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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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schrie Barney voller Wut. »Kommen Sie zurück!«
    Ohne sich umzuschauen, schwang sich der Mann um das Ende der Hafenmauer. Er hatte einen großen Vorsprung, und der Weg, der vom Hafen wegführte, stieg bergan. Barney kam eben noch rechtzeitig angehetzt, um zu hören, wie ein Auto ansprang und davonbrauste. Er wirbelte um die Mauerecke und stieß heftig mit jemandem zusammen, der die Straße entlangkam.
    »Och«, brummte der Fremde, dem die Luft weggeblieben war. Dann fand er die Stimme wieder. »Barney!«
    Es war Will Stanton.
    »Ein Mann«, keuchte Barney und sah sich nach allen Seiten um. »Ein Mann in einem dunklen Sweater.«
    »Ein Mann kam gerade vor dir vom Hafen heraufgelaufen«, sagte Will und runzelte die Stirn. »Er ist in ein Auto gesprungen und weggefahren.« Er wies ins Dorf hinunter.
    »Das war er«, sagte Barney. Er starrte bekümmert die leere Straße entlang.
    Auch Will starrte und fingerte am Reißverschluss seiner Jacke. Dann sagte er mit überraschendem Nachdruck: »Wie dumm von mir. Wie
dumm,
ich wusste doch, dass da etwas war — ich war nur nicht richtig wach, ich dachte — « Er schüttelte den Kopf, als wollte er sich von etwas befreien. »Was hat er getan?«
    »Er ist bekloppt. Verrückt.« Barney konnte vor Empörung immer noch kaum sprechen. »Ich saß da und zeichnete und er tauchte plötzlich von irgendwoher auf, riss die Zeichnung von meinem Block und rannte damit weg. Würde irgendein normaler Mensch so was tun?«
    »Kanntest du ihn?«
    »Nein. Das heißt, ich hatte ihn schon einmal gesehen. Aber erst heute. Er saß unten vor einer Staffelei und malte.«
    Will lächelte übers ganze Gesicht. Ein blödes Lächeln, fand Barney. »Das klingt so, als hätte er dein Bild besser gefunden als seins.«
    »Ach, hör auf«, sagte Barney ungeduldig.
    »Wie war denn sein Bild?«
    »Unheimlich. Sehr eigenartig.«
    »Da siehst du's.«
    »Ich seh überhaupt nicht. Es war unheimlich, aber es war gut, es war auf eine scheußliche Weise gut.«
    »Du meine Güte«, sagte Will mit leerem Blick. Barney starrte in sein rundes Gesicht, das von dichtem braunem Haar eingerahmt war, und wurde immer gereizter. Er überlegte, wie er wegkommen könnte.
    »Er hatte einen Hund im Auto«, sagte Will ganz in Gedanken.
    »Einen Hund?«
    »Er bellte wie verrückt. Hast du es nicht gehört? Und er sprang im Wagen rum. Fast wäre er rausgesprungen, als der Mann einstieg. Hoffentlich hat er deine Skizze nicht aufgefressen.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Barney kühl.
    »Ein schöner Hund«, sagte Will im gleichen unbestimmten träumerischen Ton. »Einer dieser langbeinigen irischen Setter von einer wunderschönen rötlichen Farbe. Kein anständiger Mensch würde einen solchen Hund in einem Auto einsperren.«
    Barney stand stockstill und schaute ihn an. Es gab nur einen solchen Hund in Trewissick. Er merkte plötzlich, dass gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite das große vertraute Graue Haus lag. Im gleichen Augenblick öffnete sich das Tor an der Seite des Hauses und ein Mann kam heraus: ein kräftiger älterer Mann mit einem kurzen grauen Bart, der sich auf einen Stock stützte. Er blieb auf der Straße stehen, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff zweimal scharf. Dann rief er: »Rufus! Rufus?«
    Barney rannte, ohne zu überlegen, auf ihn zu. »Kapitän Toms? Sie sind Kapitän Toms, nicht wahr? Bitte, hören Sie, ich kenne Rufus. Ich habe im vergangenen Sommer geholfen, ihn zu versorgen, und ich glaube, jemand hat ihn gestohlen. Ein Mann ist mit ihm in einem Auto weggefahren, ein dunkler Mann mit langem Haar, ein schrecklicher Mann.« Er hielt inne. »Wenn es natürlich jemand ist, den Sie kennen — «
    Der Mann mit dem Bart betrachtete Barney mit prüfendem Blick. »Nein«, sagte er dann langsam und entschieden, »einen Herrn dieses Aussehens kenne ich nicht. Aber du scheinst Rufus zu kennen. Und deinem Haar nach zu urteilen, könntest du vielleicht Merrimans jüngster Neffe sein. Einer meiner Mieter vom letzten Jahr. Eines der Kinder mit den scharfen Augen.«
    »Das stimmt.« Barney strahlte. »Ich bin Barnabas — Barney.« Aber etwas am Verhalten von Kapitän Toms war ihm rätselhaft: Es war, als führte dieser zur gleichen Zeit eine andere Unterhaltung. Der alte Mann schaute ihn nicht einmal an; sein leerer Blick lag, ohne etwas zu sehen, auf der Oberfläche des Wassers; er war in seine eigenen Gedanken versunken.
    Barney erinnerte sich plötzlich an Will. Er wandte sich um — und sah zu seiner

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