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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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gesagt, dass mehr in Ihnen steckt als nur eine feine Dame der Gesellschaft.«
    »Sie haben recht«, sagte Telmaine, »es ist anmaßend, aber eine Dame weiß Komplimente so zu nehmen, wie sie gemeint sind. Guten Tag, Mistress Floria.« Telmaine schlüpfte in den Vorraum und fühlte sich seltsam zufrieden – die Bewunderung einer Rivalin bot stets eine Genugtuung. Ehe sie auf den Flur trat, versteckte sie Florias Brief sorgfältig in ihrem Ärmel. Kingsley konnte gewiss herausfinden, wo die Tageslicht-Post gesammelt wurde, und sie würde ihm einfach erzählen, dass Fürst Vladimer endlich die Briefe ihres Gatten freigegeben und sie nun entschieden hatte, diesen einen dem Empfänger nachzusenden.
    Gemessenen Schrittes hatte Telmaine gerade die erste Ecke erreicht – eine Dame, die einen Spaziergang machte – , als Casamir Blondell um die Ecke bog und direkt in sie hineinlief. Ihre Röcke und seine Steppjacke dämpften zwar den Zusammenprall, dennoch schnellten sie schuldbewusst auseinander. Ihr Sonar fing seine Bestürzung auf; sie war sicher, seines fing die ihre auf. Sie überschütteten einander mit Entschuldigungen: ganz allein mein Fehler, brauchte einen Spaziergang, nicht aufgepasst . Telmaine gewann zuerst die Fassung zurück; immerhin war es durchaus angebracht, dass er sich bei ihr entschuldigte. Aber was machte ausgerechnet er hier? Verstohlen tastete sie nach dem Brief in ihrem Ärmel, vergewisserte sich, dass er noch da und nicht zu peilen war.
    »Ach du liebe Güte«, sagte sie, »ich dachte, dieser Bereich des Palastes würde weniger genutzt. Da könnte ich meinen Spaziergang ja ebenso gut in der Bahnhofshalle von Bolingbroke machen.«
    Er verbeugte sich vor ihr, ließ sich von ihr tadeln. »Vielleicht«, sagte er ein wenig schroff, »darf ich die gnädige Frau zurück zu Ihren Gemächern geleiten.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte sie liebenswürdig. Was sollte sie auch anderes tun, als sich zu überlegen, wie sie verhindern konnte, dass er Vladimer von dieser Begegnung unterrichtete? Als jemand, der in Fürst Vladimers Diensten stand, waren ihm fraglos schon häufig Bestechungsgelder angeboten worden, die weit über Telmaines Geldbeutel hinausgingen, und die unbedeutenderen Angebote hatte er wahrscheinlich abgelehnt – anderenfalls hätte Vladimer ihn nicht geduldet. Sollte sie an sein Mitgefühl appellieren? Nur wie, ohne sein Misstrauen zu wecken? Sie würde wohl oder übel einfach darauf hoffen müssen, dass ihre Unschuldsmiene und Blondells vorangegangene Auseinandersetzung mit Fürst Vladimer genügten, um diesen Vorfall unkommentiert zu lassen.
    Es sei denn, er wusste von Floria Weiße Hand und war erschrocken, Telmaine in nächster Nähe anzutreffen. Dann würde er sich vermutlich ebenso viele Gedanken machen wie sie, sich fragen, wie er herausfinden konnte, was sie wusste und warum sie hier war, ohne ihr Misstrauen zu wecken. Sollte dem so sein, wusste er zumindest, wie ihr zumute war.
    Immerhin wusste sie jetzt, dass sie von Blondells Amulett nichts zu befürchten hatte, nachdem sie diesem mutmaßlichen Schutzzauber nun so nah gekommen war, wie es sich für eine anständige Frau schickte. Es war ein massives Medaillon aus Metall, mit verziertem Rand und großen, reliefartig hervortretenden Symbolen. Was sie auch zu bedeuten haben mochten, diese Symbole und das Metall besaßen keinerlei Wirksamkeit, die sie hätte wahrnehmen können – weder um sie aufzuspüren noch um sie abzuwehren.
    Somit blieb ihr nur noch, sich des Briefes zu entledigen und einen plausiblen Bericht über ihr Gespräch mit Floria Weiße Hand auszufeilen, für alle Fälle. Im Grunde konnte sie größtenteils bei der Wahrheit bleiben, dachte Telmaine. Nur den Brief würde sie auslassen.

6
    Fejelis
    »Was denn?« Fejelis begrüßte sein Spiegelbild. »Immer noch nicht tot?«
    »Und auch immer noch nicht lustig«, sagte Tam leicht säuerlich und lehnte sich an den Türrahmen von Fejelis’ Ankleidezimmer.
    Als Fejelis die Prinzenhaube von ihrem Ständer nahm, verging ihm das Lächeln. Das steife, stützende Metallgeflecht ließ noch die Kopfform seines Vaters erkennen, ein paar Haare, weiß wie Schnee, zitterten in dem edelsteinbesetzten Rand. »Ich muss sie neu anpassen lassen«, sagte er leise und drehte die Haube in den Händen, betrachtete die geschwungene Form des goldfarbenen Filigrans und die kobalt- und indigoblauen Steine. Die größten Edelsteine waren zuerst verkauft worden, das Goldgeflecht zum Schluss –

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