Lichthaus Kaltgestellt
eine Frau handelt.«
»Mein Gott. Was ist mit der Spurensicherung und Güttler?«
»Sind schon unterwegs. Güttler auch.« Scherer war nach dem Patzer mit Rosner hörbar froh, dass er nichts vergessen hatte.
»Gut. Schick mir eine Streife und informiere Marx. Frau Erdmann muss mich später zu der Cordes fahren, die lassen wir besser schlafen. Steinrausch ebenfalls, der soll sich um die Befragung im Hunsrück kümmern. Marx wird den neuen Fall leiten. Du assistierst ihm.«
»Wird erledigt. Bis später.« Scherer zeigte wenig Begeisterung für die Aufgabenverteilung, doch das war Lichthaus egal.
Als er ins Schlafzimmer zurückkam, war Claudia wach. »Was ist denn los?«, flüsterte sie. Er ließ sich kurz auf das Bett fallen und erzählte ihr schnell die Einzelheiten. Sie streichelte ihm über den Kopf.
»Du bekommst es aber dicke ab im Moment.«
»Scheiße ist das. Jetzt müssen wir alles noch mehr mit fremden Kollegen aufblähen, sonst schaffen wir das nicht.« Er gab ihr einen Kuss. »Bis später. Ich bringe Brötchen mit.« Er lächelte schief und ging ins Bad.
Unten kochte er sich einen Kaffee und trank ihn langsam. Das Licht der Neonröhre unter dem Küchenschrank flimmerte leicht und stach ihm in die müden Augen. Kopfschmerzen krochen in ihm hoch, und er löste eine Schmerztablette in Wasser auf. Die bittere Brühe schluckte er in dem Moment hinunter, als die Streife vorfuhr. Die Nacht war warm, auch wenn der Himmel von Wolken bedeckt war. Die Jeansjacke über dem Arm ging er zum Wagen. Im Einsteigen grüßte er den Streifenpolizisten und schwieg für den Rest der Fahrt.
Zwei Morde in Trier in so kurzer Zeit hatte es noch nie gegeben. Sie würden je eine Kommission bilden müssen, die unabhängig voneinander ermittelten. Er würde definitiv am Mörder von Eva Schneider dranbleiben. Wie er die zweite Gruppe besetzen sollte, wusste er noch nicht.
Sie fuhren die Weimarer Allee hinauf in den Kreisel an den Kaiserthermen, und Lichthaus erschauderte bei dem Gedanken an den zu erwartenden Anblick, der ihm nun bevorstand. Als ganz junger Polizist war er zu einem Unfall beordert worden, bei dem einer der Fahrer in seinem Auto verbrannt war. Er hatte sich damals übergeben und den Gestank und das Bild des verkrümmten Körpers noch tagelang in Nase und Gedächtnis behalten.
Der Fahrer stoppte den Streifenwagen am Straßenrand und ließ ihn aussteigen, wendete und fuhr davon. Die Szene war bereits hell von Scheinwerfern erleuchtet, irgendwo brummte ein Generator, und die Tatortspezialisten waren schon voll bei der Arbeit. Einen Augenblick lang verharrte Lichthaus auf dem leeren Bürgersteig und betrachtete von hier aus den Fundort. Er kannte den Weg. Sie hatten hier im südlichen Stadtteil Freunde, mit denen sie eines Sonntags den Bach entlangspaziert waren. Es war Frühjahr gewesen, und das Wasser war brausend an ihnen vorbeigeschossen. Der Kontakt war inzwischen fast eingeschlafen. Komisch, dass er gerade jetzt daran dachte. Seine Konzentration litt unter der nagenden Müdigkeit. Er riss sich zusammen. Neben dem Bürgersteig war vor kurzem ein neuer Fahrradweg angelegt worden.
Von diesem zweigte ein schmaler Weg ab, kaum breiter als ein Auto, und führte leicht abfallend zu einer steinernen alten Brücke über dem Bach. Von dem Spaziergang wusste er noch, dass dahinter eine Treppe hinauf nach Heiligkreuz führte, an deren Seiten mehrere Kreuzwegreliefe standen.
Es war warm, etliche Mücken und Falter tanzten im Lichtschein der Lampen. Hinter Flatterbändern sah er Spleeth im weißen Overall hin und her eilen. Wie lange der den Stress wohl noch aushalten würde? Etwas oberhalb des Weges, am Rande der schräg zum Fußweg verlaufenden Bernhardstraße, sah er in einem großen modernen Wohnblock in mehreren Fenstern Licht und neugierige Zuschauer. Sie würden diese potenziellen Zeugen befragen müssen. Er marschierte hinunter zur Fundstelle und registrierte, dass die Techniker die kleine, von Bäumen begrenzte Wiese ebenfalls abgesperrt hatten. Die Leiche schien sich am etwas tiefer gelegenen Bach zu befinden. Spleeth hatte mitten auf der Brücke Lampen positionieren lassen, die das Bachbett erhellten. Lichthaus nickte den Beamten zu und ging hinüber, um über die Mauer zu schauen.
Die Leiche lag unmittelbar neben dem Bachlauf. Von seiner Position aus konnte Lichthaus wenig erkennen. Da Scherer aber bereits mit einem Techniker am Ufer hockte und sich erste Erläuterungen geben ließ, entschloss sich Lichthaus,
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