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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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dass Jil jetzt niemanden im Badehaus antreffen würde. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel und ihre Schritte im Gang verklungen waren, beschloss Jil, nicht länger in diesem Zimmer zu verweilen als unbedingt nötig. Sie war weder eitel noch auf übertriebene Hygiene bedacht, doch ein Blick an sich herab ließ keinen Zweifel offen, dass ein Bad unbedingt nötig war. Zudem würde es sie davon ablenken, zu viel über Nolas Worte nachzudenken. Vorsichtig öffnete Jil die Tür und spähte auf den Gang hinaus. Wie erwartet war es vollkommen still. Sie ging hinaus und den Weg zurück, den Nola ihr beschrieben hatte. An der Kreuzung, an der das Kevel an der Wand lehnte, hielt Jil inne. Sie näherte sich dem mannshohen Metallrad und streckte langsam ihre Hand danach aus, als handelte es sich um etwas Lebendiges. Es fühlte sich kühl und glatt an. Jil konnte nicht begreifen, wie dieses Wunder der Technik, dieser Koloss aus Metall, so mühelos über den Boden rollen konnte. Sie hatte bereits die Fahrzeuge der Sedharym, die Latris, kennengelernt, jene eiförmigen Blechkutschen, die den Automobilen der Menschen ähnelten. Doch was Schönheit und Eleganz betraf, konnten sie sich mit den Kevels nicht messen. Einen Augenblick lang spielte Jil mit dem Gedanken, auf dem Sattel in der Mitte Platz zu nehmen. Vielleicht könnte sie herausfinden, wie man das Dampfrad bediente. Es reizte sie, das Vehikel selbst einmal auszuprobieren. Vor ihrem geistigen Auge stellte Jil sich bereits vor, wie sie unter Volldampf den Ausgang ansteuerte und die Wachen der Vartyden niederwalzte. Sie schüttelte den Gedanken schnell wieder ab. Sicher würden die Vartyden das Dampfrad nicht unbeaufsichtigt hier stehen lassen, wenn es sich ohne Schlüssel starten ließ.
    Jil riss ihren Blick davon los und setzte ihren Weg durch die von Nola beschriebenen Gänge fort. Varyen war ein weitläufiges Netz aus steinernen Stollen, ähnlich wie Sedhia. Es ging bergab und bergauf, manchmal über fünfzig Treppenstufen. Jil fragte sich, ob sie sich bereits unterhalb des Meeres befand. Cryson hatte ihr einmal erzählt, dass es eine unterirdische Verbindung nach Sedhia gab, diese aber durch eine magische Barriere geschützt sei. Wenn es Jil gelingen sollte, diesen Weg und das Sedhiassa ausfindig zu machen, wäre die Erfüllung ihres Auftrags ein Kinderspiel. Doch seit ihrer Liebelei mit Ray und Nolas Vortrag über die Geschichte der Sedharym hatte Jil die Lust verloren, aktiv nach dem Sedhiassa zu suchen. Sie bezweifelte auch, dass es ihr je von allein in die Hände fallen würde. Ob Cryson immer noch sehnsüchtig darauf wartete, dass die magischen Barrieren endlich fielen und der Bann brach? Jil spürte einen Kloß im Hals. Damals war sie nahe dran gewesen, sich in Cryson zu verlieben, auch wenn sie es sich selbst nicht eingestehen wollte. Mittlerweile fühlte sie nur noch Leere, wenn sie an ihn dachte. Zu ihrer Verärgerung schien jemand anderes gerade in Begriff zu sein, diese Leere wieder zu füllen. Jil hasste sich selbst für ihre eigene Rührseligkeit. Das war beinahe ekelhaft. Verdammt, weshalb war alles bloß so kompliziert? Weshalb waren nicht die Vartyden diejenigen, die niemals töteten und in Luxus schwelgten? Dann wäre ihr die Entscheidung wesentlich leichter gefallen.
    Jil erreichte das Ende des Korridors. Er verbreiterte sich jäh zu einem Gewölbe mit hoher Decke. Es brannte Licht, mehrere Glühbirnen hingen von der Decke herab. Ein Geflecht aus Kabeln zog sich über die Wände. Wasser plätscherte. Vor ihr lag ein kleiner See, dessen Begrenzung aus unbehauenem Stein bestand. Vermutlich handelte es sich um eine natürliche Quelle, die man einfach so belassen hatte. Das Wasser dampfte, Dampfschwaden zogen darüber hinweg. In der Mitte sprudelte das Wasser und warf Blasen. Das Gewässer war groß genug, um einige Schwimmzüge zu tun. Am Rand des Raumes hatte man Fächer in den Stein geschlagen. Handtücher lagen darin. Jil sah sich um. Außer dem Blubbern des Wassers war es still, niemand war hier. Sie erinnerte sich lebhaft an ihren letzten Versuch, in einem Gewässer zu schwimmen. In dieser verhängnisvollen Nacht war sie Cryson zum ersten Mal begegnet. Jil zwang sich, an etwas anderes zu denken, denn sie spürte erneut, wie sich ihr bei dem Gedanken an ihr altes Leben die Kehle zusammen schnürte.
    Sie schlüpfte aus ihren Kleidern, die mittlerweile fleckig und verschlissen waren. Sie warf sie achtlos in eine Ecke. Nie wieder wollte sie dieses Zeug

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