Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
doch tatsächlich gelesen, all die Briefe, in denen ihr Mann seinen Liebsten das Herz ausschüttete. »Können Sie die Geheimschrift entziffern?«
    Von Vladimer zu erwarten, dass er sich für sein Verhalten schämte, war offenbar zu viel verlangt. »Nein.«
    »In welcher Beziehung steht ihr Ehemann zu dieser lichtgeborenen Frau?«
    »Sie sind seit Kindertagen miteinander befreundet«, antwortete sie. Lediglich ihre Mutter und ihre engste Freundin Sylvide kannten Telmaines Einstellung zu Floria Weiße Hand. Vladimer jedoch ging das nichts an.
    »Sie hatte eine hohe Stellung in der prinzlichen Leibgarde der Lichtgeborenen, war eine von Isidores Spezialagenten. Was«, fragte Vladimer, »hatte er ihr zu erzählen?«
    Sie nahm sich zusammen, als sie begriff, dass hier nicht nur ihr weiblicher Stolz auf dem Spiel stand. »Er hatte ihr all das zu sagen«, erwiderte sie mit Bedacht, »wovon er glaubte, dass sie es in ihrer Eigenschaft als treue Dienerin des lichtgeborenen Prinzen wissen müsste.«
    »Setzt er denn kein Vertrauen in die offiziellen Informationswege?«
    Dass Vladimer ihr kein Vertrauen entgegenbrachte, mochte ja noch angehen, aber Balthasar durfte er auf keinen Fall misstrauen. »Mein Ehemann war bereits über mehrere Amtsperioden Mitglied des Interkalaren Rates. Er ist also Teil dieser offiziellen Informationswege.«
    Vladimer stützte sich auf seinen Gehstock und kam auf die Beine. »Wir haben unerwarteten Besuch. Ich verlasse mich darauf, dass Sie mir sagen, ob diese Frau tatsächlich diejenige ist, die sie vorgibt zu sein.«
    Er führte Telmaine durch ein Labyrinth aus Treppen, engen Fluren und langen Korridoren, und derweil versorgte er sie ununterbrochen mit Erläuterungen zur Geschichte des Palastes. Die beiden ältesten Söhne von Merivan – zwei unwillige Schüler mit einem jungenhaften Vergnügen an Grausamkeiten – wären bestimmt begeistert gewesen. Doch auf sie wirkte Vladimer in der Rolle des Geschichtslehrers eher irritierend, auch ohne seine Schilderungen von Verrat, Mord und Totschlag.
    Sie bogen in einen Korridor, der so breit war wie so mancher Tanzsaal, dessen erster Eindruck jedoch nicht über die derbe Bauweise hinwegtäuschen konnte. Zwei massive Türen trennten ihn vom restlichen Palast, und obwohl diese derzeit offen standen, wirkten sie doch wenig einladend. Dieser Flügel war offenkundig nicht für Gäste vorgesehen, nicht einmal für unliebsame. Vladimer deutete mit dem Kopf auf eine unauffällige Tür. »Hinrichtungskammer«, sagte er. Als sie sich schon glücklich schätzen wollte, dass er diesmal nicht näher ins Detail ging, fuhr er bereits fort: »Das Deckenlicht kann von außen geöffnet werden. Hier haben so einige Verräter den Tod gefunden, ohne großes Aufsehen. Sowie eine beträchtliche Anzahl Krimineller.«
    Und für all jene, die er persönlich hierher geschickt hatte, empfand er keinerlei Reue. Etwas, wofür sie noch vor wenigen Tagen kein Verständnis gehabt hätte.
    »Vor dem Gesetz ist es nicht immer ein Segen, aus vornehmem Hause zu stammen«, fügte Vladimer hinzu. »Den einfachen Leuten steht oftmals ein Schutz zur Verfügung, der uns zumeist verwehrt bleibt.«
    Bevor er irgendwelche Erklärungen hätte abgeben können, bogen sie um eine Ecke und standen vor einer schmalen Tür. »Hierfür sind zwei Hände vonnöten«, sagte Vladimer. Telmaine drückte gegen die Stelle, die er ihr zeigte, und zog dann mit der anderen Hand wie ihr geheißen, bis die Tür sich öffnete. Sie folgte ihm in einen engen Vorraum und wartete, während er sich einhändig mit dem Mechanismus der inneren Tür abmühte. Höchst widerwillig gab er Telmaine auch dieses Geheimnis preis und überließ ihr das Öffnen.
    Der Raum, den sie nun betraten, war klein, und genau wie in Bals Arbeitszimmer bestand die Rückwand aus mit Drahtgeflecht verstärktem Papier. Eine altbekannte Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    »Fürst Vladimer«, zischte sie. Er gab ihr zu verstehen, sie solle schweigen, und deutete auf die Wand. Dahinter nahm sie eine vertraute Lebensenergie wahr. Und einen gleichermaßen vertrauten Makel, schwach nur, jedoch durchaus wahrnehmbar.
    »Mistress Weiße Hand?«, fragte Vladimer. Sein Peilruf und das Echo seines Stirnrunzelns ließen Telmaine sofort reagieren, und sie nickte bestätigend, zumindest hinsichtlich der Identität.
    Auf der anderen Seite der Wand bewegte sich jemand. »Balthasar?«, fragte Floria.
    »Nein. Aber ich habe hier seine Ehefrau.«
    »Telmaine?« Doch

Weitere Kostenlose Bücher