Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
fasziniert von Ihnen!« Sein nächster ausgesprochener Gedanke wischte ihm das Grinsen schneller vom Gesicht, als sie es mit einer scharfen Bemerkung geschafft hätte. »Wir stecken ganz schön in der Klemme, Prinzessin, falls Kalamay und Mycene den Turm der Magier zum Einsturz gebracht haben und der Erzherzog im Sterben liegt.«
»Ich kehre in den Palast zurück«, sagte sie.
»Das wird nicht gehen von hier aus«, sagte er nur. »Die unterirdischen Straßen wurden während des Aufstands in den Grenzlanden zugeschüttet.«
»Ein lichtgeborener Magier wird mir helfen.« Sie beschloss, den Preis für diese Hilfe zu verschweigen. »Ich möchte, dass Sie auf meine Schwester achten. Sie weiß jetzt über mich Bescheid. Ich habe ihr alles erzählt. Ich möchte, dass Sie ihr helfen, nach Hause zu gelangen. Und sollten Sie das Risiko eingehen wollen, wieder zurück in den Palast zu kommen … «
»Man wird Sie nicht zum Erzherzog vorlassen«, sagte er. »Nicht zum Heilen, nicht nachdem … « Plötzlich stockte er.
Sie brauchte keine magischen Kräfte, um seine Gedanken zu lesen, die Schlussfolgerung zu sehen, zu der er gelangt war. Mit leiser Stimme sagte sie: »Ich hatte nie die Absicht, ihm zu schaden oder sonst jemandem. Der lichtgeborene Magier hielt mich für eine Schattengeborene oder eine Spionin der Schattengeborenen, weil ich mit schattengeborener Magie experimentiert hatte. Er hat versucht, mich außer Gefecht zu setzen, und ich habe die Kontrolle verloren. Mittlerweile sind wir zu einem besseren gegenseitigen Verständnis gelangt.«
»Was für ein verfluchter Mist!«, sagte er mit Inbrunst. »Davon müssen Sie mir nichts weiter erzählen. Den Rest kann ich mir denken, nach dem, was Magister di Studier gesagt hat. Eine Dame der Gesellschaft und gleichzeitig eine Magierin.« Er grinste böse. »Gefällt mir.«
»Es wäre mir lieber«, sagte sie steif, »wenn Sie niemandem davon erzählten.«
Ein Anflug von Ironie in seinem Blick erinnerte sie an die Unausgegorenheit dieses Wunsches. »Weiß Fürst V. davon?«
»Ja.«
»Mutter Aller, steh uns bei, Prinzessin Telmaine. Diesen Mann möchte man nicht zum Feind haben.«
Das sah sie ganz genauso. Doch kam sie nicht umhin zu fragen: »Haben Sie denn gar keine Vorbehalte gegen Magie?«
»Weil sie der feinen Gesellschaft missfällt?«, erwiderte er. »Was hat die feine Gesellschaft je für Leute wie mich getan? Man wirft uns ein paar Münzen zu und verlacht uns von den Kanzeln als Trunkenbolde, Huren und Bastarde. Wir haben erheblich mehr von der Magie als von der Tugend.« Er stutzte, dann fügte er sanft und etwas aufdringlich hinzu: »Sie wären uns willkommen, falls man Sie verstoßen sollte.«
Tammorn
›Magister Tammorn‹, sagte die nachtgeborene Prinzessin. ›Ich bin bereit.‹
Er hatte sie bemerkt, war bereit, ihre Magie zu zerschlagen, falls nötig, wenn er auch hoffte, es würde nicht nötig sein. Sie besaß eine natürliche Gabe zum Heilen und zeigte den hemmungslosen Überschwang einer jungen Magierin, deren volle Kraft sich eben erst entfaltete. Außerdem versuchte sie verzweifelt, so viel Tugend wie möglich zurückzugewinnen.
Die Sitten der Lichtgeborenen waren grausam und selbstsüchtig, vom Tempel aufgezwungen. Das zu wissen, das leben zu müssen, hatte ihn zur Rebellion getrieben. Doch waren die nachtgeborenen Überzeugungen nicht minder grausam und erlaubten es den Erdgeborenen, die Magiegeborenen zu verachten, weil sie waren, was sie waren.
›Ich werde erst den Bann wirken‹, sagte er. ›Ich werde meine Magie benutzen, um die Ihre zu stoppen. Solange der Bann in Kraft ist, werden Sie nur durch Hautkontakt etwas bewirken können, nicht mehr auf Distanz. Er wird sich nicht auf Ihre Fähigkeit auswirken, durch Berührung zu heilen.‹
Tam war sich ihrer zwiegespaltenen Erleichterung bewusst – obwohl sie diese vor ihm zu verbergen suchte. Vielleicht wäre sie so sicherer, und vielleicht würde er den größeren Teil ihrer Macht verschonen. Sie hatte nur wenig Gespür für ihr wahres Potenzial. Doch wenn er ihr erklärte, was er ihr alles nahm, würde sie sich ihm vielleicht verweigern, und wenn sie sich ihrer eigenen Kraft bewusst wäre, würde sie sich seines Eingriffs vielleicht erwehren – möglicherweise mit Erfolg. Woraufhin er es mit zwei übermächtigen Problemen zu tun bekäme: ihrer uneingeschränkten Macht und dem sterbenden Erzherzog. So war es das Beste. Es war ja nur vorübergehend.
›Werde ich in der Lage sein, Leute
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