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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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»Fast wünschte ich, dem wäre so«, sagte er halb belustigt, halb verbittert. »Dann wüsste ich zumindest, dass sie glauben, wir hätten eine ernst zu nehmende Chance.«
    »Ich wünschte«, sagte der Magier, »ich hätte nur halb so viel Mut wie du.«
    Der Prinz boxte Tam freundlich gegen den Arm. »In Zukunft bestehe ich darauf, dass du dich nur noch für die Entlohnung eines Kunsthandwerkers unter Vertrag nehmen lässt. Wir werden den Tempel schon noch in seinen Grundfesten erschüttern.«
    Mein Mut , dachte er, ist allein dein Verdienst, auch wenn du es vielleicht nicht weißt . Fejelis erinnerte sich noch gut an den Moment, als er wieder atmen und hören konnte, an das leise gesprochene »Er kommt schon zurecht«. Bis es ihm jedoch gelungen war, seine verklebten Augen zu öffnen, um in üppig behangene Pfirsichbäume zu blicken, und in das verängstigte Gesicht von Floria Weiße Hand, war er mit ihr allein. Doch diese Stimme hallte nach, die Stimme eines Gottes, der ihm seinen Segen erteilte. Er kommt schon zurecht. In diesen Worten klang der Akzent der westlichen Vorgebirgsländer durch, aber da Götter ohnehin an Orten fernab von Zeit und Raum lebten, war diese Mutmaßung so gut wie jede andere.
    An dieses Versprechen hatte er sich geklammert während seiner nur langsam voranschreitenden Genesung – Tam hatte nicht alle schädlichen Wirkungen des Giftes ausgelöscht, sondern lediglich die tödlichen – und während der auf diesen Anschlag folgenden Untersuchungen, die zu Verhaftungen, Hinrichtungen und Verbannungen führten. Diese Urteile waren weitestgehend ohne sein Wissen vollstreckt worden. Nur einmal hatte er sich damit auseinandersetzen müssen: Ein Mädchen hatte auf dem Korridor vor Fejelis’ Gemächern laut seinen Namen gerufen und ihn geweckt, nachdem es ihr kurzfristig gelungen war, sich aus der Gefangenschaft zu befreien – sie hatte ihn um ihr Leben angefleht. Der Klang ihrer Stimme schnürte ihm die Kehle zu, ließ ihn wieder diesen süßen, todbringenden Saft schmecken. In seinem Elend wiegte er sich auf seinen Kissen hin und her, hielt sich mit den Händen die Ohren zu und versuchte verzweifelt, jene göttliche Stimme zu hören, die er nicht vergessen hatte. Er kommt schon zurecht .
    Im Laufe der Zeit war ihm allerdings bewusst geworden, dass sein Retter nur ein Magier gewesen sein konnte und kein Gott. Doch bis dahin hatte das Versprechen bereits die letzte schädliche Wirkung des Giftes abgewehrt, nämlich die auf seinen Geist. Er mochte sich verändert haben, aber er war nicht daran zerbrochen.
    Erst im Alter von fünfzehn Jahren begegnete er schließlich diesem Mann. Fejelis war mittlerweile zu einem Jungen der vorsichtigen Taten und vielfältigen Maskierungen herangewachsen, der die Leibgarde regelmäßig abschüttelte – so glaubte er zumindest – , um verkleidet durch die Stadt zu ziehen und unbemerkt die Leute zu beobachten. In der Rolle eines rebellischen, jungen Palastdieners hatte er mit den Studenten der Kunsthandwerkerschule Bekanntschaft gemacht. Seine Beobachtungen führten ihn zu einer Gruppe, die sich leise über die Künste der Leute auf der anderen Seite des Sonnenaufgangs unterhielten. Sie erzählten sich von Schusswaffen, die selbst auf Hunderte Meter noch treffsicher waren, von Zügen, die ihre Gleise schneller ritten als Pferde laufen konnten, noch dazu bei Tag und Nacht. Und sie sprachen auch von einer gar nicht magischen Magie, die sie Elektrizität nannten und die – Berechnungen zufolge – ungeheure Lasten bewegen und Drähte erhitzen konnte, bis diese glühten und ein strahlendes Licht erzeugten.
    Vieles von dem, was ihm zu Ohren gekommen war, hatte er mit zu seinem Vater genommen und ihm beim gemeinsamen Frühstück erzählt. Isidore hatte Fejelis’ Schilderungen über nachtgeborene Wunder und die Klagen der Leute außerhalb des Hofes stets aufmerksam gelauscht. Und ihm im Gegenzug von seinen Diskussionen mit dem Erzherzog der Nachtgeborenen berichtet, den er sowohl scharfsinnig als auch sympathisch fand, wenngleich Sejanus Plantageters Abneigung gegen Magie tief in ihm verankert war und er von den Vorurteilen seiner Herzöge stark beeinflusst wurde. In allen Angelegenheiten, die Lichtgeborene und Nachtgeborene gleichermaßen betrafen, vermittelte ein verhältnismäßig machtloser, gemeinsamer Rat, und je älter Fejelis wurde, desto häufiger sprach Isidore von den Konsequenzen des Paktes und davon, wie fest die Magier das Vermögen des Prinzentums im

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