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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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geheimnisvollen Worte, die auf dem glänzenden Mantel des Grals eingraviert waren. Dann hob er den Kopf und schaute durch den Saal und zu Großonkel Merrys hoher Gestalt hinüber mit dem großen weißen Kopf und dem strengen, verschwiegenen Gesicht.
    »Ich glaube, wir werden es wissen«, sagte er langsam, »eines Tages.«

Wintersonnenwende

Teil I

Weissagung

Das Zeichen aus Eisen
    »Mir reicht's«, schrie James und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Was ist los?«, fragte Will.
    »Zu viele Kinder in dieser Familie, das ist es. Einfach zu viele.« James stand schnaubend vor der Tür, wie eine kleine wütende Lokomotive, dann trat er an das breite Fensterbrett und starrte in den Garten hinaus.
    Will legte sein Buch beiseite und zog die Beine an, um Platz zu machen. »Ich hab das ganze Geschrei gehört«, sagte er, das Kinn auf die Knie gestützt.
    »Es war überhaupt nichts«, sagte James. »Nur wieder diese blöde Barbara. Immer muss sie kommandieren. Heb das auf, lass das liegen. Und Mary mischt sich ein: blablabla, blablabla. Man sollte denken, das Haus wäre groß genug, aber nirgendwo ist man allein.«
    Sie schauten beide zum Fenster hinaus. Der Schnee lag dünn und kümmerlich. Diese weite graue Fläche war der Rasen, die knorrigen Bäume des Obstgartens dahinter waren noch schwarz; die weißen Vierecke, das waren die Dächer der Garage, der alten Scheune, der Kaninchenställe, des Hühnerhauses. Weiter hinten sah man nur noch die flachen Felder von Dawsons Hof mit undeutlichen weißen Streifen. Der ganze weite Himmel war grau, schwer von Schnee, der nicht fallen wollte. Nirgends war Farbe zu sehen.
    »Vier Tage bis Weihnachten«, sagte Will. »Ich wünschte, es würde richtig schneien.«
    »Und morgen ist dein Geburtstag.«
    »Hm.« Er hatte es auch gerade sagen wollen, aber es hätte so ausgesehen, als wollte er daran erinnern. Und das, was er sich am meisten zu seinem Geburtstag wünschte, konnte ihm keiner schenken: Schnee. Schönen, tiefen, alles verhüllenden Schnee. Den gab es nie. In diesem Jahr war wenigstens dieses graue Gesprenkel gefallen, besser als gar nichts. Er erinnerte sich an seine Pflicht und sagte: »Ich hab die Kaninchen noch nicht gefüttert. Kommst du mit?«
    Dick vermummt und in Stiefeln stampften sie durch die weiträumige Küche. Ein Sinfoniekonzert entströmte in voller Lautstärke dem Radio; ihre älteste Schwester Gwen schnitt Zwiebeln und sang dazu. Ihre Mutter bückte sich schwerfällig und mit rotem Gesicht über den Backofen. »Die Kaninchen!«, schrie sie, als sie die Jungen erblickte. »Und holt noch Heu vom Hof.«
    »Wir gehen ja schon«, schrie Will zurück. Als er am Tisch vorbeikam, knackte und knatterte es plötzlich ganz abscheulich im Radio. Er fuhr zusammen. Mrs. Stanton kreischte: »Dreh das Ding leiser!«
    Draußen war es plötzlich sehr still. Will schöpfte einen Eimer voll Körnerfutter aus der Tonne in der Scheune, wo es nach Bauernhof roch. Es war eigentlich keine richtige Scheune, sondern ein lang gestrecktes, niedriges Gebäude mit einem Ziegeldach, das früher einmal ein Pferdestall gewesen war.
    Sie stapften durch den dünnen Schnee zu der Reihe der schweren Holzkäfige. Auf dem gefrorenen Boden blieben dunkle Fußstapfen zurück. Will begann die Stalltüren zu öffnen, um die Futterkrippen zu füllen, dann hielt er plötzlich inne und runzelte die Stirn. Gewöhnlich kauerten die Kaninchen schläfrig in einer Ecke und nur die gierigen kamen mit schnuppernden Näschen nach vorn, um zu fressen. Heute machten sie einen unruhigen und verängstigten Eindruck, sprangen von einer Seite zur anderen und bumsten dabei gegen die hölzernen Wände; ein paar sprangen sogar erschrocken zurück, als er die Tür öffnete. Er kam zu seinem Lieblingstier, das Chelsea hieß, streckte seine Hand in den Käfig, um es wie gewöhnlich liebevoll hinter den Ohren zu kraulen, aber das Tier wich zurück und verkroch sich in eine Ecke; die rosa geränderten Augen starrten ihn in blankem Entsetzen an.
    »He?«, sagte Will beunruhigt. »He, James, sieh dir das an. Was ist mit ihm los? Und mit den andern?«
    »Mir scheinen sie ganz in Ordnung.«
    »Aber mir nicht. Sie sind ganz verängstigt. Sogar Chelsea. He, komm doch, Kerlchen — « Aber es hatte keinen Zweck.
    »Komisch«, sagte James, der wenig interessiert zusah. »Wahrscheinlich riechen deine Hände anders als sonst. Du musst irgendetwas angefasst haben, das sie nicht mögen. So ähnlich ist es mit Hunden und Anis, nur

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