Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
weiße Haar und strich es zurück, in einer Geste, die Will merkwürdig geziert vorkam. »Sie sollten besser auf Ihre Schafe aufpassen«, sagte Bran, »bevor Sie Hunden die Schuld geben für das, was Füchse getan haben.«
»Füchse!«, sagte Prichard verächtlich. »Ich weiß, wie es aussieht, wenn ein Fuchs gemordet hat, und ich weiß auch, wie ein bösartiger Hund aussieht. Lasst euch nicht auf meinem Land blicken, ihr beiden.« Aber er sah Bran jetzt nicht mehr in die Augen und sah auch Will nicht an; er drehte sich ohne ein weiteres Wort um und schritt über die Weide davon, seine Hunde dicht hinter ihm.
Bran kletterte von der Mauer herunter.
»Pah!«, sagte er. »Schafe gejagt! Cafall kann es mit jedem Schäferhund in diesem Tal aufnehmen; um nichts in der Welt würde er Schafe jagen, und schon gar nicht auf Caradog Prichards Land.« Er blickte Prichard nach und sah dann Will an und lächelte. Es war ein seltsames, verstohlenes Lächeln; Will war sich nicht sicher, ob es ihm gefiel.
»Du wirst feststellen«, sagte Bran, »dass Leute wie er im tiefsten Inneren ein bisschen Angst vor mir haben. Das liegt daran, dass ich ein Albino bin. Das weiße Haar, die sonderbaren Augen, kaum Farbe in der Haut — eine Art Missbildung, könnte man sagen.«
»Würde ich nicht«, sagte Will sanft.
»Vielleicht nicht«, sagte Bran, nicht sehr überzeugt, mit bitterer Stimme. »Aber es wird oft genug in der Schule gesagt ... und außerhalb der Schule auch, von netten Leuten wie Mr Prichard. Du weißt doch, alle guten Waliser sind dunkel, dunkles Haar und dunkle Augen, und die einzigen hellhäutigen Wesen in Wales, in den alten Zeiten, waren die
Tylwyth Teg.
Die alten Geister, das kleine Volk. Jeder, der so hell ist wie ich, muss etwas mit den
Tylwyth Teg
zu tun haben ... Niemand glaubt mehr an diese Dinge, o nein, natürlich nicht, aber in einer Winternacht, wenn der Wind pfeift und das alte Fernsehgerät nicht an ist — ich wette, die Hälfte der Leute in diesem Tal würden keinen Eid ablegen, dass ich nicht den bösen Blick habe.«
Will kratzte sich am Kopf. »Es war tatsächlich etwas ... Nervöses ... in der Art, wie der Mann dich ansah, als du sagtest ...« Er schüttelte die Schultern, wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt. Er sah Bran nicht an; ihm missfielen die Schatten listiger Überheblichkeit, die diese Unterhaltung auf Brans Gesicht geworfen hatte. Es war schade, es war nicht nötig; eines Tages würde er ihn von diesem Ausdruck befreien ... Er sagte: »Caradog Prichard ist nicht dunkel. Er hat rotes Haar. Wie Karotten.«
»Seine Familie stammt aus der Gegend von Dinas Mawddwy«, sagte Bran. »Jedenfalls seine Mutter. Es soll dort oben einmal einen ganzen Stamm von Gaunern gegeben haben, alle rothaarig, die reinste Schreckensherrschaft. Jedenfalls kommen auch heute noch Rothaarige aus Dinas.«
»Würde er Cafall tatsächlich erschießen?«
»Ja«, sagte Bran kurz. »Caradog Prichard ist sehr sonderbar. Es wird gesagt, dass jeder, der eine Nacht allein oben auf dem Cader verbringt, am nächsten Morgen entweder als Dichter zurückkommt — oder wahnsinnig. Und mein Vater sagt, dass einmal, als er noch jung war, Caradog Prichard die Nacht allein oben auf dem Cader verbracht habe, weil er ein großer Barde werden wollte.«
»Es kann nicht funktioniert haben.«
»Na ja. Vielleicht hat es in eine Richtung funktioniert. Er hat nicht viel von einem Dichter, aber oft führt er sich auf, als wäre er nicht nur ein bisschen verrückt.«
»Was ist der Cader?«
Bran starrte ihn an. »Du hast nicht viel Ahnung von Wales, nicht wahr? Der Cader Idris, dort drüben.« Er zeigte auf die Reihe blaugrauer Gipfel jenseits des Tales. »Einer der höchsten Berge in Wales. Du solltest von ihm wissen. Schließlich kommt er in einem deiner Verse vor.«
Will runzelte die Stirn. »Nein, das tut er nicht.«
»O doch. Nicht mit Namen, nein — aber er ist wichtig im zweiten Teil. Da lebt er nämlich, auf den Höhen des Cader. Der Brenin Llwyd. Der Graue König.«
Grauer Fuchs
Niemand sonst spürte es, das wusste Will. Allem Anschein nach gab es keinen Grund, warum irgendjemand auch nur das geringste Unbehagen empfinden sollte. Der Himmel war von einem sanften Hellblau, die Sonne schien mit erstaunlicher Wärme, sodass Rhys mit nacktem Oberkörper auf dem Traktor saß, als er die letzten Stoppelfelder umpflügte und mit seinem klaren Tenor laut singend das Dröhnen des Motors übertönte. Die Erde roch sauber. Schafgarbe und
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