Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg
schlürfte hastig die Suppe, die nach Gemüse und Hühnchen schmeckte, in sich hinein. »Einen Einsatz? Was nennt ihr bitte einen Einsatz?«, sagte sie zwischen zwei Löffeln.
Nola strich sich ihre zersausten Haare aus dem Gesicht. »Die Sedharym sind unruhig seit einigen Tagen. Es macht beinahe den Anschein, als brüteten sie etwas aus.«
»Weshalb habt ihr es auf sie abgesehen? Was haben sie euch getan?« Jil schob die Schüssel von sich weg. »Ich habe zwei Mal gesehen, was ihr mit ihnen tut. Und glaube mir, auf diese Erinnerungen könnte ich verzichten.«
Nola schüttelte unmerklich den Kopf. »Jil, ich glaube, du weißt überhaupt nicht, wovon du redest.« Sie machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Aber vielleicht interessiert es dich, wie Lesward sich entschieden hat.« Jil spürte, dass Nola die Situation unangenehm war und sie vom Thema ablenken wollte. Statt einer Antwort zog Jil nur die Augenbrauen hoch und blickte Nola erwartungsvoll an.
»Man hat entschieden, dass du vorerst hier bleiben wirst, bis Lesward mehr über dich herausgefunden hat.«
Erleichterung breitete sich in Jil aus, aber sie ließ es sich nicht anmerken, stattdessen nickte sie nur. Wenn Lesward herausfinden sollte, dass Jil ursprünglich gekommen war, um den Vartyden das Handwerk zu legen, würde man ihre Tötung sicherlich nachholen. Andererseits könnte sie mit der Wahrheit herausrücken und deutlich betonen, dass sie ihren Auftrag fallen lassen wollte. Aber war das tatsächlich die Wahrheit? Jil wusste nicht mehr, wem sie in diesem irren Spiel um Ehre und Macht noch glauben konnte. Sie wünschte sich zurück in Crysons gemütliches Zimmer. Er hatte Jil Reichtum und Luxus versprochen. Er war freundlich gewesen, ein wahrer Gentleman. Konnte man sich so in jemandem täuschen? Andererseits… Hatte Ray ihr nicht vorgeworfen, sie sei habgierig und selbstsüchtig? Jil schob den Gedanken beiseite. Sie würde diese Entscheidung auf später vertagen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?« Nola riss Jil aus ihren Gedanken.
»Ja, ich habe bloß gerade darüber nachgedacht, wie lange ihr mich hier behalten wollt. Ich langweile mich schrecklich. Außerdem bin ich nicht darauf erpicht, mit Schwerverbrechern Seite an Seite zu leben.«
»Du wirst dich daran gewöhnen müssen. Vielleicht gibt Lesward dir eine Aufgabe. Wir bauen Edelsteine in den Minen ab. Wenn du geschickt bist, kannst du dich an deren Verarbeitung versuchen.«
Jil stieß geräuschvoll die Luft aus. »Ich hasse Hand- und Hausarbeiten.«
»Dann musst du dich eben langweilen. Es ist nicht meine Schuld, dass sich dein Gedächtnis nicht löschen lässt.«
Als Jil sie daraufhin nur anstarrte, fügte Nola in ruhigerem Ton hinzu: »Natürlich ist es auch nicht deine Schuld. Es tut mir wirklich leid für dich.«
»Was für eine Art Spiel ist das hier eigentlich?«, stieß Jil ungewollt harsch hervor. »Weshalb führt ihr Krieg gegen eure eigenen Brüder und Schwestern?« Jil funkelte Nola aus verengten Augen an. Nolas Gesichtsausdruck hingegen blieb leer und undeutbar.
»Das darf ich dir nicht sagen.«
»Weshalb nicht?« Jil sprang von ihrem Stuhl auf. Sie hasste die Ungewissheit. Sie musste einfach erfahren, ob Cryson sie getäuscht hatte. »Ihr könnt mir meine Erinnerungen nicht nehmen und ich weiß ohnehin schon zu viel, als dass ihr mich gehen lassen könntet. Du kannst es mir genauso gut erzählen. Ich weiß, dass ihr eure Energie aus einem magischen Licht bezieht, das ihr den anderen Sedharym vorenthaltet. Mich würde jetzt bloß noch interessieren, weshalb.« Jil deutete mit den Händen auf den schmucklosen Konferenzraum. »Sieh dich um. Macht, Geld und Luxus können nicht der Grund sein. Ihr besitzt nicht annähernd soviel davon wie die Sedharym aus Sedhia.«
Nola ließ sich von Jils aufgeheizter Gemütslage nicht mitreißen. Sie blieb vollkommen ruhig. »Macht, Geld und Luxus sind nicht alles, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Wir kämpfen für die Freiheit tausender Menschen.«
Jil zwang sich, ruhig zu atmen und sich wieder auf ihren Stuhl zu setzen. »Wie soll ich das verstehen?«
Nola atmete tief ein, um etwas zu sagen, stieß die Luft dann jedoch wieder aus. Es machte den Anschein, als müsse sie sich ihre Worte erst zurechtlegen. »Du hast Recht, du weißt bereits so viel, dass es keinen Unterschied mehr macht. Vielleicht kann ich deine aufsässige Art ein wenig zügeln, wenn ich dir die Wahrheit erzähle.« Sie warf Jil einen tadelnden Blick zu. »Einst war das
Weitere Kostenlose Bücher