Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
andersherum.«
»Ich habe überhaupt nichts angefasst. Ich hatte mir sogar gerade die Hände gewaschen, als du kamst.«
»Dann ist es das«, sagte James sofort. »Jetzt weiß ich, was los ist. Die haben dich noch nie mit sauberen Händen gerochen. Wahrscheinlich sind sie so geschockt, dass sie eingehen.«
»Ha, ha, ha, wie komisch!« Will ging auf ihn los, sie knufften sich lachend, während der leere Eimer kippte und über den harten Boden polterte. Aber als sie weggingen und einen Blick zurückwarfen, sprangen die Tiere immer noch verängstigt hin und her, fraßen nicht, sondern starrten aus diesen seltsam erschrockenen, weit aufgerissenen Augen hinter ihnen her.
»Wahrscheinlich ist wieder ein Fuchs in der Nähe«, sagte James. »Erinnere mich daran, dass ich es der Mama sage.«
An die Kaninchen in ihren festen Ställen konnte kein Fuchs heran, aber die Hühner waren gefährdet; im vergangenen Winter war eine ganze Fuchsfamilie in den Hühnerstall eingebrochen und hatte sechs schöne fette Hühner gestohlen, die gerade zum Markt gebracht werden sollten. Mrs. Stanton, die in jedem Jahr mit dem Hühnergeld rechnete, von dem sie die elf Weihnachtsgeschenke kaufte, war so wütend gewesen, dass sie zwei Nächte hintereinander in der Scheune Wache hielt, aber die Schurken waren nicht wiedergekommen. Will dachte, wenn ich ein Fuchs wäre, würde ich mich auch hüten, ihr in die Quere zu kommen; seine Mutter war zwar mit einem Goldschmied verheiratet, aber ihre Vorfahren waren Bauern in Buckinghamshire gewesen, und wenn die alten Bauerninstinkte in ihr wach wurden, war mit ihr nicht zu spaßen.
Die Handkarre hinter sich herziehend, ein selbst gebasteltes Fahrzeug, dessen Deichseln mit einer Querstange verbunden waren, machten Will und James sich nun auf den Weg. Zuerst die kurvige, fast zugewachsene Zufahrt hinunter zur Straße, dann diese entlang auf Dawsons Hof zu. Schnell gingen sie am Friedhof vorbei, dessen große Eibenbäume ihre dunklen Zweige weit über die verfallene Mauer streckten, dann langsamer am Krähenwäldchen vorbei, das an der Einmündung des Kirchweges lag. Die Gruppe hoher Kastanienbäume, die von Krähengekrächz widerhallte und in denen die planlosen Haufen der unordentlichen Nester wie verrottete Strohdächer hingen, war ein vertrauter Ort.
»Hör mal, die Krähen! Irgendetwas beunruhigt sie.«
Das raue, wüste Geschrei war ohrenbetäubend, und als Will in die hohen Wipfel hinaufblickte, war der Himmel verdunkelt von kreisenden Vögeln. Kein aufgeregtes Geflatter, keine plötzliche Bewegung war zu sehen, nur dieses klagende Ineinander- und Auseinanderströmen der Vogelschwärme.
»Vielleicht eine Eule?«
»Nein, sie sind nicht auf der Jagd. Komm, Will, es wird bald dunkel.«
»Eben darum ist es so seltsam, dass die Krähen so unruhig sind. Sie müssten jetzt auf ihren Schlafbäumen sitzen.« Will wandte den Blick zögernd von den Vögeln ab, aber dann zuckte er zusammen und packte seinen Bruder am Arm. Auf dem dunkelnden Weg, der dort, wo sie standen, von der Straße abzweigte, hatte er eine Bewegung bemerkt. Der Kirchweg: Er führte zwischen dem Krähenwäldchen und der Kirchhofmauer auf die kleine Dorfkirche zu und an dieser vorbei zur Themse.
»He!«
»Was ist los?«
»Da hinten ist jemand. Da war jemand und hat zu uns hergesehen.«
James seufzte. »Und wennschon. Jemand, der einen Spaziergang macht.«
»Nein, bestimmt nicht.« Will kniff ängstlich die Augen zusammen und spähte den schmalen Seitenweg hinunter. »Der Mann sah unheimlich aus, ganz zusammengekrümmt. Und als er merkte, dass ich ihn ansah, ist er schnell hinter einen Baum gesprungen. Mit kleinen Schrittchen, wie ein Käfer.«
James ruckte an der Karre und machte sich so schnell auf den Weg, dass Will laufen musste, um Schritt zu halten. »Dann ist es eben nur ein Landstreicher. Ich weiß nicht, heute scheinen alle durchzudrehen. Barbara und die Kaninchen und die Krähen und jetzt siehst du auch schon Gespenster. Los, komm jetzt, wir wollen das Heu holen. Ich möchte meinen Tee.«
Die Handkarre rumpelte durch die gefrorenen Fahrrinnen auf Dawsons Hof, den großen, viereckigen, ungepflasterten Platz, der an drei Seiten von Gebäuden umgeben war, und sie rochen den vertrauten ländlichen Geruch. Der Kuhstall musste heute ausgemistet worden sein; der alte George, der zahnlose Melker, schichtete auf der anderen Hofseite Mist. Er hob die Hand zum Gruß. Nichts entging dem alten George; er sah einen stürzenden Falken
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