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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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überrascht. Hatte sie tatsächlich so lange geschlafen? »Du brauchst schon wieder Nahrung, nicht wahr?«, fragte sie.
    »Entweder das oder eine gehörige Portion Schlaf.«
    »Die Sedharym schlafen nicht. Nur, wenn es ihnen ganz schlecht geht. Aber bis dahin muss schon wirklich viel passieren. Eher bedienen sie sich an Tieren.« Jil biss sich in die Innenseite ihrer Wange. Sie sollte aufhören, den Klugscheißer zu spielen. Sie redete sich um Kopf und Kragen.
    Ray runzelte die Stirn. »Du weißt viel.«
    »Dann benutze doch einfach mich. Was hält dich davon ab?« Jil wollte ihn bewusst provozieren, vielleicht konnte sie ihm doch noch einige wertvolle Informationen entlocken.
    »Die Ordensmitglieder sind darauf nicht angewiesen«, sagte Ray. »Wir haben eine andere Energiequelle.«
    »Und die wäre?« Wie weit konnte Jil dieses Spiel noch treiben, bevor Ray Verdacht schöpfte?
    »Ein heiliges Licht.« Ray wandte ihr den Kopf zu und musterte Jil eingehend von oben bis unten. »Hör zu, ich weiß zwar nicht, wie weit dein Wissen reicht und weshalb du dich so sehr für uns interessierst, aber das Ratespiel wird jetzt ein Ende haben.«
    »Ich dachte, du willst mir morgen das Gedächtnis löschen?! Weshalb störst du dich dann an meiner Neugier?« Eindeutig ein Sieg nach Punkten.
    »Ich bin müde und möchte nicht darüber diskutieren.«
    Also ein Mann, der vor Konflikten davonläuft. Er würde perfekt zu Dana passen .
    Für einen längeren Zeitraum sprach niemand mehr ein Wort. Jil legte den Kopf auf die Tischplatte und lauschte Rays gleichmäßigen Atemzügen. Sie spürte einen quälenden Schmerz in der Magengegend.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie.
    Mit einem missmutigen Knurren setzte Ray sich auf und wuchtete seinen Körper zurück auf die Füße. Er verließ das Zimmer, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.
    Jetzt habe ich es mir wohl endgültig verscherzt. Er sucht sich einen anderen Schlafplatz .
    Wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür jedoch erneut. Ray kam herein und stellte ihr wortlos ein Tablett auf den Tisch. Darauf standen ein Glas Wasser und eine Schale Haferbrei.
    »Auf die Schnelle habe ich nichts Anderes gefunden«, knurrte Ray, während er sich zurück aufs Bett legte und seine alte Position wieder einnahm. »Momentan haben wir keine anderen menschlichen Besucher. Außerdem wollte ich keine Aufmerksamkeit erregen.«
    »Schon ok.«
    Wortlos machte Jil sich über den Brei her. Sie hatte schon bedeutend schlechtere Mahlzeiten zu sich genommen, auch wenn diese Zeiten schon lange vorbei waren.
    Als sie die Schale geleert hatte, drehte sie sich zu Ray um. Er lag auf dem Rücken, den Kopf zur Seite geneigt. Seine Augen waren geschlossen, der Brustkorb hob und senkte sich in einem gleichmäßigen Rhythmus. Er schlief. Jil hingegen fühlte sich hellwach. Sie hatte die ganze Nacht geschlafen, jetzt war es Tag an der Oberfläche. Wie sollte sie sich bloß die Stunden vertreiben, ohne wahnsinnig zu werden?
    Sie betrachtete Ray noch eingehender. Sein Gesicht musste vor dem Unfall einmal sehr hübsch gewesen sein. Jil schätzte ihn auf Anfang dreißig, obwohl sie wusste, dass die Sedharym, und damit auch die Vartyden, nur sehr langsam alterten. Vermutlich war Ray bereits älter als ihre Urgroßmutter es heute gewesen wäre, wenn sie noch lebte. Sein Kiefer war breit, die Wangenknochen hoch. Er war unrasiert, die rechte gesunde Gesichtshälfte war von schwarzen Stoppeln bedeckt. Rays Nase war gerade, die Augen lagen tief. Eine seiner großen Hände lag neben seinem Gesicht. Ein breites braunes Lederarmband war um sein Handgelenk geschlungen und mit einer Schnur daran befestigt. Die rechte Hälfte seines Oberkörpers war glatt und makellos. Der Gegensatz zu den amorphen Narben seiner linken Körperhälfte war beträchtlich. Jils Blick streifte über seinen Hosenbund. Ein schwarzer Gürtel hielt die derbe Stoffhose an ihrem Platz. Seine Hüften waren schmal und die Beine lang und kräftig. Er wirkte weitaus weniger angsteinflößend, wenn er friedlich schlief.

Kapitel 6
     
    »Verdammt, wie spät ist es?«
    Jil zuckte zusammen. Rays Stimme erschien in der völligen Stille seines Schlafzimmers unnatürlich laut. Sie lehnte mit dem Oberkörper gegen den Schreibtisch, den Kopf hatte sie auf die verschränkten Arme gelegt. Sie richtete sich auf, ihre Gliedmaßen fühlten sich taub an. Sie hatte sich für eine lange Zeit dem Nichtstun ergeben.
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte Jil. »In diesem Dreckloch gibt

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