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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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gesehen haben, warst du ein schreiendes Bündel in einem Gitterbettchen.«
    »Du hörst dich an wie ein Amerikaner«, sagte Will. »Kein Wunder«, sagte Onkel Bill. »Das war ich während der letzten zehn Jahre auch.«
    »Du hast meine Weihnachtsbriefe nie beantwortet.«
    »Hat dich das gekränkt?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Sie lachten beide, und Will kam zu dem Schluss, dass dieser Onkel in Ordnung war. Dann waren sie im Haus und sein Vater kam die Treppe herunter; mit fassungslosem Gesicht blieb er stehen.
    »Billy!«
    »Roger!«
    »Mein Gott«, sagte Wills Vater, »was ist denn mit deinem Haar passiert?«
    Das Wiedersehen mit lange abwesenden Verwandten braucht Zeit, besonders in großen Familien. Es dauerte Stunden. Will vergaß ganz, dass er betrübt gewesen war, weil er keine Spielgefährten hatte. Bis zum Mittag hatte er erfahren, dass sein Onkel Bill und seine Tante Fran nach England gekommen waren, um die Töpfereien in Staffordshire und das Porzellanerdegebiet in Cornwall zu besuchen, wo sie irgendwelche verzwickten angloamerikanischen Geschäfte abzuwickeln hatten. Er hatte alles über ihre beiden erwachsenen Kinder erfahren, die im Alter seines ältesten Bruders Stephen zu sein schienen, und man hatte ihm mehr über den Staat Ohio und die Porzellanbranche erzählt, als er eigentlich wissen wollte. Onkel Bill war ganz gewiss ein wohlhabender Mann, aber seit er vor zwanzig Jahren nach Amerika ausgewandert war, hatte er England erst zweimal wieder besucht. Will gefielen die zwinkernden runden Augen des Onkels und seine trockene, heisere Stimme. Er war gerade zu der Überzeugung gekommen, dass sich die Aussichten für seine Ferien sehr verbessert hatten, als sich herausstellte, dass Onkel Bill nur eine Nacht bleiben würde. Er hatte am folgenden Tag geschäftlich in London zu tun und wollte danach nach Cornwall weiterreisen, um dort seine Frau zu treffen. Wills Stimmung sank wieder.
    »Ich habe Freunde, die mich im Auto mit nach Cornwall nehmen. Aber ich will euch etwas sagen: Frannie und ich werden auf dem Rückweg in die Staaten vorbeikommen und ein paar Tage bei euch bleiben — das heißt, wenn ihr uns haben wollt.«
    »Das will ich hoffen«, sagte Wills Mutter. »Nach zehn Jahren und ungefähr drei Briefen kommst du uns mit mickrigen vierundzwanzig Stunden nicht davon, mein Junge.«
    »Er hat mir jede Weihnachten Geschenke geschickt«, sagte Will.
    Onkel Bill grinste ihn an. »Alice«, sagte er plötzlich, an Mrs Stanton gewandt, »Will hat doch diese Woche schulfrei und nichts Besonderes vor. Lass mich ihn doch mit nach Cornwall nehmen. Am Ende der Woche könnte ich ihn in den Zug nach Hause setzen. Wir haben eine Wohnung gemietet, in der viel mehr Platz ist, als wir brauchen. Und dieser Freund erwartet ein paar Neffen, die, glaube ich, in Wills Alter sind.«
    Will unterdrückte einen Freudenschrei und sah seine Eltern flehend an. Die legten das Gesicht in ernste Falten und begannen das bekannte Duett:
    »Nun, das ist wirklich sehr freundlich — «
    »Wenn du glaubst, dass er dir nicht lästig — «
    »Er würde bestimmt gern — «
    »Aber wird Frannie nicht — «
    Onkel Bill zwinkerte Will zu. Will ging nach oben und fing an, seinen Rucksack zu packen. Er steckte fünf Paar Socken hinein, fünfmal Unterwäsche, sechs Hemden, einen Pullover und einen Sweater, zwei kurze Hosen und eine Taschenlampe. Dann fiel ihm ein, dass sein Onkel erst am nächsten Tag abreiste, aber es schien sinnlos, alles wieder auszupacken. Er ging nach unten, der Rucksack baumelte auf seinem Rücken wie ein zu prall aufgeblasener Fußball.
    Seine Mutter sagte: »Also Will, wenn du wirklich gern möchtest — «
    »Auf Wiedersehen, Will«, sagte sein Vater.
    Onkel Bill lachte. »Verzeihung«, sagte er, »könnte ich mal telefonieren?«
    »Ich zeig dir, wo.« Will führte ihn in die Diele hinaus. »Es ist doch nicht zu viel?«, fragte er und betrachtete zweifelnd den prallen Rucksack.
    »Ist in Ordnung.« Sein Onkel drehte schon die Wählscheibe. »Hallo? Hallo Merry. Alles klar? Gut. Nur noch eins. Ich bringe meinen jüngsten Neffen mit. Er hat nicht viel Gepäck« — er grinste Will an —, »ich wollte mich nur vergewissern, ob wir nicht vielleicht in einem schicken kleinen Zweisitzer fahren... ha, ha. Nein, es würde nicht zu dir passen... okay, wunderbar, bis morgen.« Er hängte auf.
    »Alles in Ordnung, Kumpel«, sagte er zu Will. »Wir fahren morgen früh um neun ab. Würde dir das passen, Alice?« Mrs Stanton kam

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