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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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als Lesward mich hinausgeworfen hat.«
    »Die Barrieren sind gefallen. Dies kann nur geschehen, wenn der wahre Erbe das Sedhiassa über diese Grenze hinausträgt.« Sein Tonfall war scharf, aber Jil ließ sich nicht einschüchtern. Plötzlich trat ein bestürzter Ausdruck auf ihr Gesicht, sämtliche Farbe wich wieder aus ihren Wangen.
    »Lesward hat mir etwas erzählt, bevor er mich allein gelassen hat«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Er sagte, er habe sich an meiner Schwester vergangen. Cryson schwört, dass es keine Menschen mehr in Varyen gegeben hat, als es angegriffen wurde. Wenn ich das Blut der Sedharym in mir trage, dann muss Dana es auch in sich haben. Sie könnte diejenige sein, die das Sedhiassa über die magische Grenze gebracht hat.«
    Mit einem Mal fühlten Rays Glieder sich unsagbar schwach an. Wenn er nicht ohnehin schon gesessen hätte, wäre er vermutlich umgefallen. Der Schreck ließ die Haare auf seinen Armen und im Nacken abstehen. Es fühlte sich an, als würde sämtliches Blut aus seinem Kopf weichen. Weshalb nur hatte Lesward das nicht bedacht?
    »Ray, ist alles in Ordnung mit dir?«
    Langsam wandte er ihr den Kopf zu. Er war sich bewusst, wie blass er war. »Das Mädchen war deine Schwester?!« Seine Stimme war nur ein heiseres Krächzen, als ihm mit einem Schlag bewusst wurde, dass er Jils Schwester vor knapp zwei Stunden getötet hatte und dass Jil, falls sich ihre Vermutungen bewahrheiteten, keine Schuld an dieser Katastrophe trug.
    »Entschuldige, ich war in Gedanken.« Ray erkannte seine eigene kraftlose Stimme beinahe nicht wieder. »Es stimmt, dass Lesward ein Mädchen mit nach Varyen gebracht hat. Und es stimmt auch, dass sie geflüchtet ist, unmittelbar bevor die Barriere fiel.«
    »Ray, du bist ja kreidebleich«, sagte Jil und legte ihm die Hand auf die Schulter. Die Berührung fühlte sich auf eine verwirrende Weise tröstend und gut an. Wie in Trance legte Ray den Arm um Jils Hüften und zog sie näher zu sich heran. Die Kleidung, die sie trug, roch nach einem fremden Menschen, dennoch nahm er hinter diesem Duft das Aroma ihrer eigenen Haut wahr. Ein Schauer lief ihm den Rücken herunter. Die Erinnerung an ihre gemeinsamen Stunden, die er mit aller Gewalt zu verdrängen versucht hatte, flammte schmerzhaft wieder auf.
    »Wenn sie geflohen ist, dann lebt sie vielleicht noch«, sagte Jil und stand ruckartig auf. Ray verspürte den Drang, sie wieder zu sich hinab zu ziehen, zog den Arm jedoch zurück.
    »Ich muss sie finden, unbedingt. Ich darf keine Zeit verlieren«, sagte Jil. Pure Verzweiflung leuchtete in ihren Augen. »Wo soll ich suchen? Hast du sie gesehen? Bitte, Ray, du musst mir helfen. Du bist viel schneller als ich.«
    Ray verspürte angesichts ihres Eifers einen Stich in der Brust. Natürlich wusste er, wo sie war. Aber er konnte Jil die Wahrheit nicht zumuten. Ein Knoten schnürte sich in seiner Kehle zu.
    »Die Sonne geht bald auf und ich bin ohnehin schon geschwächt. Ich kann dir bei deiner Suche nicht helfen«, presste er hervor. Dann geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Binnen einer Sekunde hatte Jil sich in seine Arme geworfen und weinte bitterlich an seiner Schulter. Dieses Verhalten passte so ganz und gar nicht zu der Jil, die er kennengelernt hatte.
    »Ray, ich habe keine Chance, sie in dieser riesigen Stadt alleine zu finden«, schluchzte sie in sein Hemd. »Ich habe alles verloren, meine Familie, meine Heimat – und dich.«
    Rays Herz hämmerte heftig gegen seine Brust. Er legte die Arme um sie und genoss die Wärme ihres Körpers. Er hätte diese Frau beinahe getötet, und das, obwohl sie weder Leswards Tod noch die Zerstörung der Unterwelt verschuldet hatte. Sie hatte es anfangs beabsichtigt, aber konnte er ihr das vorwerfen? Woher hätte sie wissen sollen, worum es in diesem Ränkespiel wirklich ging?
    Unwillkürlich sog er Jils Energie durch die Stellen in sich auf, an denen sich ihre Haut berührte. Er konnte es nicht verhindern, er war zu ausgehungert. Sein Überlebensinstinkt war stärker als sein Wille. Jil musste es spüren, jedoch blieb sie still an seiner Brust liegen. Ihr Schluchzen wurde leiser.
    »Bitte, hilf mir. Das bin ich meiner Schwester schuldig«, hauchte sie.
    Ray fühlte, wie ein wenig Stärke in seine Glieder zurückkehrte. Er unterbrach den Energiefluss. Es wäre nicht gerecht gewesen, Jil noch weiter zu schwächen. Sie hob daraufhin ihren Kopf und sah ihn an. Ihre strahlend blauen Augen waren gerötet, ihre Wangen

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