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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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suchen, fühlte sich an, als dehnte sie einen verletzten Muskel, der narbig und verkrampft war, doch sie fand Amerdale und Florilinde und die sechs – ja, sechs – Lebensenergien von deren Cousins und die ebenso vertraute Lebensenergie von Merivans Mann. »Nein«, sagte sie. »Keine Sorge, denen geht es gut.«
    »Dann kehren wir in mein Haus ein«, sagte Merivan.
    Doch Telmaine hatte weitergesucht und den Erzherzog gefunden. Noch auf die Distanz spürte sie seinen tiefen Schmerz. »Nein«, sagte sie atemlos.
    »Telmaine, mir ist sehr wohl bewusst … «
    »Alle … «, keuchte sie, »Alle sagen mir immer, was ich tun soll. Balthasar. Ishmael. Vladimer . Du. Und ich habe es ja so gewollt . Ich dachte, ihr wüsstet es besser und ich könnte auf euch bauen. Aber das war nicht der Fall, und … und jetzt bin ich diejenige … « Plötzlich fielen ihr die letzten Wehen bei Florilindes Geburt ein, als sie – nachdem sie laut herausgeschrien hatte, dass sie nicht mehr wollte, nachdem sie ihre Zähne in Balthasars Hand gegraben hatte, um ihn für sein scheinheiliges Vertrauen zu strafen, das er in sie steckte – jene Kraft gefunden hatte, von der sie gar nicht wusste, dass sie diese besaß. Nun sammelte sie alle Kraft für ihr Aufbegehren, für diese … Geburt. » Ich habe diese Macht. Ich werde mit den Konsequenzen leben oder sterben. Also erzähl mir nicht, was ich zu tun habe.«
    Merivans Mund klappte auf. Dann wieder zu. Dann wieder auf. »Telmaine«, sagte sie. »Du überraschst mich wirklich.« Es folgte ein Schweigen, während beide über diese Aussage nachdachten.
    Mit leicht zitternder Stimme sagte Telmaine: »Ich muss es wieder richten, Merivan. Ich muss zurück und es wieder in Ordnung bringen. Aber ich werde Hilfe brauchen.« Sie sah sich im Zimmer um, einem kleinen Zimmer, dessen Schäbigkeit durch die Einrichtung – im Grunde Requisiten – noch hervorgehoben wurde: ein Holzfächer mit Laubsägearbeiten, ein Strauß Pfauenfedern, gewiss künstlich, ein großes Bündel müder Seidenblumen. Doch es gab einen Kamin, in dem Feuerholz bereitlag. Sie holte tief Luft, hielt eine Hand mit der anderen und konzentrierte sich auf den Zunder. Die Anstrengung fühlte sich an, als drückte sie auf einen blauen Fleck. Mit leisem uummfff entzündete sich das Holz und Flammen züngelten. Merivan schrie auf, sprang von ihrem Stuhl. Da fiel Telmaine ein, dass sie ihrer Schwester den Arm verbrannt hatte. »Keine Angst«, sagte sie eilig. »Es ist nur … « Doch Merivan klammerte sich an ihren Stuhl, peilte sie und das Feuer, sie und das Feuer, und ihre Miene war wund vor Angst. Was Telmaine bis hierher auch gesagt haben mochte, durch diese Demonstration wurde es real. »Meri…«
    ›Was tun Sie da?‹
    ›Ich sichere mir Ihre Aufmerksamkeit‹, brachte sie hervor, doch prompt begann ihr Herz vor Angst zu pochen. »Meri…, Merivan«, versuchte sie, als ihre Schwester an ihr vorbei ins Schlafzimmer der Suite flüchtete. Sie wollte ihr folgen. Der Wille des Lichtgeborenen ließ ihre Beine den Dienst versagen. ›Hören Sie auf damit!‹, forderte sie und wehrte sich. Wenigstens war niemand so nah, dass er fürchten musste, verletzt zu werden, falls das Feuer um sie aufflammte.
    Dieser Gedanke bremste den Angriff des Lichtgeborenen. ›Seien Sie nicht so widerspenstig.‹
    ›Würden Sie mir bitte zuhören ?‹, sagte sie. Und holte die Erinnerung ihrer Mutter an den leidenden Erzherzog ganz nach vorn in ihre Gedanken. ›Das wäre nie passiert, wenn Sie mich nicht angegriffen hätten.‹
    ›Und was ist damit ?‹, erwiderte der lichtgeborene Magier, und durch ihre Wahrnehmung taumelten seine Eindrücke von Tod und Chaos im eingestürzten Turm. Sie kamen fast zu schnell, um separate Eindrücke zu hinterlassen. Was blieb, war einzig Entsetzen, Elend, Leid – und Zorn. Sie merkte, dass sie sich in den Stuhl drückte, sich ängstlich duckte.
    ›Es tut mir leid‹, brach es aus ihr hervor. ›Es tut mir leid. Ich dachte, wenn ich es Vladimer erzähle, wird er es verhindern.‹
    Sie dachte, er wäre verschwunden, nachdem er ihr diese schrecklichen Bilder gezeigt hatte, doch er sagte: › Sie wussten davon? Er … Mutter Aller, das ist unmöglich für jemanden, der so ungeübt ist wie Sie.‹
    Seine Gedankenstimme klang rau wie zermahlenes Glas. Sie spürte, dass er sich sehr bemühen musste, Haltung zu bewahren. Stolz stand auf dem Spiel, der Stolz eines erfahrenen Tempelmagiers. Noch ein Gedanke sprang flohgleich zu ihm über:

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