrollstation stießen. In Crysons Karten gab es diese Stationen nur am Ende jeder Stichstraße.
    Emil sprang vom Bock. Kurz streifte sein Blick über die Plane. Jil sah in seinem Gesicht, dass auch er überrascht und ängstlich war. Mit zittrigen Händen zog er einige Blätter aus einer Mappe und hielt sie dem Soldaten hin. Ein anderer kam auf die Ladefläche zu. Er wandte sich Emil zu, zeigte auf die Plane und sagte mit befehlsgewohnter Stimme: »Aufmachen. Sofort.«
    Emil kam herüber und fummelte mit ungeschickten Fingern an der Verschnürung der Plane herum. Als er sie zurückschlug, blickte Jil direkt in das Gesicht eines Soldaten.

Kapitel 4
     
    Der kleine Handwagen ächzte unter seiner Last. Der Tag versprach sonnig und warm zu werden, sicherlich kamen heute viele Leute auf den Marktplatz, um ihre Einkäufe für das Wochenende zu erledigen. Dana witterte ein gutes Geschäft. Sie war zwar kaum in der Lage, den randvoll mit Honiggläsern und Bienenwachskerzen gefüllten Wagen zu ziehen, doch die Saison neigte sich ihrem Ende entgegen und das Wetter würde nicht mehr lange so angenehm warm bleiben.
    Dana beugte sich nach vorn und stützte die Hände auf die Knie. Quälende Stiche in der Leistengegend zwangen sie dazu, eine Pause einzulegen. Es war noch früh am Tag, trotzdem fühlte sie sich, als hätte sie seit Stunden gearbeitet. Sie hatte sich noch nicht einmal die Haare gewaschen. Dana machte vor dem Gartentor ihres Elternhauses noch einmal kehrt und betrat den Hof. Sie ging zum Fenster der Stube hinüber, schlug die Fensterläden auf und betrachtete ihr Spiegelbild. Die Haare hatte sie zu einem strengen Zopf zurück gebunden, damit sie weniger ungepflegt wirkten. Sie hatte schon besser ausgesehen, aber wenn sie heute auf dem Markt erfolgreich sein wollte, durfte sie keine Zeit mit ausgiebiger Körperpflege verlieren.
    Und auch nicht mit der Betrachtung meines Spiegelbildes .
    Dana schnitt sich selbst eine Grimasse und schlug die Fensterläden wieder zu. Sie konnte diesen erbärmlichen Anblick nicht länger ertragen. Ihr Vater war wieder einmal nicht nach Hause gekommen, wahrscheinlich hatte er das letzte Geld beim Kartenspielen verloren und lag nun betrunken im Stadtpark. Manchmal stieg Hass in ihr auf. In diesen Momenten malte Dana sich in ihrer Fantasie aus, wie sie ihrem Vater den Schürhaken über den Kopf zog, doch gleich darauf schämte sie sich für derartige Gedanken. Manchmal gewann er beim Poker, und manchmal brachte er sogar Geld mit nach Hause, das er nicht für Schnaps ausgab. Sie mussten jetzt zusammenhalten, seit Jil nicht mehr da war.
    Dana ging zurück zu ihrem Wagen. Ihr Blick fiel auf das Laub und die Erde, die auf der Treppe zur Hintertür lagen. Dana zog die Stirn kraus. Sie würde fegen müssen, wenn sie vom Markt zurückkehrte. Hoffentlich war der Vater bis dahin entweder noch nicht zurück oder besserer Laune als am Vorabend.
    Als Dana sich gerade abwenden wollte, streifte ihr Blick noch etwas anderes, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie ging zurück zur Treppe und blieb vor der untersten Stufe stehen. Da lagen tatsächlich Geldstücke auf der Türschwelle. Dana blickte sich nach allen Seiten hin um, aber niemand war in der Nähe. Zögerlich griff sie nach dem Geld, es lag schwer in ihrer Handfläche. Es waren zwei Münzen, eine halbe Krone und ein Schilling. Ihr Vater hatte also doch Geld gewonnen und es zum Haus gebracht. Aber weshalb hatte er es achtlos vor die Tür gelegt? Er besaß doch einen Schlüssel. Außerdem sah es ihm nicht ähnlich, Geld nach Hause zu bringen, ohne Dana hinreichend darauf aufmerksam zu machen, wie fürsorglich er und wie nutzlos sie selbst sei. Und wenn das Geld gar nicht von ihm stammte? Dana schalt sich

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