Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
und unbeherrschter als wir beide – nur am Ende nicht. Ich werde das tun, was die Magier mit mir gemacht haben, als ich das Gesetz brach. Ich hatte ein Kind gerettet, ohne Vertrag.‹ Diese Enthüllung hatte etwas Berechnendes an sich, dachte sie, auch wenn sie wahr zu sein schien. Und seine Gefühle zur eigenen Verbannung wirkten beinah … zufrieden. Als hätte dieser Bann ihn der Verantwortung für seine Macht enthoben, und er durfte eine Weile anders sein, als er war. Das konnte sie gut verstehen. ›Solange Sie sich nicht wehren, wird es sanfter sein als damals, als ich Sie kampfunfähig machen wollte.‹
Ach, wie ausgesprochen nett von Ihnen , dachte sie, nicht ganz in seine Richtung. ›Wie kann ich Ihnen trauen?‹
›Ich weiß nicht. Was meinen Sie?‹ Seine geistige Stimme klang ein wenig spöttisch, doch zweifelte sie nicht daran, dass ein Magier von seiner Macht und Erfahrung niedere Absichten verbergen konnte, bis es zu spät war. ›Ich glaube nicht, dass Sie eine Wahl haben.‹
›Ich hätte gern einen kleinen Moment … um … um darüber nachzudenken.‹
›Tun Sie das. Diesmal müssen Sie nichts anzünden. Senden Sie einfach meinen Namen aus.‹
Und sie war wieder allein, in einer kleinen Suite, eingerichtet mit dem verblassenden Prunk burlesker Erinnerungen. Nur einer unter vielen außergewöhnlichen Orten, die sie seit ihrer Begegnung mit Ishmael di Studier gesehen hatte. Sie erhob sich aus ihrem Sessel und ging ins Schlafzimmer hinüber. Merivan lag auf dem Bett, auf dem Rücken, ein feuchtes Tuch auf der Stirn. Angesichts ihrer Schwangerschaft würde ihr kaum etwas anderes übrig bleiben, als sich schon bald aus der Gesellschaft zurückzuziehen.
»Oh, Meri.« Tröstend streckte sie eine Hand aus und rief sich gerade noch rechtzeitig in Erinnerung, dass sie keine Handschuhe trug. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich wollte dich nicht beunruhigen. Ich hatte gerade ein – Gespräch – mit einem lichtgeborenen Magier. Ich habe das Feuer nur entfacht, um ihn auf mich aufmerksam zu machen. Falls es dir ein Trost sein sollte: Man hat mich in aller Form gescholten.«
»Das ist kein Trost«, sagte Merivan schwach. Sie nahm das Tuch von der Stirn und setzte sich auf, sammelte ihre ganze Autorität. »Ich hatte mich der närrischen Hoffnung hingegeben, dass es sich um Einbildung, eine Übertreibung handelte – etwas, von dem wir uns erholen würden. Doch diese Demonstration deinerseits … « Sie hielt inne, um ihr Gesicht und ihren Hals mit dem Tuch abzutupfen. »Es ist eine Sache, Telmaine, sich durch Berührung unredlich Zutritt zu verschaffen. Aber eine andere … « Das zu tun, sagte ihre wortlose Geste.
Telmaine hingegen hatte die Hoffnung gehegt, dass Merivan sich dazu bewegen würde, Telmaine als Magierin zu akzeptieren oder ihr wenigstens zu verzeihen, wie ihrer beider Mutter es anscheinend zu tun bereit war. Offenbar eine vergebliche Hoffnung. Die nackten Hände gefaltet, sagte sie leise: »Du dachtest, ich sei wie Ish… Baron Strumheller. Ehrlich gesagt, ich auch. Ich hatte keine Ahnung, wozu ich in der Lage war. Habe ich noch immer nicht.«
»Baron Strumheller«, sagte Merivan mit einem Anflug ihres alten Zornes. »Es ist alles sein Werk. Und das deines Mannes.«
»Und was ändert es, wessen Werk es ist, meines, ihres oder das der Götter? Wenn der Erzherzog stirbt – besonders jetzt, nach allem, was Mycene und Kalamay getan haben – , lastet alle Schuld auf mir.« Sie machte eine Pause. »Der lichtgeborene Magier sagte, er könne mir helfen, sicher in den Palast zu gelangen. Im Gegenzug will er meine Magie bannen, damit ich für niemanden mehr eine Gefahr bin.«
»Ist das möglich?«, sagte Merivan.
»Er scheint es zu glauben.«
»Es wäre besser«, sagte Merivan langsam, »wenn er sie dir ganz nehmen würde.« Der darauf folgende Ultraschallimpuls kam so gezielt wie ein Schlag ins Gesicht.
Sie erinnerte sich daran, dass Ishmaels Magie sich wie erkaltete Kohle angefühlt hatte. Sie erinnerte sich an die Furcht, mit der er sie vor der Tempelwache gewarnt hatte, die abtrünnigen Magiern nicht nur die Magie, sondern auch den Verstand ausbrannte.
»Ich weiß nicht, wie es sich auf mich auswirken würde«, sagte Telmaine.
»Aber wenn es keine unangenehmen Nebenwirkungen gäbe, würdest du es tun.«
Wie typisch von Merivan, dachte Telmaine, eine solche Frage auf eine Art und Weise zu stellen, dass sie keine Frage war, sondern ein Erlass. Und wenn es machbar wäre , wenn sie
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