Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg
der Dynamitstange entzündet. Mit einem leisen Zischen fraß sich das Feuer bis zu seinem tödlichen Ziel die Schnur entlang. Dean blickte Ray noch ein letztes Mal grimmig in die Augen, bevor er sich abwandte und den Weg zurück rannte, geradewegs in den Schoß ihrer Feinde. Ray schickte sich an, ihm nachzusetzen, aber Nola war herbeigeeilt und hielt ihn am Arm zurück.
»Komm jetzt, du Narr«, sagte sie energisch. »Respektiere seine Entscheidung. Entehre sein Opfer nicht, indem du es zunichte machst. Er will uns damit retten.«
Ray nickte, blickte noch einmal wehmütig den finsteren Tunnel hinunter und wandte sich dann ab. Es fiel ihm schwer, seine Beine dazu zu zwingen, weiter Richtung Ausgang zu laufen, während sein Kamerad dem sicheren Tod ins Auge sah.
Liam und Cole hatten die Szene aus einiger Distanz beobachtet. Ihre Gesichter waren bleich.
»Wir werden es nicht mehr bis nach draußen schaffen, bevor der Sprengstoff expl…« Cole beendete seinen Satz nicht mehr, denn in diesem Moment erschütterte eine gewaltige Explosion den Tunnel. Die Erde bebte, die Wände zitterten. Steine fielen auf ihre Köpfe herab. Unermüdlich rannten die verbliebenen Vartyden weiter.
Es ist nicht mehr weit. Bald haben wir die Treppe erreicht.
Rays Herz hämmerte heftig gegen seine Rippen. Er kämpfte gegen die Erschöpfung an, die ihn mit jeder Minute mehr verzehrte und die seinen Körper nach Nahrung schreien ließ.
Ein leises Grummeln, das binnen weniger Sekunden zu einem gewaltigen Donnern anschwoll, erklang hinter ihnen. Die Rufe und Schritte ihrer Verfolger waren längst verstummt. Ray drehte sich im vollen Lauf über die Schulter hinweg um. Er öffnete den Mund, um einen Schrei des Entsetzens auszustoßen, doch Cole war ihm zuvor gekommen.
»Scheiße!«, kreischte er beinahe panisch.
Auch Nola und Liam hatten nun einen Blick nach hinten geworfen, waren jedoch stumm geblieben und rannten stattdessen nur noch schneller. Ray konnte seinen Blick kaum von der anrollenden Flutwelle losreißen, die durch die eingestürzte Decke drang und sich nun durch die Gänge walzte. Natürlich. Sie befanden sich unterhalb der Meerenge. Hatte Dean dies beabsichtigt?
Die Wucht der Wassermassen, die sich durch den schmalen Tunnel zwängten und dadurch an Kraft zunahmen, riss Ray und seine Kameraden von den Beinen. Das Wasser spülte sie wie Papierschiffchen weiter vorwärts auf den Ausgang zu, doch zugleich nahm es ihnen innerhalb kurzer Zeit jeglichen Raum zum Atmen. Binnen weniger Sekunden stand der gesamte Gang bis zur Decke unter Wasser, Ray fand gerade noch die Zeit, um noch ein letztes Mal Luft zu holen.
Das Wasser war eiskalt und brannte in den Augen. Rays schwere Lederkleidung sog sich damit voll und zog ihn nach unten. Er fühlte sich, als würde er gegen bleierne Gewichte ankämpfen, und das, obwohl er kaum noch über die Kraft verfügte, aufrecht zu gehen. Es war vollkommen finster, doch Rays sedharysche Augen funktionierten auch unter Wasser einwandfrei. Seine vier Kameraden strampelten ganz in seiner Nähe gegen die Wassermassen an, auch sie schienen von der Panik beflügelt und mobilisierten ihre letzten Kräfte. Schon erblickte Ray in der Ferne die Treppe, die sie nach oben zum Ausgang führen würde. Die Hoffnung auf frische Luft ließ Ray schneller schwimmen, jedoch kostete jede Bewegung der Muskeln seinen Körper zusätzliche Sauerstoffvorräte. Der nagende Zwang, nach Luft zu schnappen, drängte sich ihm auf, er war nicht mehr zu ignorieren. Er kämpfte gegen den Drang an, das Wasser in seine Lungen zu saugen, er verbot seinem Mund, sich zu öffnen. Sterne tanzten vor seinen Augen.
Dann stieß Ray mit der Fußspitze gegen etwas Hartes. Sein Fuß tastete danach und fand die erste Treppenstufe. Es ging bergauf. Nola war vor ihm, sie stieß sich einige Stufen weiter oben von der Steintreppe ab und durchbrach die Wasseroberfläche. Ray dürstete danach, es ihr gleichzutun. Er schaffe es, mit letzter Kraft einen Schwimmzug nach oben zu tun, bevor ihm schwarz vor Augen wurde und er nicht mehr imstande war, Arme oder Beine zu bewegen. Er spürte, wie sein Mund sich öffnete und salziges Wasser hinein drang. Dann packte eine Hand nach seiner Jacke und zog ihn am Nacken nach oben. Gerade, als die Ohnmacht Besitz von ihm ergreifen wollte, durchstieß auch Ray die Wasseroberfläche. Es war ein Gefühl, als wäre er ein zweites Mal geboren worden. Kalte Luft strömte an seinen Körper und was noch viel wichtiger war: in seine
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