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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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ist.«
    »Abgemacht.« Er reichte ihr seine schmutzige Hand, um das Geschäft zu besiegeln.
     
    *****
     
    Das Kissen dämpfte ihre Schreie. Sie schrie, bis ihr Hals schmerzte und ihre Stimme nicht mehr als ein heiseres Krächzen war. Niemals würde sie sich ihre grenzenlose Dummheit verzeihen können. Jil schlug mit den Fäusten in das Kissen und trommelte mit den Füßen auf die Matratze. Es tat gut, sich den Frust von der Seele zu schreien und zu prügeln, auch wenn das Bett nur ein unschuldiger Sündenbock war. Es hätte eine einmalige Gelegenheit sein können, ihre Aufgabe doch noch zu erfüllen. Ein Leben in Luxus an Crysons Seite war in greifbare Nähe gerückt, bis Jil dieser unverzeihliche Fehler passiert war. Ray wusste nun, dass sie über heikle Informationen verfügte. Weshalb nur hatte sie nicht einfach versucht, ein wenig überzeugender das verletzte unschuldige Mädchen zu spielen?
    Jil befreite das Kissen von seiner Marter und setzte sich im Bett auf. Es hätte keinen Unterschied gemacht, Ray hätte ihr ohnehin das Gedächtnis gelöscht. An das Sedhiassa wäre sie auf diese Weise nie gelangt. Hoffentlich schöpfte Ray keinen Verdacht. Jetzt hieß es, Schadensbegrenzung zu betreiben. Jil traute dem raubeinigen Rüpel durchaus zu, seine Drohung, sie zu töten, wahr zu machen. Jil hatte ohnehin nicht mehr daran geglaubt, ihre Mission erfüllen zu können. Sie hatte bereits aufgeben wollen. Andererseits… Jetzt war sie hier, im Hauptquartier der Vartyden, jenen Monstern, die die Sedharym schlachteten wie Tiere. Es war eine einmalige Gelegenheit, ihnen ein für allemal eins auszuwischen. Ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gab…?
    Jil suchte das Zimmer mit den Augen ab. Es ähnelte ganz und gar nicht der behaglichen Behausung in Crysons Turm. Die Wände waren kahl und grau, ein unbequemer Holzstuhl war das einzige Sitzmöbel. Der Schreibtisch an der Wand war schmucklos und die Stifte und Zettel darauf akkurat geordnet, selbst das Bett wirkte wenig heimelig. Einfache graue Bettwäsche und ein Bettgestell aus Metall luden wahrlich nicht zu kuscheligen Abenden ein. Ansonsten gab es noch einen Kleiderschrank. Der Raum wirkte ungemütlicher als ein Hotelzimmer und hatte den Charme einer Gefängniszelle. Es gab keinerlei persönliche Gegenstände. Jil stand auf und öffnete den Kleiderschrank. Ihr Fuß schmerzte nicht mehr so sehr, wenn sie vorsichtig auftrat.
    Die Kleidung im Schrank war eintönig und trist wie der ganze Rest der Einrichtung. Überwiegend schwarze Hemden und Lederhosen lagen sorgfältig zusammen gefaltet auf einem Regalbrett. Jil schloss den Schrank und durchsuchte dann die Schubladen des Schreibtischs. Eine Tageszeitung lag zusammengefaltet in der obersten Schublade, darunter fand Jil drei Bücher. Auf dem Titelbild des obersten waren Pistolen und Gewehre abgebildet, auf den Einbänden der anderen beiden Bücher gab es keine Bilder. Da sie nicht lesen konnte, verlor Jil schnell das Interesse daran. In der untersten Schublade befand sich eine einfache Holzdose. Jil öffnete den Deckel. Blaue und grüne Steine, die aussahen wie Glassplitter, waren darin. Jil schloss die Schublade und legte sich dann rücklings aufs Bett. Ein Anflug von Enttäuschung breitete sich in ihr aus. Was hatte sie geglaubt, hier vorzufinden? Etwa das Sedhiassa, das legendäre Licht der Sedharym? Jil schmunzelte. Die Vartyden wären nicht so dumm, es hier zu verstecken.
    Ray war nun schon sehr lange fort, aber vielleicht täuschte sie sich auch nur. Langeweile vermochte Minuten in Stunden zu verwandeln. Jil hatte das Zeitgefühl verloren. Sie blickte zur Tür. Sie wusste, dass sie verschlossen war, denn das hatte Jil gleich nach Rays unhöflichem Abgang überprüft. Es war eine Tür, wie es sie auch in Sedhia gab, mit zahlreichen Zahnrädern gespickt und über einen kleinen Dampfmotor betrieben.
    Sie schloss die Augen. Was war dies bloß für eine Welt, in die sie hinein geraten war? Sie dachte an ihre Schwester. Ob sie das Geld auf der Türschwelle gefunden hatte? Hoffentlich hatte Brad es nicht für Schnaps ausgegeben. Jil dachte über ihre verfahrene Situation nach. Wie würde es bloß für sie weiter gehen, wenn Ray sie bald vor die Tür setzte? Nie wieder wollte sie zurückkehren in das stinkende Haus ihres Vaters, aber ob Cryson sie im Falle eines Misserfolges wieder bei sich aufnehmen würde, war ungewiss. Jil spürte, wie ihr bei dem Gedanken an ihn ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Er hatte so

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