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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Platten befreien, doch Lukfers Magie hielt ihn zurück. ›Kümmere dich nicht darum‹, sagte Lukfer. ›Hilf mir lieber.‹
    Lukfers staubige Hand lag offen auf dem Bett, ballte sich immer wieder zur Faust. Während Tam sich daran zu schaffen machte, verschleierten ihm Tränen die Sicht – mit seiner Magie konnte er nichts anderes wahrnehmen als Lukfers Verletzungen: Beine und Becken zerquetscht, der rechte Arm und die Schulter zerschmettert und sein Herz kämpfte, tränkte sein Lager mit Blut.
    › Pass auf!‹ Lukfers Magie packte ihn wie eine Hand im Nacken, schüttelte ihn und richtete seine Aufmerksamkeit gewaltsam nach außen. Tam konnte kleine Wellen der Magie fühlen, die von dem Magier ausströmten, eine verschwenderische, sinnlose Verausgabung von Lebensenergie. Überall um ihn herum spürte er Fragmente des Gegenteils von Leben, die in Stein, Holz und sogar Fleisch eingedrungen waren – dieselbe tödliche Magie wie im Armbrustbolzen, der Fejelis niedergestreckt und auch ihn beinahe getötet hätte. Die Ruinen des Turms waren gänzlich davon durchwirkt.
    Ihm fiel auf, dass sich innerhalb dieser Räume rein gar nichts davon fand, als Lukfers Magie ihm plötzlich einen Stoß versetzte und Tam – sein Körper – ins Taumeln geriet. ›Folge mir.‹ Weder in Lukfers Räumen noch in ihm selbst fanden sich Spuren der dunklen Magie, und da erst merkte Tam, dass Lukfers magische Wellen keine willkürlich wiederkehrenden Todesqualen waren. Im Gegenteil, sein Meister nahm sich die einzelnen Granatsplitter vor, annullierte und zerstörte sie.
    Erschrocken begriff Tam, dass die Macht nicht nur nicht willkürlich, sondern vielmehr kontrolliert zum Einsatz kam, und zwar von Sekunde zu Sekunde mehr. Nach hundertdreißig Jahren als Gefangener seiner unbändigen Kräfte wurde Lukfer, dem Tode nah, schließlich zu jenem Magier, der er hätte sein sollen. Tam spürte Lukfers Hochgefühl, dessen Hunger, das Wissen zu besitzen , alles zu wissen, wenn auch nur kurz. Diesem Hunger konnte man sich nicht widersetzen. Lukfers Macht drängte hinaus und Tam hastete hinterher, spürte die wankenden Lebensenergien um sich, fühlte, wie die Tempelmagier darum rangen, Fleisch wieder zusammenzufügen, daran scheiterten und um ihr Scheitern wussten und verzweifelten. Seine Magie fing Lukfers und mischte sich damit, beschrieb einen weiten Bogen, um die vielen – so vielen – tödlichen Bruchstücke magisch durchdrungener Materie zu vernichten. Mit seiner eigenen Magie, so turbulent sie auch sein mochte, hatte er nie etwas derart Überwältigendes erlebt. Allmählich jedoch war das Wirken nicht mehr Lukfers, sondern mehr und mehr Tams eigenes, da der Körper, der zwischen den Steinplatten eingeklemmt war, stetig schwächer wurde. Doch Lukfers Wille und Magie waren noch stark genug, wach genug, um einen letzten Versuch der Heilung abzuwehren. ›Lass mich‹ , sagte Lukfer. ›Ich spüre keinen Schmerz.‹
    Eine Lüge. Da war großer Schmerz, wenn er auch nachließ. Das Hochgefühl schwand und wich Überdruss, Resignation und Zermürbung. Tam ließ das weite Netz der Magie, das den ganzen Turm durchzog, von sich abgleiten und kauerte neben Lukfer. Die Nöte anderer kümmerten ihn nicht, einzig Lukfers. Er empfand keine Trauer, nur Fassungslosigkeit und Empörung darüber, dass er das Unheil akzeptieren musste. ›In dir steckt mehr Tempel, als du dachtest, Junge‹, flüsterte Lukfer in seinem Kopf. ›Es würde mich glücklich machen, wenn ich es tun könnte, einmal wenigstens. Sag Jo, ich habe an sie gedacht, ich habe sie geliebt.‹ Er bewegte seinen Kopf ein Stück, und glänzend gelbe Augen suchten Tam. ›Aber du bist derjenige, dem ich das Geschenk machen wollte.‹
    Tam spürte, wie Lukfers angestrengtes Herz seinen Rhythmus verlor, mangels Blut und vom zermalmten Körper vergiftet. Er handelte, bevor er überlegte, und fing Lukfers Herz mit seiner Magie.
    Lukfer stöhnte auf. Sein Blick kehrte aus großer Ferne zurück. Er runzelte die Stirn, als hätte man ihn in einem angenehmen Gedanken gestört. Die Fingerspitzen an Tams Hand wurden weiß vom Druck auf Lukfers Brust. Er würde loslassen müssen, dachte Tam, er würde loslassen müssen, und zwar endgültig. Es war nicht recht, dass er ihn festhielt. Ein, zwei Schläge noch, dann würde er loslassen. Du bist derjenige, dem ich das Geschenk machen wollte , hatte Lukfer gesagt, bevor sein Herz aufhören wollte zu schlagen. Sicher meinte er das Geschenk, das der Meister seinem

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