Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
Schüler macht, die Lebensweisheit des Magiers, die nur selten voll und ganz gewährt wurde. Und auch wenn Lukfer es verdiente, sie hinzuschenken, so verdiente Tam es jedoch nicht, sie zu empfangen.
Plötzlich bildeten sich Lachfältchen um Lukfers Augen. ›Doch, das tust du.‹
Und er öffnete Tam seinen Geist und seine Magie, gab ihm alle Erfahrung und alles Wissen seines lebenslangen Versuches, die unzähmbare Kraft zu zähmen, der ihm bis zu den letzten Momenten seines Lebens nicht gelungen war.
›Jetzt lass mich los‹ , knurrte die Gedankenstimme wölfisch, und Lukfers Magie wallte ein letztes Mal auf, wischte Tams Griff nach seinem Herzen fort, die Hand an seiner Brust, die Berührung seines Geistes – und schleuderte Tam von sich, so dass dieser rücklings auf dem Schutt landete und ihm die Luft wegblieb. Tams eigene Magie riss ihn wieder hoch, griff nach Lukfer, packte sein flimmerndes Herz und versuchte, es zu heilen, doch Lukfers Augen waren bereits starr, die Pupillen öffneten sich langsam im Tode, und dann spürte Tam nichts mehr von Lukfers Magie oder seiner Gegenwart in dieser Welt.
Mit nur einer Geste sprengte Tam die mörderischen Steinplatten, warf die Trümmer beiseite, vertrieb die Staubwolken. Er wickelte Lukfers Leichnam in dessen blutgetränkte Laken, hob ihn mit beiden Armen an, ließ mit bloßem Willen die Lampen um sie herumwirbeln und katapultierte sich und Lukfer mitsamt den Lampen durch das zerschlagene Fenster und über die Balustrade hinweg, stürzte auf den von Schutt übersäten, halb beleuchteten Platz unter sich. Ob er sich gefangen hätte, würde er nie erfahren, denn rings um ihn wallte Magie, fing ihn ein und setzte ihn ab, leicht wie eine Feder an einem windstillen Sommertag. Eine Stimme rief: »Tam!«, und jenseits der sich um sie drehenden Lichter sah er eine Gestalt mit einer Agilität über Trümmer springen, die ihre Schlaksigkeit Lügen strafte. Licht flackerte über Fejelis’ staubiges Gesicht, als er stehen blieb, blinzelte und versuchte, den wirbelnden Lampen auszuweichen. Eine traf ihn in die Rippen, eine zweite streifte seinen Kopf. Tam schlug beide zu Boden, dass sie zersprangen, wobei die Scherben weiter leuchteten.
Fejelis kam auf die Beine, als die Magierwache sie erreichte. »Es geht schon … mein Fehler … alles ist gut … wie dumm von mir.« Er sah sich um, schien zufrieden, dass seine Beschützer keine Gewalt anwenden wollten, dann sank sein Blick auf die Last in Tams Armen. »Magister Lukfer?« Tief und bebend atmete er ein und wandte seinen silbrigen Blick wieder Tams Gesicht zu, trat so nah heran, dass seine Brust Tams Arm berührte. »Brich mir jetzt bloß nicht zusammen, Tam«, sagte er leise. »Wage es ja nicht.«
Er hielt Tams Arm, als zwei der Männer ihm Lukfers Leichnam abnehmen wollten und er sie mit seiner Magie abwehrte. »Lass los«, befahl Fejelis, wenn auch sanft. »Ich weiß, wie schwer es dir fällt, aber es ist an der Zeit, loszulassen.«
Das hatte Lukfer auch gesagt. Tam gab die leblose Hülle hin, in der ein großes Herz geschlagen hatte, und überließ es den anderen, für sich selbst herauszufinden, dass kein heilender Akt einmal verlorenes Leben wiederbringen konnte. Die Magie der Tempelwachen umfing ihn, berührte ihn jedoch nicht. Ihre Stimmen umfingen ihn, jedoch hörte er sie nicht. Fejelis sorgte dafür, dass Tam sich auf die Steinplatte setzte, und verlangte nach mehr Licht.
Tam blinzelte, bis er Fejelis’ Gesicht erkannte, und fragte sich, wie lange er im Turm gewesen war, damit Fejelis, den er zuletzt gesehen hatte, als man ihn ins sichere Innere schleppte, jetzt draußen auf dem Platz sein konnte. Er fühlte sich kalt und elend, er spürte allzu sehr, wie das Unheil dieser Nacht auf ihm lastete, als sei alles Licht der Welt erloschen.
Fejelis nahm ihn bei der Schulter. »Tam, es tut mir so leid.«
Ein Echo dessen, was er selbst nach Isidores Tod zu Fejelis gesagt hatte. Wie wenig Trost diese Worte doch spendeten. Er konzentrierte einen kleinen Teil seines Geistes, der vor Trauer und Magie überschäumte, auf seinen jungen Schützling. »Sie sollten nicht hier draußen sein.«
»Ich weiß.« Fejelis trug eine schlichte Gardeuniform mit Helm, doch die Verkleidung konnte niemanden täuschen, der sah, wie die Gardisten sich nach ihm ausrichteten. »Ich wurde gebraucht, damit sie Lampen hierher brachten.« Er machte eine Geste, deutete auf die Nacht, das Land der Nachtgeborenen. »Ich dachte mir, dass alle, die
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