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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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genug gehört. Diese Stürme konnten von den Uralten nicht gebrochen werden ohne den vollendeten Kreis der Zeichen — und durch diese Stürme hoffte die Finsternis, ihn daran zu hindern, die fehlenden Zeichen zu suchen. Er saß in der Falle; die Finsternis breitete ihre Schatten nicht nur über ihn, sondern auch über die gewöhnliche Welt. Vom Augenblick an, wo der Reiter an diesem Morgen in seinen Weihnachtsfrieden eingebrochen war, hatte Will die Gefahr wachsen sehen; aber an eine so umfassende Bedrohung hatte er nicht gedacht. Seit Tagen war er zu sehr mit seinen eigenen Kämpfen beschäftigt gewesen, um die Gefahr für die Außenwelt wahrzunehmen. Aber so viele Menschen waren jetzt von Schnee und Kälte bedroht; die ganz Jungen, die sehr Alten, die Schwachen, die Kranken ... Der Wanderer wird heute keine ärztliche Hilfe mehr bekommen, das ist sicher, dachte er. Nur gut, dass er nicht im Sterben liegt ...
    Der Wanderer. Warum war er hier? Es musste doch etwas bedeuten.
    Vielleicht war er nur in eigener Sache unterwegs gewesen und von der Macht der Finsternis gegen die Kirchenmauer geblasen worden? Aber warum hatte dann die Krähe, eine Abgesandte der Finsternis, Will dazu gebracht, den Alten vor dem Erfrieren zu retten? Wer war der Wanderer überhaupt? Warum konnte alle Weisheit von
Gramarye
ihm nichts über den alten Mann verraten?
    Wieder klangen Weihnachtsmelodien aus dem Radio. Will dachte bitter: Fröhliche Weihnachten, Welt!
    Sein Vater, der gerade vorbeikam, klopfte ihm auf den Rücken. »Kopf hoch, Will. Es muss heute Abend aufhören und morgen kannst du Schlitten fahren. Komm, es ist Zeit, die anderen Geschenke auszupacken. Wenn wir Mary noch länger warten lassen, platzt sie uns noch.«
    Will gesellte sich wieder zu seiner munteren, geräuschvollen Familie. In der behaglichen, strahlenden Höhle des großen Raumes mit dem Feuer und dem glitzernden Baum herrschte für eine Weile wieder ungestörte Weihnachtsfreude, so wie es immer gewesen war. Vater und Mutter und Max hatten zusammengelegt und ihm ein neues Fahrrad gekauft, mit Rennfahrerlenkstange und elf Gängen.
     
    Will hätte später nie genau sagen können, ob das, was dann in der Nacht geschah, nicht doch ein Traum war.
    Mitten in der dunklen Nacht, in den kalten, frühen Morgenstunden, erwachte er und Merriman war da. Hoch aufgerichtet stand er neben dem Bett, in einem schwachen Schein, der aus seinem eigenen Körper zu kommen schien; sein Gesicht lag im Schatten, der Ausdruck unergründlich.
    »Wach auf, Will, wach auf! Wir müssen an einer Feier teilnehmen.«
    Schon stand Will auf den Füßen; er stellte fest, dass er fertig angekleidet war, den Gürtel mit den Zeichen umgeschnallt hatte. Er trat mit Merriman ans Fenster. Es war halb zugeschneit, aber immer noch fielen die Flocken. Will sagte in plötzlicher Verzweiflung: »Können wir nichts tun, damit es aufhört? SIE frieren das halbe Land ein, Merriman, Menschen werden sterben.«
    Merriman schüttelte langsam und bedrückt seine weiße Mähne. »Die Finsternis erreicht den Gipfel ihrer Macht zwischen heute und dem Zwölften Tag. Dies ist nur die Vorbereitung. IHRE Kraft ist eine kalte Kraft, der Winter gibt ihr Nahrung. SIE wollen den Kreis für immer brechen, ehe es für sie zu spät ist. Wir werden bald alle eine schwere Probe zu bestehen haben. Aber nicht alles geht so, wie SIE es wünschen. Viele Zauberkräfte liegen am Weg der Uralten noch brach. Und gleich werden wir vielleicht Hoffnung schöpfen können. Komm.«
    Das Fenster vor ihnen flog auf, fiel nach draußen, der Schnee fiel herunter. Vor ihnen lag wie ein breites Band ein schwach schimmernder Pfad, der sich durch die schneedurchwirbelte Luft erstreckte. Der Pfad war durchsichtig und Will konnte unten verschneite Dächer und Zäune und Bäume erkennen. Und doch war der Pfad fest. Merriman war mit einem Schritt durch das Fenster darauf getreten und bewegte sich jetzt in großer Geschwindigkeit mit einer sanften, gleitenden Bewegung darauf fort und verschwand in der Nacht. Will sprang ihm nach und der seltsame Pfad trug ihn durch die Nacht, ohne dass er die Geschwindigkeit oder Kälte gespürt hätte. Die Nacht um ihn war schwarz und dicht; nichts war zu sehen außer dem Leuchten dieses luftigen Uralten Weges. Und dann waren sie plötzlich in einer Zeitblase, schwebten und ließen sich vom Wind tragen, so wie Will es von dem Adler im Buch
Gramarye
gelernt hatte.
    »Schau«, sagte Merriman und sein Mantel legte sich wie zum

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